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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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nicht.«
    »Es liegt an der Ähnlichkeit und nicht an meinen Fähigkeiten. Ihr hättet auch einen Halsabschneider angeheuert, wenn die Ähnlichkeit mit Leopold gestimmt hätte.«
    Argus sah, dass es Boff ernst war. Würde der Doctor jetzt gehen, wäre nicht sicher, ob er wiederkommen würde. So gestand er ein, dass die Ähnlichkeit eine Rolle gespielt habe. Erhabe Boff auf einem Empfang im Rathaus gesehen. »Ich war wie vom Donner gerührt, das könnt Ihr mir glauben. Man steht nicht jeden Tag seinem toten Bruder gegenüber.«
    »Aber Euch war auch das Risiko bewusst? Ihr konntet nicht einschätzen, wie Eure Mutter reagieren würde.«
    »Das ist richtig, aber hatte ich denn die Wahl? Ich kann mir kein Zögern leisten. Meine Mutter ist alt und nicht gesund. Eine Erkältung im nächsten Winter, und wir tragen sie ins Grab. Nein, ich ergreife jede Gelegenheit. Ich hätte es auch gemacht, wenn ein Halunke wie mein Bruder ausgesehen hätte. Ich hoffe, Ihr könnt das verstehen.«
    Boff verstand das gut, und wie stets, wenn hinter einer Maske die Menschlichkeit aufschien, war er geneigt, nicht vorschnell von Bord zu gehen. Als der Bote kauend die Tür der Kutsche aufhielt, teilte der Doctor ihm mit, dass man noch zwei Monate miteinander das Vergnügen haben werde. Es war dunkel, das Licht vom Haus her schwach, dennoch blieb Boff das Lächeln nicht verborgen.
    »Geht es zu: Ihr habt hier eine Liebste.«
    »Wo denkt Ihr hin?«
    »Bis zum nächstliegenden Gedanken.«
    »Ich habe gar keine Zeit für eine Liebste.«
    »Ihr seid ein Priester.«
    »Ein Priester des Briefverkehrs.«
    Es war nur ein flüchtiger Gedanke, und er war bald verflogen. Dennoch wusste Boff noch einige Minuten, was ihm durch den Kopf gegangen war. Dass der Bote sich in Kenntnis über den Inhalt der Botschaften zu setzen wusste, die er Tag für Tag durch die Gegend fuhr. Dass er nicht nur Rezepte und ärztliche Anordnungen transportierte, obwohl schon die brisant sein konnten. Es würden auch Liebesbriefe dabei sein und vor allem Geschäftspost, vielleicht Schriftgut der Kirche und des Rathauses. Falls der Bote infam war, wäre er einer der am besten informierten Menschen in der Stadt. Wissen war Macht.
    »Sagt ruhig, woran Ihr denkt!«, forderte ihn der Bote auf.
    »Wie heißt Ihr?«
    »Lewerkühn.«
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter. Nur Lewerkühn.«
    »Ihr werdet doch einen Vornamen haben.«
    »Ich hatte einen, aber ich habe ihn vergessen.«

19
    Der Doctor warf einen Blick in seine Unterlagen und sagte: »Ihr habt den Rat also von einem reisenden Heiler erhalten? Auf dem Marktplatz? Und Ihr habt diesen Heiler später oder früher, das wisst Ihr nicht mehr genau, auch in Leipzig getroffen, zufällig auf der Straße?«
    »Soll ich antworten oder wollt Ihr nur erzählen?«
    Die Frau strahlte das stille Selbstbewusstsein einer erfahrenen Person aus, zu der das Leben nicht immer freundlich gewesen war, die aber gelernt hatte, sich zu behaupten. Sie saß betont gerade, warf ab und zu einen Blick auf Hermine, die am Fenster stand und mit vor der Brust verschränkten Armen die Frau musterte. Manche Frauen mochten Hermine nicht. Sie war diesen Patientinnen zu selbstbewusst, viele hielten das für Überheblichkeit. Sie war zu jung, um so sein zu dürfen. Ihr war auch rangmäßig nicht erlaubt, sich hochnäsig zu geben. Sie hatte kein blaues Blut oder silbernes Geld im Rücken, schon gar nicht einen Ehemann, der für alles geradestehen würde, was seine pampige Holde verbrach. Fast jede Patientin dachte über Hermines Beziehung zum Doctor nach, so kraftvoll und innig, dass die Blicke und Gedanken auf der Haut des Doctors brannten. Wenn Hermine einen Hauch weniger von oben herab … Aber die Aussicht auf ein Gespräch über dieses heikle Thema lockte Boff nicht, es zu führen.
    Hermine ergriff das Wort: »Ihr lasst Euch also seit langer Zeit von diesem reisenden Heiler erzählen, was gut für Euch ist und was nicht. Ihr besorgt in der Apotheke, was er Euch empfohlen hat und schluckt es und lobt ihn, und dennoch wisst Ihr nicht seinen Namen? Was sagt denn Euer Mann dazu, dass Ihr Euch von wildfremden Männern befehlen lasst, was Ihr zu tun und zu lassen habt?«
    »Das geht doch meinen Mann nichts an«, knurrte die Patientin. Sie war in der Defensive, von ihrer anfänglichen Renitenz war nichts geblieben. Und weil nun auch Hermine auf sie einsprach, rettete sie sich in Schweigen. Aber nur, bis wieder etwas heraus musste:
    »Ihr wollt ihn ja nur anschwärzen, weil

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