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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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als alte Kranke zu beschützen? Könnt Ihr mir folgen? Was Ihr tut, ist ein Angriff auf die Stadt und ihren Magistrat und auf mich ganz persönlich.«
    »Das ist für mich zu kompliziert gedacht.«
    »Ihr solltet zu Eurer Niedertracht stehen und nicht so tun, als wüsstet Ihr nicht, wovon ich rede. Das ist ein starkes Stück. Ein Mann, den vor zehn Wochen noch keiner kannte und der eine märchenhafte Karriere machte, stellt sich hin und sagt: Liebe Bürger, Euer Magistrat beschützt Euch nicht mehr. Er liefert Euch frei herumlaufenden Mördern aus. Ja, was soll ich denn als einfacher Bürger davon halten? Was ist das denn anderes als die Aufforderung, den alten Magistrat durch einen neuen Magistrat zu ersetzen? Und weil wir schon dabei sind, ersetzen wir auch gleich den Bürgermeister durch einen neuen. Und warum nicht auch den König? Mal sehen, wie sich der neue König macht. Mann oh Mann, in Eurer Haut möchte ich nicht stecken. Ich würde jetzt gern bezahlen! Aber ich zahle ja nicht, die Wirtsleute glauben ja noch, dass ich der gute Magistrat bin, den sie gern in seiner Arbeit unterstützen, wenn es auch nur die Arbeit seines Magens ist. Wir sehen uns, Herr Stadtphysicus.«

26
    Der Bürgermeister hatte darauf bestanden, zum Stadtphysicus zu kommen. Angeblich hätten die Wände im Rathaus Ohren, und wenn während des Gesprächs ein Diener den Raum betrat, musste man verstummen, bis die nur scheinbar freundliche Seele die Tür wieder von außen ins Schloss gedrückt hatte.
    »Bei mir seid Ihr in Sicherheit«, sagte Boff. Es war als Scherz gemeint, er begriff sofort, dass er sich damit keinen Gefallen getan hatte.
    »Ihr seid wirklich ein merkwürdiger Kerl«, murmelte der Bürgermeister. »Man hat ja schon dies und das über Euch gehört. Aber Ihr seid wirklich merkwürdig.«
    Boff schilderte das Gespräch mit Galgen-Dosse, dem Mann für die Sicherheit. Er bat um Verständnis, dass er Dosse vorher nicht um seine Zustimmung ersucht habe. Aber dieser Fall dulde keinen Aufschub, und es gehe auch nicht darum, Dosse bloßzustellen oder zu belasten.
    »Ach«, sagte der Bürgermeister vergnügt, »dann macht mir die Sache nur noch halb so viel Spaß. Na, mal sehen, ob nicht doch noch etwas dabei herauskommt.«
    Er ließ sich einen Schnaps anbieten, den ein junger Mann hereintrug. Er war in einen mutig gemusterten orientalischen Mantel gekleidet und trug einen Hut, der um nichts auf der Welt dazu passen wollte.
    »Sicher fragt Ihr Euch, was das eben war«, sagte Boff vorsichtig.
    »Das ist richtig. Ich bin aber nicht sicher, ob ich die Antwort auf meine vielen Fragen hören will. Belassen wir es dabei, dass Ihr Euch mit Papageien umgebt. Habt Ihr auch einen Neger?«
    »Pardon?«
    »Einen Neger, schwarz vom Scheitel bis zur Seele, Ihr wisst schon. Man hört, dass sie sich sehr gut als Diener machen.«
    Damit konnte Boff nicht dienen, er schilderte Verlauf und Ergebnis des Treffens mit Dosse, das als Gespräch begonnen und im Streit geendet hatte. Er wartete, bis das Schweigen unhöflich zu werden begann und sagte:
    »Ihr werdet doch etwas dazu sagen wollen.«
    »Was genau wollt Ihr, Doctor Boff?«
    »Ich will mein Amt als Stadtphysicus nach besten Kräften ausüben und habe das Gefühl, dass ich zu wenig weiß.«
    »Das mögen wir an Euch.«
    »Dass ich dumm bin?«
    »Ich bitte Euch! Nein, dass Ihr unsere Halleschen Scharmützel nicht kennt und auch nicht kennen müsst.«
    Er wollte im Grunde nichts mehr sagen, aber Boff ließ ihn nicht vom Haken. So bequemte sich der Gast seufzend.
    Alles hatte damit begonnen, dass der Medicus Sattler vom Ehrgeiz gepackt worden war. Antonio Sattler, bis dahin ein Arzt unter mehreren in der Stadt und nicht weiter auffällig, hielt seit zwei Jahren Vorlesungen in der Universität und hob überall den Finger, wo es darum ging, über Fragen der Gesundheit Ratschlag zu erteilen. Dies war naturgemäß vor allem im Magistrat der Fall. Sattler verkehrte in pietistischen Kreisen im Umfeld der Franckeschen Stiftungen, konservative Christen mit einem Weltbild, das der Bürgermeister schwammig umschrieb, um nicht sagen zu müssen: Sie sind von gestern und hassen alles, was modern ist.
    Diesen Sattler hatte der politische Ehrgeiz gepackt. Im Magistrat benahm er sich, als hätte er die Medizin erfunden. Im Kreis der Mediziner betonte er bei jeder Gelegenheit, wie groß die Verantwortung sei, die ein Arzt nicht nur für seine Patienten, sondern für die Gesellschaft überhaupt trage. Kein Berufsstand

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