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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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»Gut.«
    Boff verbarg sein Gesicht hinter den Händen.

40
    Mit einem Sprung wollte sich der Bürgermeister unsichtbar machen. Aber er sprang zu kurz und erreichte die vom Flur abgehende Kammer nicht. So konnte der Mann, den er von Weitem entdeckt hatte, in aller Ruhe rufen: »Auf ein Wort, Herr Bürgermeister!« Als sie sich gegenüberstanden, sagte der Besucher besorgt: »Es geht Euch nicht gut. Was kann ich für Euch tun?«
    Die ehrliche Antwort wäre gewesen: Ihr könnt umdrehen, das Rathaus verlassen und in einem halben Jahr wieder vorsprechen. Aber der Bürgermeister war ein Lavierer, der es sich ungern mit jemandem verdarb, den er vielleicht noch einmal brauchen könnte. Seine Neigung zu Feigheit und Konfliktscheu kam noch dazu.
    »Es ist nichts«, log der Bürgermeister. »Ein Zahn, ein einziger Zahn.«
    »Ihr seht nicht erst seit heute so aus, wenn Ihr mir die Bemerkung erlauben wollt. Ihr solltet etwas unternehmen. Es gibt Schmerzen, die nicht von allein verschwinden. Besonders bei Zähnen. Ich kann Euch einen guten Zahnreißer empfehlen.«
    »Das glaube ich Euch aufs Wort. Legt Ihr jetzt schon gegenseitig ein gutes Wort für euch ein in Eurem ehrenwerten Haus?«
    »Ehrenwertes Haus, das habt Ihr schön gesagt. Und durchaus treffend. Soll ich Euch ankündigen? Ihr kommt sofort dran, Ihr werdet fast nichts spüren.«
    Der Bürgermeister war auch bei Arztbesuchen ein Feigling. Die Krönung all seiner Ängste war der Horror vorm Zahnreißer. Mit dieser Angst stand er nicht allein. Weil vieleZahnreißer in der Öffentlichkeit praktizierten, war wohl jeder Bewohner schon einmal Zeuge dieser Tortur geworden. Es war ein furchtbarer Anblick, der sich tief ins Gedächtnis eingrub. Dazu kam, dass der Bürgermeister mehrere Menschen kannte, die nach einer Zahnbehandlung Wochen und Monate unter den Folgen zu leiden gehabt hatten. Einer wollte nicht aufhören zu bluten, einer verlor einen Zahn nach dem anderen, bis er nur noch vorne oben und unten zwei hatte und wie ein Hase aussah. Einer begann aus der Mundhöhle zu stinken und verfaulte von innen her, bis sein Herz zu schlagen aufhörte. Der Bürgermeister war kein dummer Mensch, ihm war klar, dass die schlimmsten Verläufe die Ausnahme waren und nicht die Regel. Aber er fürchtete so sehr, dass alle grausigen Ausnahmen nur darauf warteten, es mit ihm und seinen Zähnen zu tun zu bekommen.
    »Ich habe einen festen Zahnreißer«, behauptete er. »Wenn ich Bedarf verspüre, werde ich zu ihm gehen.«
    »Auch wenn er schlechter ist als der aus meinem Haus?«
    »Auch dann.«
    »Sicher?«
    »Auch dann.«
    »Hört Ihr, was ich sage? Seid Ihr noch so klar vor lauter Schmerz, dass Ihr denken könnt?«
    »Auch dann.«
    Ein Bediensteter tauchte auf, zu zweit leiteten sie den Bürgermeister in einen Raum, wo er sich auf ein Sofa legen konnte. Der Bedienstete goss einen Becher randvoll mit Schnaps, den der gequälte Mann mit zwei Schlucken leerte und postwendend einschlief.
    »Er kann nicht von morgens bis abends betrunken sein«, sagte Boff.
    »Er hat Angst«, entgegnete der Bedienstete. »Er will zu einem guten Mann gehen, aber sie haben es ihm verboten.«
    »Wer?«
    »Das darf ich nicht sagen.«
    »Und wenn ich es sage?«
    »Das findet Ihr nie heraus.«
    »Lasst uns sehen. Der Bürgermeister leidet große Schmerzen. Er will sie loswerden und zum besten Mann gehen, den es gibt. Das ist der Mann in meinem Haus. Die akademischen Ärzte sagen, es wäre der Dammbruch, wenn der Bürgermeister zum verleumdeten Heiler geht. Dann würde die Kampagne der Ärzte ihre Glaubwürdigkeit verlieren, dann stünden sie belämmert da. Er soll deshalb weiter die Schmerzen aushalten, denn die Akademiker verfügen über keine Zahnreißer, die man guten Gewissens vorzeigen kann. Sie nehmen den armen Bürgermeister praktisch als Geisel. Er muss Schmerzen erleiden, damit sie ihr Gesicht nicht verlieren. Euer Gesicht sagt mir, dass ich recht habe. Oder Ihr habt auch Zahnschmerzen.«
    »Was soll er denn machen? Er ist doch darauf angewiesen, dass ihn alle mögen. Er leidet so sehr unter Zuspitzungen.«
    »Schickt ihn in eine andere Stadt!«
    »Was?«
    »Schickt ihn nach Leipzig oder nach Wittenberg, egal wohin. Nur weit genug von Halle entfernt.«
    Der Bedienstete begann zu strahlen: »Mir ist gerade ein guter Gedanke gekommen. Soll ich ihn Euch verraten?«
    »Bloß nicht, dann wüsste ich ihn ja. Behaltet ihn für Euch und tut, was das Beste für den armen Mann auf dem Sofa ist.«
    Einen Tag sträubte

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