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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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hatte er Flügel und sah sie und sich selbst als leuchtende Vögel. Manchmal träumte er, sie sei seine erste Mutter und singe seinen Namen. Eines Abends gab er auch ihr einen Namen, er stöberte in seinen Gedanken nach dem menschlichen Wort und überlegte so lange, bis er das richtige fand. Pewiza . Die Sängerin.
    Er gewöhnte sich daran, dass die Hunde nervös und mit gesträubtem Fell in der Höhle auf und ab liefen. Anders als er wollten sie sich nicht bloß warm halten. Er teilte ihre Besorgnis, wusste aber nicht, was sie abgesehen von der Dunkelheit und der Kälte so beunruhigte. Außer Mamotschka wusste das eigentlich keiner. Sie wusste, was die Kälte aus den Wäldern im Norden hervorbringen konnte, wartete, lief auf und ab und steckte alle mit ihrem Unbehagen an.
     
    In einer milderen Nacht entfloh Romotschka der Höhle und machte sich auf den Weg zum Berg. Der Neuschnee war endlich so fest, dass man mühelos darauf laufen konnte, und das hob seine Laune beträchtlich. Er ließ die Decke zurück und ging, seine Keule schwingend, so schnell, wie seine Kleidung es zuließ. Schwarze Schwester, Mamotschka und Brauner Bruder waren ebenfalls draußen, irgendwo in der Nähe. Die anderen befanden sich in der Höhle.
    Es war dunkel, doch er konnte ziemlich gut sehen. In letzter Zeit sah er draußen im Dunkeln immer recht gut. Er lief den Pfad zum Berg entlang. Er war nicht auf Nahrungssuche; dafür brauchte er inzwischen das ganze Rudel. Der Winter hatte das Leben am Berg stark erschwert. Selbst wenn er etwas entdeckte, würde irgendein Mensch oder Tier es ihm wieder wegnehmen. Nein, an diesem Abend wollte er dem Gesang lauschen; und er wollte ein Werkzeug suchen, mit dem er den Griff seiner neuen Keule abhobeln konnte. Der Griff war für seine Hand zu dick, und am Berg lag alles mögliche versteckt.
    Doch als er um die Ecke bog und die offenen Pfade betrat, die über das Schneefeld auf dem Ödland zum Berg führten, hörte er keinen Gesang. Er wusste, dass die Feuer loderten, denn ihr Lichtschein leuchtete am Himmel; aber warum blieben die Sänger an diesem Abend stumm?
    Irgendetwas kam auf ihn zu. Etwas Böses, Schnelles, das vor ihm nach beiden Seiten ausschwärmte. Seine Haare stellten sich auf, und plötzlich wurde ihm bewusst, wie wenig er sah, nicht wie viel. Auch konnte er nichts riechen. Seine Nase war zwar warm eingepackt, doch die Kälte hatte seinen Geruchssinn getrübt. Als er stehenblieb, konnte er gerade noch sehen, wie sich auf einem beweglichen schwarzen Punkt direkt vor ihm zwei Augen formten, und wie dieses Etwas aus dem breiten Schatten hervorstürzte und sich in ein riesiges Tier verwandelte, das rasend schnell auf ihn zukam, ohne einen Laut lossprang und plötzlich sein ganzes Blickfeld ausfüllte. Romotschka fiel atemlos auf den Rücken und wurde unter dem Tier begraben, das Gesicht in sein raues heißes Fell gedrückt, ein fremder Geruch, das Geräusch von Zähnen.
    Dann hörte er nur noch einen furchterregenden Lärm und spürte, wie Mamotschka hinter seinem Kopf lossprang und auf dem Rücken des Tieres landete, wie sie es ins Rutschen und plötzlich mit unglaublichem Getöse im Schnee zu Fall brachte.
    Er rollte und schlängelte sich weg, wobei ihm seine vielen Kleidungsstücke zu schaffen machten. Kaum hatte er sich umgedreht, da sah er, wie in der Dunkelheit hinter ihm weitere Punkte auftauchten, die sich in springende Tiere verwandelten, und plötzlich lag Mamotschka winselnd unter ihnen und wand sich. Weiße Schwester, Schwarze Schwester, Brauner Bruder, Grauer Bruder, Goldene Hündin und Schwarzer Rüde stürzten sich knurrend und schnappend auf ihre Gegner. Während des Kampfes knirschte der Schnee; die Hunde knurrten und jaulten, und ihre vertrauten Stimmen vermischten sich mit dem tiefen, furchteinflößenden Gebell der Fremdlinge. Romotschkawäre am liebsten davongerannt, rührte sich aber nicht vom Fleck, sondern schwang blindlings seine Keule und schrie durch die vor Angst zusammengebissenen Zähne.
    Plötzlich lösten sich die drei riesigen Tiere von den sieben Hunden und schienen sich in den Schatten zurückzuziehen; doch Romotschka spürte, dass sie sich umdrehten … und sie beobachteten … und warteten. Auch die Hunde wussten es. Sie hielten sich nicht damit auf, ihre Wunden zu lecken, und traten den Rückzug an; die Schatten folgten ihnen. Die Hunde drehten sich um und schlichen davon, bis sie an das Tor und den Pfad zum Höhleneingang gelangten, und da spürte

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