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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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ging, blieb er in der Nähe der Lastwagen und flitzte erst hinüber, wenn sie eine frische Ladung abkippten. Dann versuchte er, in einem kleinen Sack genug Nahrung für die bevorstehende Woche aufzuklauben, doch sobald er etwas hatte, musste ihn die ganze Familie vor den Menschen und den anderen Hunden beschützen. Dann der Heimweg, auf dem stets ein Angriff der Fremdlinge drohte. Grauer Bruder war der Stärkste des Rudels, deshalb warf Romotschka ihm den Sack über die Schultern und lief dann neben ihm her, hielt den Sack im Gleichgewicht und trieb den großen Hund schlagend und schimpfend vorwärts. Er verließ sich darauf, dass die Kundschafter, Mamotschka und Goldene Hündin, sie vor den anrückenden Fremdlingen warnten, und konzentrierte sich auf den Sack und auf Grauer Bruder. Die Übrigen umringten ihn und gaben ihm Deckung. Als sie auf diese Weise zweimal Nahrung nach Hause geschafft hatten, begriff Grauer Bruder, was er zu tun hatte, und sie wurden schneller.
    Im Dämmerlicht der Tage bemerkte Romotschka, dass alle in seiner Familie kleiner geworden waren. Schmaler. Ihre Rippen standen deutlich heraus, der Kopf war riesig, besonders bei Mamotschka. Sie waren so langsam abgemagert, dass es ihm nicht aufgefallen war. Er betastete seine eigene Brust. Auch er war unter der unbehaarten Haut nur noch ein Knochengerüst. Manchmal bestand ihre Mahlzeit aus dem Fleisch eines getöteten Tieres und manchmal aus den Fundstücken ihrer hastigen Suche am Berg, doch das genügte nicht mehr.
    Romotschka blieb noch die Milch seiner Mutter. Bis zu ihrem Versiegen sog er nun immer einen Mundvoll aus Mamotschkas Zitzen und ließ die Milch in das gierige Maul eines seiner Geschwister rinnen. Wenn er trank, schlichensie erwartungsvoll um ihn herum. Seine Finger gewöhnten sich an ihre knorrigen Körper. Doch er teilte nicht immer. Manchmal war er schlecht gelaunt und selbst zu hungrig. Und manchmal verweigerte er ihnen die Milch aus Boshaftigkeit.
    Die Fremdlinge heulten einander durch die verfallene Kirche an, immer noch außerhalb des Bannkreises. Auch sie hatten Hunger.
    Romotschka begann, Waffen herzustellen. Er ordnete seine Sammlung von Nägeln und Dornen und fand ein Stück Metallrohr, mit dem er sie durch Holzbretter schlagen konnte. Als seine Hände am Metall festfroren, musste er auf das Rohr urinieren, um sie wieder loszubekommen. Da seine Finger bald furchtbar wehtaten, wickelte er das Metallrohr in ein altes Tuch und zog sich mehrere Socken über die Hände. Beim Hämmern leckte ihm Mamotschka immer wieder behutsam die Hände, oder er wärmte sie an ihrem Bauch und zwischen ihren Schenkeln. Ohne einen Hund in der Nähe, der ihn wieder aufwärmte, konnte er nichts bewerkstelligen. Er bat Grauer Bruder, der das dichteste Fell und die kräftigsten Zähne hatte, an den Griffen seiner Waffen herumzukauen, und verscheuchte ihn, wenn er meinte, dass genug abgebissen war. Auf der anderen Seite der Höhle legte er einen kleinen Vorrat verschiedener Keulen und Nagelbretter an und probierte in der Dunkelheit jede einzelne seiner Waffen aus. Er war mit seiner eigenen Kraft und seinen neuen stattlichen Zähnen zufrieden. Wenn ihm die Fremdlinge noch einmal nahekämen, würde er sie verprügeln.
     
    ~
     
    Romotschka erwachte aus einem unruhigen Schlaf und erstarrte mit geschlossenen Augen. Auch die anderen waren wach. Trotz ihrer Reglosigkeit breitete sich in der Höhle Entsetzen aus. Er wusste nicht, was los war. Aber sie wussten es; und die Fremdlinge auch. Der Wind hatte sich gedreht.
    Von Norden drang kein Geruch mehr herüber, und doch sträubte sich allen das Fell. Als Romotschka zu seinen Waffen auf der anderen Seite hinüberkroch, spürte er, dass alle ihre Stellungen eingenommen hatten: Schwarzer Rüde und Grauer Bruder, die beiden Stärksten, lauerten in der Nähe des Eingangs. Hinter ihnen liefen Goldene Hündin, Mamotschka, Schwarze Schwester und Brauner Bruder auf und ab. Romotschka tastete auf dem Boden nach dem mit Nägeln gespickten Brett. Wusste, dass vor ihm Weiße Schwester flach auf dem Boden kauerte, die Ohren zurückgelegt und die Zähne gefletscht. Hörte ihr rasselndes Knurren und spürte ihre Angst. Die anderen wussten auch, wo er war, wussten inzwischen, dass er seine Waffen im Dunkeln schwingen würde. Auch wenn sie auf ihn Acht gaben, so hielten sie doch Abstand zu ihm.
    Er roch nichts, doch das Knurren der anderen wurde plötzlich lauter, und er spürte, wie sich ihre Muskeln anspannten. Er roch

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