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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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immer noch nichts, schloss die Augen, um nicht länger blind in die eiskalte Dunkelheit zu starren, biss die Zähne zusammen und schwang das Nagelbrett fester. Jeder seiner Atemzüge drohte sich in einen Angstschrei zu verwandeln. Er schwang das Brett noch fester und peitschte die Luft.
    Und da war der Geruch der Fremdlinge. Die Höhle ertönte vom Knurren seiner Familie. Weiter vorn herrschte wildes Getümmel, ein polterndes, lärmendes Durcheinander, ein Knurren und Schnappen, Scharren und Schnaufen und dann aufbrandende Wut. Er hörte, wie Grauer Bruder vor Schmerz jaulte, während der Kampf unter Krachen und Kratzen zum Nest und wieder zurück wogte. Weiße Schwester schoss vor, und plötzlich gab es am Eingang zwei Kämpfe. Das tiefe, ihm nicht vertraute Knurren und Keuchen wechselte zwischen den beiden Kampfplätzen hin und her. Fremde Schreie. Scharren am dunklen Eingang; wieder grimmige fremde Schreie und weiteres Scharren. Er hörte, wie Mamotschka mit fest zusammengebissenen Zähnen knurrte, wie sie an etwas zerrte, und wie weiter vorn bei jedem Zerren das tiefe Jaulen eines Fremdlings ertönte. Er hörte, wie sich alle festbissen, wie sie an etwas zogen, dann hörte er den rauen Atem und das hektische Stellungsgerangel seiner stummen, konzentrierten Familie; wieder rauen Atem, einen schwächer werdenden Kampf. Dann Stille.
    Alle entspannten sich, und er ließ, am ganzen Körper zitternd, das Nagelbrett sinken. Er roch Blut. Mamotschka und Goldene Hündin zerrten das tote Tier zur Seite, und alle liefen umher und erschnupperten das Geschehene, verfolgten die Fährte des Fremdlings, der zum Eingang geflohen war. Niemand verließ die Höhle. Grauer Bruder machte ein seltsames Geräusch – er lief nur auf drei Beinen.
    Draußen heulten die Fremdlinge, und alle brummten mit gesträubtem Fell. Diesmal merkte er, wie sie sich mit Mamotschka kurz hinter dem Eingang versammelten. Weiße Schwester lag immer noch flach vor ihm, und er spürte, dass sich außer ihr niemand zwischen ihm und dem Eingang befand. Schnaufend hielt er das Brett in den ausgestreckten Händen.
    Du bist das einzige Brot im Schrank . Plötzlich sah er das Gesicht seiner ersten Mutter und ihr breites, schräges Lächeln bei diesen Worten. Er hatte schon sehr lange nicht mehr an sie gedacht und konnte sich meist schon nicht mehr an ihr Gesicht erinnern. Ein so hübsches Gesicht! Aber unbehaart, mit ganz kurzen Zähnen. Er klammerte sich an das Bild. Irgendwie war es ihr gelungen, an den Fremdlingen vorbeizukommen und nach ihm zu sehen, sich zu vergewissern, dass er nicht den Rotz hochzog oder seinen Penis in der Hand hielt. Weder die Hunde noch die Fremdlinge würden ihr gefallen. Sie würde die Tiere ausschimpfen und ihm eine Ohrfeige verpassen. Alle würden mit eingekniffenem Schwanz davonschleichen, Augen und Zähne tief am Boden, und er würde in einem warmen, hellen Zimmer in sein Bett schlüpfen, seinen pisja in der Hand halten und weinen, bis sie in ihrem roten Glitzerkleid hereinkäme, und dann würde sie ihm einen Keks und heiße Milch geben, bevor sie sich auf Nahrungssuche machte. Wie herrlich! Wie köstlich! All das hier würde sich in nichts auflösen.
    Diesmal spürte er, wie der Fremdling langsam durch das eisige Loch kroch, wie er wartete und sich dann in die Höhle sinken ließ. Er blieb stehen. Die Hunde blieben stumm, wurden von Mamotschka zurückgehalten. Romotschka spürte, wie der Eindringling die Luft verdichtete und den Luftstrom von dem eisigen Loch zu ihm blockierte, und dann spürte er, wie der Fremdling erstarrte, als er ihn und Weiße Schwester erblickte, die jetzt zornig und boshaft knurrte. Plötzlich hörte Romotschka das leichte Scharren kräftiger Hinterbeine. Alles geschah wie in Zeitlupe. Der Fremdling war abgesprungen und glitt lautlos durch die Luft. Würde nur einmal landen: ja, genau da! Ein dumpfesKratzen. Dann war er wieder in der Luft, erfüllte mit seiner riesigen Gestalt die Dunkelheit und flog über das lauter werdende Knurren von Weiße Schwester hinweg auf ihn zu. Jetzt!
    Romotschka schlug so fest zu, wie er konnte. Er fiel rückwärts gegen die Wand, während sein Nagelbrett sich in einen Körper bohrte und ihm aus den Händen gerissen wurde. Im selben Moment wurde das zornige Knurren von Weiße Schwester erstickt, tief ins Fleisch vergraben, und er roch, wie heiße Eingeweide zerrissen. Weiße Schwester und der Fremdling krachten gemeinsam vor ihm auf den Boden, und auf der anderen Seite der

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