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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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mitkommen und lief stolz neben ihm her. Sie war tüchtig und erfolgreich; sie musste bloß nah herangehen und ihre langen, weißen Zähne fletschen, aus dem kräftigen Maul knurren und brummen, und schon riss jede Mutter ihr Baby aus dem Wagen und schrie ganz wunderbar. Romotschka stürzte sich auf den Wagen, durchwühlte alles, schnappte sich die fallengelassenen Spielsachen, und schon waren sie wieder weg, schnell wie die Ratten. Schwarze Schwester zeigte zwar nicht offen, wie sehr ihr die Jagd gefiel, doch er wusste, dass es ihr Spaß machte.
    Das Ganze war riskant, weil es bei Tageslicht stattfand. Als das Tauwetter einsetzte, brauchte Welpe auch neue Kleidung. Er zog viele Sachen aus und verlor sie, besonders jetzt, am Frühlingsanfang, doch er brauchte sie, um seine Haut vor den Zähnen der Hunde zu schützen. Romotschka war auch um Welpes Gesundheit besorgt. Wenn er mit dem kleinen Brustkorb in seinen Armen schlief, spürte er, wie sehr Welpe abgemagert war. Er wollte gute Kleidung für ihn besorgen, nicht die am Berg wahllos zusammengerafften feuchten Lumpen.
    Und so begann Romotschka kleinen Jungen nachzustellen, um herauszufinden, was sie unternahmen, wohin sie gingen, wo sie lebten und was für Sachen sie trugen. Kleidung zu stehlen, war schwierig. Entweder steckte der Junge noch darin (und Romotschka wollte nicht, dass Mamotschka noch einen Jungen liebgewann), oder die Sachen hingen geschützt in Geschäften oder Häusern. In den Geschäften waren Romotschka und die Hunde im Nachteil – Romotschka war verdächtig, sobald ihn jemand erblickte, und den Hunden wurde ein Fußtritt versetzt, oder man schoss auf sie. Er beschloss, in den Häusern sein Glück zu versuchen.
    Es konnte nicht allzu schwer sein, in einen Wohnblock zu gelangen. Er hatte schon gesehen, wie bomschi im Winter an den Haustüren gestanden und alle möglichen Tasten gedrückt hatten, bis jemand den Türöffner betätigte. Romotschka entschied sich spontan für ein älteres Gebäude und ließ Weiße Schwester Wache halten.
    Er drückte auf die Tasten, aber nichts passierte. Doch plötzlich tauchte an der Ecke ein Betrunkener auf, fast ein bomsch , aber sauberer, und Romotschka zog sich vorsichtshalber zurück. Da er keine Angst vor Betrunkenen hatte, beeilte er sich dabei nicht sonderlich. Der Mann stand schwankend an der Tür, drückte fluchend auf den Tasten herum und lächelte breit, als es ihm gelang, seinen Wohnungscode einzugeben. Die Tür ging auf, und Romotschka schlüpfte hinter ihm ins Haus. Weiße Schwester bedeutete er, draußen sitzen zu bleiben. Die Tür fiel ins Schloss. Während der Betrunkene zum Aufzug torkelte und auf die Knöpfe tippte, verbarg sich Romotschka im Halbdunkel an der Tür.
    Kaum war der Mann weg, trottete Romotschka über den rissigen Beton zum blaugekachelten Treppenhaus und lieflautlos mit großen Schritten in den zweiten Stock hinauf. Das Gebäude erinnerte ihn an einen anderen Wohnblock in einer lange zurückliegenden Zeit, nur kam es ihm kleiner vor. Die Tür zwischen Treppenhaus und Flur war angelehnt. Im schummerig erleuchteten Flur roch es nach altem Essen, Alkohol, Schweiß, mit Seife geschrubbter Haut und abgestandenem Rauch. Ihm schlug das Herz bis zum Hals. Erwachsene mochten vielleicht Hunde, aber nach seiner Erfahrung konnten sie Kinder nicht ausstehen.
    Er schlich sich den dunklen Flur entlang und probierte jede der gepolsterten Wohnungstüren aus. Sein Herz hämmerte. Weiter vorn ertönte das tiefe, warnende Bellen eines Hundes, und Romotschka zuckte zusammen; er war so nervös, dass er fast die Treppe wieder hinuntergerannt wäre. Alle Wohnungstüren waren verschlossen. Er kam an die Tür, hinter der der Hund inzwischen ganz aus dem Häuschen war, drückte die Nase an den Spalt zwischen Tür und Rahmen, schnupperte laut und knurrte: Die panische Angst dieses großen Hundes hinter der Wohnungstür erschreckte ihn – das Tier hatte keine Ahnung, worum es sich bei ihm handelte. Romotschka befand sich tief in geschlossenen Pfaden und konnte nur schwer entkommen. Er stand auf, schlich lautlos über die Treppe ins nächste Stockwerk hinauf und ließ den verängstigten Hund zurück. Bisher gab es keinerlei Anzeichen, dass jemand zu Hause war. Nur den Hund, der jetzt vor Angst und Einsamkeit unten winselte.
    Als Romotschka den Aufzug knarrend nach oben kommen hörte, verlor er die Nerven. Polternd rannte er die Treppe hinunter zur Haustür, und im letzten Moment fiel ihm ein, dass er den großen

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