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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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leben hatte seine Sinne noch weiter geschärft. Und diese Sinne warnten ihn jetzt, dass das Undenkbare eine Menge erklären würde.
    Er hielt den Becher an den Lippen, ohne einen Schluck daraus zu nehmen, und musterte das Gesicht des Abtes.
    Dann setzte er den Becher wieder ab.
    «Ihr seht selbst recht blass aus», sagte er. «Vielleicht habt Ihr die Stärkung nötiger als ich.» Damit hielt er dem Abt den Becher hin.
    «Nein, nein, mir geht es gut», wehrte der ab und wich ein wenig zurück. «Bitte. Wir werden essen, wenn unser Tagewerk getan ist.»
    Conrad verzog keine Miene. Er beugte sich vor und hielt dem Abt den Becher hin, während er die andere Hand deutlich sichtbar auf den Knauf eines großen Dolches legte, der in seinem Gürtel steckte. «Ich bestehe darauf», sagte er.
    Der Becher war nur noch eine Handbreit vom Gesicht des Priesters entfernt. Die Mundwinkel, Nasenflügel und Augenlider des alten Mannes begannen zu zittern.
    «Nehmt», befahl Conrad.
    Der Mann ergriff mit zitternder Hand den Becher.
    «Trinkt», zischte Conrad.
    Die Hand des Abtes zitterte jetzt so stark, dass er beinahe das Getränk vergossen hätte, als er den Becher ganz langsam an die Lippen führte. Er zögerte einen Moment lang, seine Hand zitterte immer stärker, und sein angsterfüllter Blick huschte zwischen dem Becher und Conrad hin und her.
    «Trinkt, Pater», drängte Conrad in ruhigem Ton, der jedoch keinen Widerspruch zuließ.
    Der Mönch schloss die Augen und schien zum Trinken anzusetzen, doch dann hielt er inne und ließ den Becher fallen. Der zersprang auf dem Steinboden in Scherben.
    Conrad durchbohrte den Mönch mit Blicken, während er langsam seinen Dolch zog und auf den Tisch legte. «Wollt Ihr mir jetzt vielleicht verraten, wie die Schwerter wirklich hierhergelangt sind?»
     
    «Mach dir um uns keine Gedanken», sagte Conrad zu dem Händler, als er ihm einen kleinen Beutel überreichte. «Von jetzt an kommen wir allein zurecht.»
    Mehmet warf einen raschen Blick auf die Goldstücke in dem Beutel, dann zog er die Schnüre fest zusammen und steckte ihn sich in den Gürtel. «Der Rückweg nach Konstantinopel ist weit und führt durch gefährliche Gegenden. Dort draußen gibt es viele Ghazis.»
    «Wir kommen zurecht», wiederholte Conrad. «Wir wollen nicht zurück nach Konstantinopel.»
    «Ach?»
    Conrad nickte und streckte dem korpulenten Händler die Hand entgegen. Sein Ausdruck besagte, dass er nicht weiter darüber sprechen würde. Mehmet runzelte die Stirn, dann schlug er widerstrebend ein.
    «Also dann, gute Reise», sagte er.
    «Euch auch.»
    Conrad stand mit Hector und Miguel da und sah den davonreitenden Türken nach. Er konnte sich denken, was im Kopf des Händlers vorging. Sie hatten ihm ein kleines Vermögen gezahlt, damit er sie herbrachte, und sie waren mit einem Fuhrwerk gekommen. Was sie zu transportieren gedachten, musste von großem Wert sein, wenn sie dafür ein solches Risiko und solche Kosten auf sich nahmen.
    Das musste die Habgier des Händlers wecken.
    «Ich nehme an, du hast etwas gefunden», sagte Hector.
    «Allerdings», erwiderte Conrad, der die sechs Reiter nicht aus den Augen ließ, bis sie außer Sicht waren. Er verzog den Mund zu einem durchtriebenen Grinsen. «Das habe ich.»
     
    Pater Nicodemus saß am Pult des Chronisten und fühlte sich mit jeder Zeile, die er schrieb, elender. Die Last, die er trug, trübte seinen Geist, sodass es ihn herkulische Anstrengung kostete, die richtigen Worte zu finden. Doch es führte kein Weg zurück.
    Wir hätten sie verbrennen sollen, dachte er. Wir hätten sie alle schon vor langer Zeit verbrennen sollen. Dieser Gedanke war ihm über die Jahre immer wieder gekommen, immer wieder hatte er sich gefragt, ob er es tun solle, war sogar mehrmals kurz davor gewesen. Aber ebenso wie seine Vorgänger hatte er sich nicht überwinden können. Wie seine Vorgänger hatte er es nicht gewagt, weil er fürchtete, damit eine Übertretung zu begehen und einen Zorn auf sich zu ziehen, der nicht von dieser Welt war.
    Er fühlte die Blicke seiner versammelten Begleiter auf sich lasten, aber er konnte ihnen nicht in die Augen sehen. Er konzentrierte sich ganz auf die Pergamentblätter, die vor ihm lagen, und versuchte, das Zittern seiner Hand, die den Federkiel führte, zu unterdrücken.
    Ich habe vor meiner Kirche versagt,
schrieb er.
Ich habe vor unserer Kirche und unserem Herrn versagt, und für dieses Versagen kann es keine Absolution geben. Ich fürchte, der

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