Dohlenflug
Busenfreundin.«
Resi Neuhuber seufzte.
»Tja, das ist die Logik eines Mannes. Aber wir Frauen ticken anders,
mein Lieber.«
»Jemanden als Mörder
zu brandmarken, das wäre eine viel süßere Rache, als ihn
einfach nur zu ermorden«, half Kotek dem Kollegen auf die Sprünge
und bewies damit, dass sie ihm in puncto Diplomatie durchaus das Wasser
reichen konnte.
»Frau Neuhuber
unterstellt also, die Heinrich könnte den Verdacht zunächst
bewusst auf sich selbst lenken, um später durch ein allfälliges
Alibi ihre Unschuld umso eindrucksvoller zu beweisen – was
allerdings sehr raffiniert wäre, das muss ich schon sagen.«
Resi Neuhuber strahlte übers
ganze Gesicht. »Sie denken sehr gut mit.«
Kotek bedankte sich mit einem
artigen Lächeln für das Lob, obwohl sie die von ihr skizzierte Möglichkeit
nicht eine Sekunde lang ernsthaft in Betracht zog. »Tja, das war’s
dann fürs Erste, wir …«
»Nein, das war’s
noch nicht!«, unterbrach Resi Neuhuber die Ermittlerin. »Es
kommen nämlich durchaus noch weitere Verdächtige in Frage.«
Kotek zog die Augenbrauen
hoch. »Noch weitere?«
»Genau, da gibt es eine
Gruppe von militanten Tierschützern, die Fredl und seine
Jagdkameraden schon ein paarmal massiv bedroht haben.«
»Bedroht? Warum denn
das?«
»Nun, einige
Hofgasteiner Jäger, darunter auch Fredl und seine Frau, schießen
illegal Krähen ab. Krähen nehmen in diesem Tal wirklich überhand,
aber die Landesregierung stellt sich taub, was das betrifft. Sie will sich
nicht mit den Tierschützern anlegen, indem sie eine bestimmte Anzahl
Krähen zum Abschuss freigibt, aber den Jägern wird auch nicht
auf die Finger gesehen. Dementsprechend frech gehen sie zu Werke. Meine
Tochter Gundi hat sie letzten Winter auf freiem Feld dabei beobachtet.«
»Und Sie vermuten
jetzt, die Naturschützer könnten das Gesetz in die eigene Hand
genommen und ein grausiges Exempel statuiert haben?« Kotek achtete
sorgfältig darauf, ja nicht ironisch zu klingen.
»Hm.« Die
kriminalistisch ambitionierte Bäuerin schien den zuletzt geäußerten
Verdacht nun selbst für ziemlich weit hergeholt zu halten.
»Okay, Neuhuberin«,
sagte Feuersang eilig. »Natürlich werden wir auch dieser Spur
nachgehen, also kannst du jetzt nach Hause fahren. Eine letzte Bitte hab
ich aber noch: Sei so nett und nimm unsern Kollegen Stubenvoll mit. Wir
brauchen nämlich deine Fingerabdrücke und die aller Angehörigen,
die in letzter Zeit in der Hütte waren.« Wieder legte er seine
behaarte Pranke beruhigend auf ihren Arm. »Keine Angst, weder du
noch deine Familie werden verdächtigt, schließlich hast du ja
selbst den Mord gemeldet. Wir brauchen die Prints nur, um etwaige
unbekannte Abdrücke isolieren zu können.«
Letzteres entsprach zwar den
Tatsachen, trotzdem waren die Neuhubers nicht automatisch über jeden
Verdacht erhaben, wie Feuersang so treuherzig hatte anklingen lassen.
Gerade er hatte in den zweieinhalb Jahrzehnten beim Referat 112 wiederholt
erlebt, dass hinter den kunstvoll verzierten Haustüren mancher
Innergebirgsbauern nicht nur die Milch der frommen Denkart beheimatet war.
Resi Neuhuber bemühte
sich nicht, ihre Enttäuschung zu verbergen. »Und du? Fährst
du nicht mit?«, fragte sie Feuersang.
Der wechselte einen Blick mit
Kotek. »Leider nein. Oberleutnant Kotek und ich werden jetzt noch
Herrn Regenmandl und Frau Schleißheimer aufsuchen.«
»Wir fahren zunächst
zu Salma Schleißheimer«, sagte Kotek, die eben mit Salzburg
telefoniert hatte. »Bis wir unten am Gendarmerieposten sind, hat man
uns hoffentlich auch die Durchsuchungsanordnung dorthin gefaxt. Gefahr im
Verzug. Werner fährt mit uns, und Oliver, du lässt dich von den
Gasteiner Kollegen zu den Schleißheimers bringen, wenn du auf dem
Neuhuber-Hof fertig bist. Und fahren Sie bitte langsam, Frau Neuhuber!
Unserm Kollegen scheint die Sauerei da drinnen etwas auf den Magen
geschlagen zu sein.«
Stubenvoll war tatsächlich
noch immer käsig im Gesicht, widersprach aber sofort: »So ein
Blödsinn. Ja, mir ist nicht gut, aber doch nicht wegen der Leiche.
Ich schleppe schon seit gestern irgendeinen Dusel mit mir rum.«
»Dann melde dich halt
krank und kurier dich aus.«
»Und was ist mit mir?«,
fragte Dr. Pernauer vorwurfsvoll.
»Warum? Bist du auch
krank?«
Pernauer verdrehte seine
Basedow-Augäpfel. »Nein, aber ich will auch
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