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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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maß Kaiser Nero mit seinen Blicken. Sein Bart zitterte wie der eines Terriers angesichts des Briefträgers. Er bebte vor Empörung bis zur Krücke seines Regenschirms.
    »Äußerst gütig von Ihnen, herzukommen, Grimsdyke«, schnaubte er. »Wollen Sie gefälligst diesen Wachleuten auseinandersetzen, wer ich bin, damit mir weitere Unerträglichkeiten dieser würdelosen Situation erspart werden und wir beide in dieser Nacht noch zu ein wenig Schlaf kommen können.«
    »Warum führen Sie keinen Paß bei sich?« fragte der Polyp.
    »Weil ich es, mein Guter, noch nie in meinem Leben für nötig befunden habe, mit einem Wisch Papier herumzulaufen, der erklärt, wer ich bin.«
    »Sie haben auf dem Gehsteig schmutzige Worte gebraucht«, beharrte der Polyp.
    »Ich bediene mich auf dem Gehsteig bestimmt keiner schmutzigen Worte. Ich habe mich noch nie und nirgend in meinem Leben schmutziger Worte bedient.«
    »Sie haben den patrouillierenden Polizisten einen unverschämten Schreihals genannt.« Der Polyp nahm seinen Kaugummi heraus und musterte ihn traurig, als wäre er ein liebes altes treues Hündchen, das knapp vor dem Umstehen war. »Das klingt mir mächtig nach schmutzigen Worten.«
    Ich begann zu verstehen, worum es ging, und meine Unruhe wurde nicht geringer. Mit englischen Sicherheitsorganen kann man immer ein bißchen zu unterhandeln versuchen, ohne dabei böse Folgen gewärtigen zu müssen. Aber mit der New Yorker Polizei muß man vorsichtig sein; man bedenke, daß die Burschen verdammt große Stöcke schwingen und um die Mitte mit Revolverkugeln gespickt sind; an heißen Nachmittagen besteht direkt die Gefahr, daß sie wie Raketen in die Luft gehen.
    Sir Lancelot schlug mit seinem Schirm auf den Tisch. »Der Wachmann versuchte, mich mit Gewalt am Überqueren der Straße zu hindern.«
    »Yeah. Das Verkehrszeichen signalisierte >Nicht gehen<.«
    »In meinem Alter«, erklärte der Chirurg, sich zu voller Größe aufrichtend, »glaube ich zu wissen, wie man eine Straße überquert.«
    »Sollten Sie«, knurrte der Polyp.
    Amerika mag ja das Land der Freiheit sein, aber auf die traditionelle Freiheit der britischen Untertanen, über die Fahrbahn zu wandern und einander unter die Autobusse zu stoßen, sind die Amerikaner nicht gut zu sprechen.
    »Der Polizist versuchte Sie daran zu hindern, allein im Central Park spazierenzugehen«, erklärte der Polyp müde.
    »Und warum sollte ich das nicht, bitte sehr?« donnerte Sir Lancelot. »Vor dem Schlafengehen mache ich gern einen kleinen Spaziergang im Park.«
    »Bruder! Wenn Sie in der Nacht im Central Park herumstreifen, landen Sie todsicher nirgendwoanders als in der Leichenkammer.«
    Was sollte ich noch sagen? Unsere amerikanischen Brüder sind natürlich schrecklich gescheite Leute und werden bald auf den äußeren Planeten Spazierengehen. Aber so weit sind sie noch nicht, daß man nach Einbruch der Dämmerung durch den Central Park wandern kann, ohne von seiten der weniger ehrenwerten Bürger einen Raubüberfall zu riskieren.
    »Ich wünsche Ihren Vorgesetzten zu sprechen«, befahl Sir Lancelot.
    »Der Vorgesetzte bin ich hier.«
    »Ich verlange auf der Stelle in Freiheit gesetzt zu werden.«
    »O’Reilly«, sagte der Polyp mit der Miene Kaiser Neros, wenn er die Gladiatoren satt hatte und sich lieber den Auseinandersetzungen der Christen und Löwen zuwenden wollte, »führen Sie den Burschen in die Gummizelle.«
    »Hören Sie«, schaltete ich mich ein, nun auf Alarmstufe eins, »so etwas können Sie nicht tun.«
    »Yeah? Wer sagt das?«
    »Ich«, erklärte ich mannhaft.
    »O’Reilly, führen Sie auch diesen Burschen in den Narrenkäfig hinunter.«
    »Will sagen, Officer«, korrigierte ich mich, »es dürfte hier ein kleines Mißverständnis — «
    »Hopphopp«, knurrte O’Reilly, der an die zweieinhalb Meter groß und ausreichend bewaffnet zu sein schien, um einen Panzerwagen aufzuhalten.
    »Nur eine Minute — «
    »Hopphopp, sag ich.«
    Wir wären wohl beide in Zwangsjacken nach Sing-Sing verfrachtet worden, hätte sich nicht plötzlich der Cadillac mit Klimaanlage gezeigt, aus dem Dr. Archbold wie ein Pfeil zu uns hereinschoß.
    »Großer Gott, was hat der hier zu suchen?« rief Sir Lancelot.
    Ich stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
    »Ich habe mir die Freiheit genommen, Sir, vom Hotel aus Dr. Archbolds Appartement anzurufen.«
    Sir Lancelot durchbohrte mich mit seinem Blick. »Das taten Sie trotz meinen strikten und ausdrücklichen Instruktionen — «
    »Ich

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