Doktor im Glück
Parotitis» zu richten. Petunia verbrachte den Morgen mit Gurgeln, worauf sie nach London entschwand. Sobald meine Schwellung abgeklungen war, erklärte ich, ich müßte zur Erholung an die Küste, und gab von London ein Telegramm auf, des Inhalts, daß ich nach Südafrika an das Sterbebett meines Onkels gerufen worden sei.
Ich tat mir selber leid. Ich hatte zwei Mädchenherzen geknickt, eine abscheuliche Krankheit gehabt und erwartete stündlich, auf der Straße von Militärpersonen oder sonstigen kriegerischen Gesellen überfallen zu werden. Porterhampton mußte fürderhin aus meinem Atlas gestrichen werden. Und ich mußte das Ganze meinem Cousin explizieren.
... hat den herzbedrohten Doktor vor Schlimmerem bewahrt. Schließlich zwingt der Mumps einen nicht auf Lebenszeit ins Bett.
Leider kann man sich nicht für alle Notfälle auf das glückliche Eintreffen einer passenden Epidemie verlassen. Deshalb der alte medizinische Rat (der auch für Herzens- und Geldangelegenheiten gilt): Vorbeugen ist besser als heilen.
Aber ich hatte wenigstens nicht die Gefühle der lieben alten Wattles verletzt.
Sechstes Kapitel
«Deinem Aussehen nach zu schließen», empfing mich Miles, «scheinst du eine recht ausgedehnte Party hinter dich gebracht zu haben.»
«Wenn du's durchaus wissen willst», erwiderte ich gekränkt, «so habe ich eine scheußliche epidemische Parotitis hinter mich gebracht. Bin jetzt noch nicht ganz auf dem Damm.»
«Mein Beileid.»
Da ich es mir zum Prinzip gemacht habe, meine Fehlschläge sogleich zu gestehen, vor allem dann, wenn Gefahr besteht, daß sie sowieso bald entdeckt werden, hatte ich Miles unverzüglich nach meiner Ankunft angerufen und mich bei ihm zum Abendessen ein-geladen. Und nun saß ich in seinem Empfangszimmer in South Kensington und grübelte nach, wie ich ihm am besten meinen Rückzug aus Porterhampton beibringen sollte.
«Wann kehrst du zu deiner Praxis zurück?» fragte Miles.
Ich wetzte auf dem Sofa hin und her.
«Also, eigentlich kehr ich überhaupt nicht zurück, alter Junge.»
«Was? Verdammt nochmal! Du bist doch nicht schon wieder hinausgeworfen worden?»
«Hinausgeworfen?» rief ich verletzt. «Ich habe meinen Rücktritt erklärt, und zwar mit der Würde eines prinzipiengetreuen Kabinettministers.»
Miles verfiel in Schweigen. Um die Gesprächspause zu überbrücken, griff ich nach einem Magazin — nach einem jener gepflegt ausgestatteten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, über die Aktivitäten unserer hochgezüchtetsten jungen Frauen und Pferde Bericht zu erstatten.
«Das ist's, was ich brauche», sagte ich, auf ein Photo weisend, das einige Leute mit langen Drinks auf einer Jacht in Cannes darstellte. «Ein paar Wochen im Sonnenschein, um mich zu erholen.»
Miles gab ein Geräusch von sich, das nach dem Durchreißen eines Stückes Leinwand klang.
«Verdammt, Gaston! Bist du ganz verrückt? Bist du schon anstaltsreif? Du — arbeitslos, ohne einen Heller Geld, eine wandelnde Schande für die ganze Familie, wenn nicht für die gesamte Ärzteschaft, und willst ein paar Wochen im Sonnenschein herumlungern! Das ist doch die Höhe!»
Ich warf das Magazin mit einem Seufzer zur Seite. ,
«Du hast leider vollkommen recht», gab ich zu. «Ich bin bei Gott nicht das leuchtende Beispiel eines beflissenen jungen Arztes.»
«Du bist das leuchtende Beispiel eines haltlosen und arbeitsscheuen Tagediebs — das muß ich dir leider ins Gesicht sagen. Ich lege dir ernstlich ans Herz, einen Psychiater aufzusuchen. Der könnte zumindest eine Erklärung für deine höchst unsolide Berufseinstellung beibringen.»
«Mein Lieber, ich brauche durchaus keinen Psychiater, um mir zu sagen, daß ich die Medizin nicht sehr mag.»
Miles starrte mich an, als sei ich Aschenbrödel, das der guten Fee eben mitgeteilt hatte, es reiße sich nicht sehr ums Tanzen.
«Das gute alte Pärchen in Porterhampton hat mir jede nur mögliche Chance geboten, mich dort als hochangesehener Familienvater und Familiendoktor niederzulassen. Aber will ich denn so ein neu-modischer praktischer Arzt sein, der für alle uninteressanten Patienten Zertifikate ausschreibt und alle interessanten ins Spital überweist? Nein, das will ich nicht, hol mich der Teufel. Und eine ganze Menge anderer Burschen ebensowenig, nach dem Briefkasten im British Medical Journal zu schließen. Da ich in keinem Fach je Spezialist sein werde, aber auch voraussichtlich nie im Dienste des Gesundheitswesens im hohen Magistrat
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