Doktor im Glück
verdrück ich mich durch den Personaleingang und leg mich zu Haus ins Bett.»
«Wie zum Teufel, stellst du dir vor, daß ich den Betrieb heute ohne dich bewältige?» Pedro packte ein Tranchiermesser. «Du verläßt dieses Restaurant nur über deine eigene Leiche, verstanden? Wenn dir schlecht wird, dann komm in die Küche, dort kann dir schlecht werden wie jedem andern. Du geh an deine Arbeit.»
Ich schlängelte mich durch die Flügeltür in den Saal zurück. Speisekarte und Serviette ließ ich hinter einen Brotkorb gleiten und schickte mich an, auf die Straße hinauszustürzen. Fast hatte ich den Haupteingang erreicht, als Connie, die ihren Blick gerade herumschweifen ließ, mich entdeckte.
«Oh, da ist ja Gaston! Hallo, Gaston! Speist du auch hier?» Miles wandte sich mißmutig um.
«Oh, hallo, Connie. Ja, sozusagen. Erwarte einen alten Schulkameraden. Einen gewissen Honeybank. Scheint noch nicht aufgekreuzt zu sein.»
«Ein reizendes kleines Restaurant, nicht wahr?»
«Ja, sehr.»
«Du hast dich ja regelrecht in Gala geworfen», brummte Miles.
«Ich gehe noch bummeln heut nacht. Auf einen Ball, und so weiter.»
«Ich finde, Männer sehen im Frack am besten aus», bemerkte Connie. «Du nicht, Miles? Was treibt denn der liebe Pedro so lang?»
Ich dachte bei mir, wahrscheinlich legt der liebe Pedro jetzt das Tranchiermesser in die Schleifmaschine ein, murmelte aber nur, daß ich jetzt unbedingt Weggehen müsse.
«Aber wenn du noch nicht gegessen hast, mußt du mit uns einen Bissen nehmen», drang Connie in mich. «Miles hat sicher nichts dagegen.»
«Keineswegs», knurrte Miles.
«Es ist mir etwas peinlich jetzt —»
«Keine Widerrede, Gaston. Sag dem Kellner, er soll noch einen
Stuhl bringen. Ah, da sind Sie ja, Pedro! Wie sind heute Ihre feinen canneloni?»
«Ganz köstlich, Madame.»
Pedro trat händereibend näher. Ich stand auf einem Bein, an den Tisch gelehnt. Verdammt schwierig ist das, eine Haltung einzunehmen, die gleichzeitig servile Dienstbereitschaft und vertraute Kameradschaft ausdrücken soll.
«Und auch das osso buco ist ausgezeichnet», fügte Pedro hinzu.
«Sollen wir also zuerst canneloni und dann osso buco nehmen?» wandte sich Connie fragend an Miles und mich. «Ich bin schrecklich hungrig.»
«Zweimal canneloni, zweimal osso buco», zischte Pedro mir ins Ohr. «Hast du nicht gehört, was Madame sagte?»
«Wie merkwürdig, eine Bestellung derart zu wiederholen!» rief Miles.
«Nur ein kleines Späßchen», erklärte ich, als Pedro sich entfernte. «Wir kennen einander recht gut.»
Connie seufzte. «Du bist doch ein Glückspilz! Ich kann mir nichts Nützlicheres vorstellen, als mit sämtlichen Gastwirten Londons auf gutem- Fuß zu stehen. Aber setz dich doch endlich, Gaston. Wenn du so herumstehst, fühle ich mich schrecklich ungemütlich.»
«Entschuldigt mich bitte nur eine Sekunde. Muß anrufen — den Schulkameraden. »
Ich glitt in die Küche zurück.
«Was ist mit dir heute abend los, zum Teufel?» fragte Pedro. «Stehst mit dem blöden Grinsen eines besoffenen Affen herum. Wie soll ich mein Restaurant führen, wenn du nicht einmal aufpaßt, was die Gäste bestellen?»
«Hör mal, Pedro. Ich glaub wirklich, ich sollte ins Bett — »
«Nimm das und halte den Mund.»
Er händigte mir zwei Portionen canneloni ein.
«Großer Gott!» rief Miles. «Jetzt bringst du selber das Essen!»
«Haha! Ein weiteres Späßchen! Echt Pedro, wißt ihr. Ich drohe ihm fortwährend mit einer Inspektion des Gesundheitsdienstes in seiner Küche und hab einen Sprung hinein gemacht, um ihn zu überrumpeln. Da die canneloni gerade angerichtet waren, hab ich sie selber gebracht.»
Connie fand das schrecklich lustig.
«Aber du hast ja gar keinen Teller, Gaston. Und setz dich doch bitte endlich.»
«Ich laß mich einfach auf der Lehne dieses Sessels nieder.» Ich nahm eine Position ein, in der ich auch Spinat hätte servieren können. «Das Lokal füllt sich dermaßen, daß Pedro bald keinen freien Sessel mehr übrig hat. Ich selbst werde keine canneloni essen, danke. Darf ich euch behilflich sein?»
«Du servierst ja wie ein gelernter Kellner!» rief Connie aus.
«Hans Dampf in allen Gassen, was?!»
«Fühlst du dich heut abend wirklich ganz wohl?» fragte Miles.
«Oh, danke, ausgezeichnet.»
Die Situation erschien mir einigermaßen hoffnungsvoll, solange die beiden ihre verflixten canneloni herunterschlangen und Pedro nicht wieder auftauchte.
«Wovon sprachen wir eben? Ihr
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