Doktor Proktors Pupspulver
ihnen. Und obgleich es nicht so leicht zu sehen war, jubelte auch Frau Strobe, allerdings innerlich. Während des Jubels flüsterte Lise Bulle noch kurz etwas zu. Da steckte er zwei Finger in den Mund und pfiff so gellend, dass die Fenster schepperten. Gleich war es wieder mucksmäuschenstill.
»Und jetzt eine Nachricht für alle Kinder«, rief Bulle. »Heute Nachmittag verkaufen wir in Lises Garten wieder Pupspulver. Oder, Lise?«
»Ja«, sagte Lise und hüpfte auch aufs Pult. »Und wir setzen den Preis auf zwei Kronen herab, denn... tja, denn das ist billiger.«
»Ist sie nicht klug?«, lächelte Bulle.
Neuer Jubel brach los, und als es gleich danach zur Pause klingelte, wurden Lise und Bulle auf Händen hinausgetragen.
Frau Strobe und Herr Madsen blieben im Klassenzimmer zurück und sahen beiden kopfschüttelnd und lachend nach.
»Das ist mir vielleicht mal ein Paar«, sagte Madsen.
»Ja, wirklich«, sagte Frau Strobe. »Da gibt es nur noch eines, was ich mich frage.«
»Ja?«
»Was ist Truls und Trym auf den Kopf gefallen?«
»Das ist überhaupt das Merkwürdigste«, sagte Madsen. »Ob Sie es glauben oder nicht, das war...ein Kanaldeckel.«
20 . Kapite l
Das Geständnis
s war Abend geworden und am nächsten Tag stand der 17. Mai bevor, der norwegische Nationalfeiertag, an dem alle Kinder und Erwachsene an Festumzügen teilnehmen würden, bis sie Blasen bekamen und ihre Füße so anschwollen, dass sie nicht mehr in die neu angeschafften guten Schuhe passten. Sie würden Hurra rufen, bis sie heiser waren und nicht mal mehr wimmern konnten, wenn sie sich derart an heißen Würstchen und Eis überfuttert hatten, dass es sich anfühlte, als ob sie Stacheldraht im Bauch hätten. Kurz gesagt, es war der Abend vor einem Tag, auf den sich alle freuten, Kinder und Erwachsene.
Und an diesem Abend wachte Truls auf und stellte fest, dass er in einem Krankenhausbett lag. Er sah sich um und entdeckte Trym, der gleich neben ihm lag, ebenfalls in einem Krankenhausbett.
»Was ist passiert?«, fragte Truls. »Warum ist dein Kopf verbunden?«
»Ein Kanaldeckel«, sagte Trym. »Und dein Kopf ist auch verbunden.«
»Wir wollten heute doch Pupspulver verkaufen und uns eine goldene Nase verdienen!«, sagte Truls. »Und morgen ist der 17. Mai!«
»Und wir wollten Trompete spielen«, sagte Trym betrübt.
Da ging die Tür zu ihrem Zimmer auf und ein Krankenpfleger kam herein.
»Hallo Jungs«, sagte er. »Besuch für euch. Zwei Personen.«
»Papa!«, rief Truls, der vor Erleichterung fast anfing zu weinen.
»Und Mama!«, wimmerte Trym.
»Nicht so ganz«, sagte der Pfleger und trat beiseite.
Und Truls und Trym erstarrten in ihren Betten. Denn vor ihnen standen zwei, die uns hier schon einmal begegnet sind. Beide in Polizeiuniformen und mit Einmachgläsern unterm Arm, denen wir auch schon mal begegnet sind.
»Guten Abend, die Herren«, sagte der Hängebart. »Ich will hoffen, dass ihr keine bleibenden Schäden davongetragen habt.«
»Und ich hoffe«, sagte der Zwirbelbart, »ihr gesteht sofort, dass ihr in Doktor Proktors Keller eingebrochen seid.«
»Und diese Einmachgläser gestohlen habt«, sagte der Hängebart.
»I-ich war das n-n-nicht«, stotterte Truls.
»Und ich sowieso nicht«, piepste Trym.
»Wir haben einen Tipp bekommen und sie in eurer Garage gefunden«, sagte der Hängebart.
»Und dort haben wir auch zwei Paar Schuhe mit Glassplittern in den Sohlen gefunden. Die sehen ganz so aus wie die Splitter des Kellerfensters. Ihr seid überführt.«
»Aber wenn ihr jetzt sofort gesteht, dann müsst ihr vielleicht doch nicht ins Totenmannsloch.«
»I-ich war d-d-das«, stotterte Truls.
»Nein, ich«, piepste Trym.
»Und Papa«, sagte Truls.
»Ja, Papa sowieso«, sagte Trym. »Er...er...erhat uns da reingezogen.«
»Ja, genau«, sagte Truls.
»Hm«, sagte der Hängebart. »Herr Thrane also! Hab ich mir’s doch gedacht. Wir sollten eine Suchmeldung herausgeben.«
»Ja«, sagte der Zwirbelbart. »Und zwar schleunigst. Weder er noch der hässliche Hummer sind zu Hause.«
Der Hängebart zückte sein Mobiltelefon und rief auf der Wache an: »Rundruf an alle Streifenwagen: Schwarz lackierten Hummer anhalten. Wir suchen einen Thrane. Er ist äußerst gefährlich. Ich wiederhole: äußerst gefährlich!«
Und das war der Auftakt zur größten Verfolgungsjagd auf den Straßen von Oslo, die es jemals gegeben hatte. Wir gehen hier nicht ins Detail, aber über einhundert Streifenwagen verfolgten Herrn Thranes
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