Dokument1
schrecklich gewesen wäre - breitete sich auf seinen Zügen aus. Er schien um Jahre gealtert und grau geworden zu sein.
»Arnie«, sagte er, und er schien sich die Worte abringen zu müssen, als wären die Trägheitskräfte, die ihnen entgegenstan-den, fast unüberwindlich für ihn, »Arnie, es tut mir so leid.«
»Yeah«, sagte Arnie, wandte sich ab und öffnete die Fahrertür. Der angenehme Duft eines gepflegten Autos schlug ihm entgegen. »Das habe ich daran gemerkt, wie du für mich eingetreten bist.«
»Bitte«, sagte er, »für mich ist es hart. Härter, als du glaubst.«
Etwas in der Stimme seines Vaters zwang Arnie, sich ihm wieder zuzuwenden. Michaels Augen waren verzweifelt und unglücklich.
»Ich sagte nicht; daß ich für dich eintreten wollte«, sagte Michael. »Ich verstehe nämlich auch ihren Standpunkt, weißt du? Ich habe gesehen, wie du sie bedrängt hast, entschlossen, deinen Willen um jeden Preis durchzusetzen…«
Arnie ließ ein bitteres Lachen hören. »Mit anderen Worten -
ich war wie sie.«
»Deine Mutter befindet sich in den Wechseljahren«, erwiderte Michael leise. »Es ist eine sehr schwierige Zeit für sie.«
Arnie blinzelte ein paarmal, zuerst war er nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Als habe sein Vater ihm plötzlich etwas auf chinesisch gesagt, es schien mit ihrer Auseinandersetzung nicht mehr zu tun zu haben als die Baseball-Ergebnisse.
»Wie bitte?«
»Die Wechseljahre. Sie hat Angst. Sie trinkt zuviel, und manchmal hat sie auch Schmerzen. Nicht oft«, setzte er rasch hinzu, als er das Erschrecken in Arnies Augen sah, »und sie war auch schon beim Arzt. Es sind nur die Wechseljahre. Aber sie befindet sich in einem emotionalen Aufruhr. Du bist ihr einziges Kind, und so wie es ist, sieht sie doch nur, daß sie das Beste für dich tut, egal, was es kostet.«
»Sie will es so haben, wie es ihr paßt. Das ist ja nicht neu. Sie hat immer nur ihren Kopf durchgesetzt.«
»Daß sie glaubt, daß das, was sie für richtig hält, auch für dich das Richtige wäre, ist für sie selbstverständlich«, sagte Michael. »Aber wieso glaubst du, daß du so anders bist? Oder besser? Du hast es dort drinnen auf eine Kraftprobe mit ihr ankommen lassen, das wußte sie. Ich wußte es auch.«
»Sie fing damit an…«
»Nein, du fingst damit an, als du den Wagen nach Hause brachtest. Du wußtest sehr genau, was sie davon hielt. Und sie hat recht, du hast dich verändert. Das fing an jenem Tag an, als du mit Dennis nach Hause kamst und uns erzähltest, du hättest dir einen Wagen gekauft. Seither geht das so. Glaubst du vielleicht, das würde sie nicht aufregen? Oder mich? Wenn dein Kind plötzlich Persönlichkeitsmerkmale entwickelt, von deren Existenz du nichts geahnt hast?«
»He, Dad, nun mach mal langsam. Das ist doch ein biß-
chen…«
»… übertrieben? Wir sehen dich doch nie! Entweder arbei-test du an deinem Wagen oder bist mit Leigh unterwegs.«
»Dad, jetzt hörst du dich an wie sie.«
Da grinste Michael plötzlich - aber es war ein trauriges Grinsen. »Da befindest du dich in einem Irrtum, auf einem ganz gewaltigen Holzweg. S ie redet so, wie es ihre Art ist, und du tönst genau so wie sie, aber ich versuche nur, zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln wie ein Kommandant von einer verdammten UN-Friedensstreitmacht, die von beiden Seiten Zunder bekommt.«
Arnie sank ein wenig zusammen, und seine Hand fand den Wagen wieder, begann zu streicheln, zu streicheln…
»Okay«, sagte er dann. »Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Ich begreife zwar nicht, warum du dich von ihr herum-kommandieren läßt, aber okay.«
Das traurige, gedemütigte Grinsen blieb - ein wenig dem Grinsen eines Hundes vergleichbar, der an einem heißen Som-mertag stundenlang einen Igel gejagt hatte. »Vielleicht werden gewisse Dinge zu einer lebenslangen Gewohnheit. Und vielleicht gibt es dafür Entschädigungen, die du nicht begreifst und die ich dir nicht erklären kann. Wie zum Beispiel… nun, ich liebe sie, weißt du?«
Arnie zuckte mit den Achseln. »Okay… und was nun?«
»Fahr mich mal mit deinem Schlitten.«
Arnie sah ihn überrascht, dann erfreut an: »Aber sicher doch.
Steig ein. Wohin sollen wir denn fahren?«
»Zum Flughafen.«
Arnies Augenbrauen hoben sich. »Zum Flugplatz? Weshalb?«
»Ich sage es dir unterwegs.«
»Und was ist mit Regina?«
»Deine Mutter ist zu Bett gegangen«, antwortete Michael ruhig, und Arnie errötete ein wenig.
Arnie war ein sicherer
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