Dokument1
Ich glaube, sie… oh, Himmel, ich weiß es nicht.«
Er brach ab, sah seinen Sohn an. Arnie saß da, die Stirn gerunzelt.
»Nimm ihn mit zum College. Selbst wenn deine Wahl auf eine Schule fällt, die keine Parkplätze für die Erstsemestler hat, gibt es immer noch Mittel und Wege…«
»Ihn zum Beispiel auf dem Flugplatz abzustellen?«
»Ja. Auch das wäre eine Möglichkeit. Wenn du übers Wochenende nach Hause kommst, wird sich Regina so sehr über das Wiedersehen freuen, daß sie den Wagen mit keinem Wort erwähnt. Himmel, sie wird vielleicht sogar den Wagen in der Einfahrt waschen und polieren, nur weil sie hören will, was du in der Woche erlebt hast. Zehn Monate.
Dann ist das alles vorbei. Dann können wir wieder Frieden in der Familie haben. Nun los schon, Arnie, fahr weiter.«
Arnie fuhr aus der Einfahrt der Reinigung und fädelte sich wieder in den Verkehr ein.
»Ist das Ding überhaupt versichert?« fragte Michael unvermittelt.
Arnie lachte. »Willst du mich auf den Arm nehmen?
Wenn in diesem Staat dein Wagen nicht haftpflichtversichert ist und du einen Unfall hast, bringen dich die Bullen um.
Ohne Haftpflicht bist immer du schuld, selbst wenn der andere direkt vom Himmel fällt und auf deinem Wagendach landet. Das ist eine von diesen Methoden, mit denen die Scheißer Jugendliche von den Straßen im Staate Pennsylvania fernhalten.«
Michael wollte Arnie daran erinnern, daß eine unverhältnismäßig hohe Zahl der tödlichen Unfälle in Pennsylvania von jugendlichen Fahrern verursacht wurde - 41 Prozent -
(Regina hatte ihm diese statistische Information aus der Sonntagsbeilage vorgelesen und die Zahl im düsteren, apokalyptischen Tonfall wiederholt: »Ein-und-vier-zig-Pro-zent!«, kurz nachdem Arnie seinen Wagen gekauft hatte); aber Arnie würde so etwas jetzt bestimmt nicht hören wollen…
nicht in dieser gereizten Stimmung.
»Nur Haftpflichtversicherung?«
Sie passierten ein Leuchtschild mit der Aufschrift: ZUM
FLUGHAFEN LINKS EINORDNEN. Arnie schaltete seinen Blinker ein und wechselte die Fahrbahn. Michael schien sich ein wenig zu entspannen.
»Du kannst erst mit einundzwanzig eine Vollkasko abschlie-
ßen. Diese Scheiß-Versicherungsgesellschaften wissen zwar nicht, wohin mit ihrem vielen Geld, aber Risiko ist für sie ein Fremdwort. Die versichern dich nur, wenn sie wissen, daß sie einen Reibach machen können.«
Michael hörte seinem Sohn stumm zu, betroffen und auch ein wenig verletzt von dem bitteren, gereizten und auch ordi-nären Ton, den sein Sohn angeschlagen hatte. So etwas war Michael von Arnie nicht gewohnt. Er hatte geglaubt, Arnie verwendete Wörter aus der Vulgärsprache nur im Umgang mit seinesgleichen (so drückte er sich später Dennis Guilder gegen-
über aus, scheinbar ohne zu wissen, daß der Umgang mit
»seinesgleichen« sich bisher auf Dennis Guilder beschränkt hatte), vor Regina oder ihm selbst hatte Arnie sie bisher nicht benutzt.
»Ob du eine Fahrprüfung abgelegt oder Vorstrafen hast, ist denen egal«, fuhr Arnie fort. »Du bekommst keine Vollkasko, weil es ihre Versicherungsmathematiker sagen, nein, du bekommst sie nicht. Und mit einundzwanzig bekommst du sie auch nur, wenn du ein Vermögen dafür bezahlst - in der Regel sind die Prämien dafür höher, als dein Wagen nach den amtli-chen Schätzungen überhaupt wert ist, und erst mit dreiundzwanzig oder als Verheirateter sind die Prämien dann erschwinglich. Ja, diese Scheißer haben sich das alles sehr gut ausgerechnet.«
Vor ihnen glommen die Flughafenlichter, die Landebahnen mit ihren geheimnisvollen Parallelen blauer Leuchtfeuer.
»Wenn mich mal jemand fragen sollte, wen ich für den primi-tivsten Vertreter der menschlichen Rasse halte, dann werde ich ihm sagen, das sind für mich die Versicherungsagenten.«
»Du hast dich ja sehr intensiv damit beschäftigt«, bemerkte Michael. Er drückte sich sehr vorsichtig aus, weil Arnie offenbar nur auf ein Stichwort wartete, um sich in einen neuen Wutanfall hineinsteigern zu können.
»Ich bin bei fünf verschiedenen Versicherungen gewesen.
Trotz Mamas gegenteiliger Behauptung bin ich nicht darauf aus, mein Geld zum Fenster hinauszuwerfen.«
»Und du hast nur die Haftpflicht abschließen können?«
»Ja. Sechshundertundfünfzig Dollar pro Jahr.«
Michael pfiff leise vor sich hin.
Das nächste Leuchtschild bedeutete, die beiden linken Fahr-spuren seien für Parker, die rechte führte zum Abfertigungsge-bäude. Vor der Zufahrt zu den Parkplätzen
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