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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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versuchte sie es noch einmal.
    Er blieb stehen. Er blickte durch das Loch in der Scheibe der Fahrertür. Ein schrecklicher wimmernder Laut löste sich aus der Tiefe seiner Brust, ein Dschungel-Laut. Sie blickte über seine Schulter, sah, und spürte plötzlich ein verrücktes Bedürfnis zu lachen, zu schreien und gleichzeitig in Ohnmacht zu fallen. Auf dem Armaturenbrett… sie hatte es anfangs nicht bemerkt; inmitten des Zerstörungswerkes hatte sie zunächst nicht gesehen, was da auf dem Armaturenbrett lag. Und sie fragte sich, während ihr Brechreiz bis in die Kehle drängte, wer so gemein, so abgrundtief gemein sein konnte, etwas derartiges, Abstoßendes…
    »Scheißer!« schrie Arnie, und seine Stimme war nicht seine eigene. Sie war hoch, schrill und knarrte vor Zorn.
    Leigh drehte sich um und übergab sich, hielt sich dabei blindlings an dem Wagen fest, der neben Christine stand, sie sah kleine weiße Punkte vor ihren Augen, die sich ausdehnten wie aufquellender Puffreis. Dunkel dachte sie an den Jahr-markt; jedesmal schleppten sie eine alte Karre vom Autofriedhof auf ein Podest, daneben ein Vorschlaghammer, und jeder durfte für fünfundzwanzig Cents dreimal mit dem Hammer zuhauen und den Wagen zu Schrott zertöppern; aber nicht…
    nicht so etwas.
    »Ihr gottverfluchten Scheißer!« kreischte Arnie. »Euch krieg ich! Ich kriege euch, und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Leben tue!«
    Leigh übergab sich zum zweitenmal, und einen schrecklichen Augenblick lang ertappte sie sich bei dem Gedanken, es wäre besser gewesen, sie hätte Arnie Cunningham nie kennengelernt.

27 Arnie und Regina
    Would you like to go riding
    In my Buick ‘59?
    I said, would you like to go riding
    In my Buick 59?
    It’s got two carburetors
    And a supercharger up the side.
    - The Medaillons
    Um viertel vor zwölf schloß er die Haustür auf. Der Anzug^den er für den Einkaufsbummel in Pittsburgh angezogen hatte, war schmier- und schweißbefleckt. Seine Hände sahen noch schmutziger aus als der Anzug, und ein flacher, korkenzieher-artiger Riß auf dem linken Handrücken wirkte wie ein Brandmal. Er hatte einen starren Gesichtsausdruck und dunkle Ringe unter den Augen.
    Seine Mutter saß am Tisch und legte Patiencen. Sie hatte darauf gewartet, daß er nach Hause kam, und diesen Augenblick zugleich gefürchtet. Leigh hatte angerufen und mitgeteilt, was passiert war. Das Mädchen, das einen guten Eindruck auf Regina gemacht hatte (vielleicht nicht ganz gut genug für ihren Sohn), hatte so geklungen, als wäre es in Tränen aufgelöst.
    Regina hatte rasch aufgelegt und, tief beunruhigt, die Nummer von Darnells Werkstatt gewählt. Leigh hatte ihr gesagt, daß Arnie dort einen Abschleppwagen angefordert hatte und mit zu Darnells Werkstatt zurückgefahren war. Leigh hatte er trotz ihrer Proteste in ein Taxi gesetzt und heimgeschickt. Nach dem zweiten Läuten meldete sich eine asthmatische, doch zugleich bellend rauhe Stimme: »Ja? Hier Darnell’s.«
    Sie hatte aufgelegt, weil sie einsah, daß es ein Fehler wäre, mit Arnie dort zu sprechen - denn es schien, daß sie und Mike schon genug Fehler gemacht hatten, was Arnie und seinen Wagen betraf. Sie wollte lieber warten, bis er nach Hause kam.
    Ihm dann das sagen, wa« sie sagen mußte, während sie ihm ins Gesicht blickte.
    Sie sagte es jetzt: »Arnie, es tut mir leid.«
    Es wäre besser gewesen, wenn Mike auch hätte dabeisein können. Doch er befand sich in Kansas City bei einer Tagung von Historikern, die sich mit dem Thema der Entfaltung des freien Unternehmertums im Mittelalter befaßte. Er würde erst am Sonntag zurückkommen, falls ihn dieses Ereignis nicht veranlaßte, vorzeitig abzureisen. Sie hielt das für möglich. Sie begriff - nicht gänzlich ohne Reue -, daß ihr erst jetzt der Ernst der Situation in vollem Umfang klar wurde.
    »Es tut dir leid«, wiederholte Arnie mit tonloser, akzentloser Stimme.
    »Ja, ich… vielmehr wir.. .« Sie konnte nicht weiter. Diese hölzerne Leblosigkeit seines Gesichts war erschreckend. Seine Augen waren stumpf. Sie konnte ihn nur ansehen und den Kopf schütteln, während ihre Augen brannten, den verhaßten Geschmack von Tränen in Nase und Kehle. Sie haßte es, wenn sie weinen mußte. Sie besaß einen starken Willen, war eines von zwei Mädchen in einer katholischen Familie gewesen, die aus einem auf dem Bau arbeitenden Vater bestand, einer von Sorgen und vielem Gebären erschöpften Mutter und sieben Brüdern - ein Mädchen, das fest

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