Dokument1
kratzt:
»Dein Freund wird ein Starthilfekabel im Kofferraum haben, nehme ich an.«
Nun, ich hatte tatsächlich eine Starthilfe im Kofferraum; aber daß LeBay meinen Freund auf diese Idee brachte, paßte mir gar nicht. Es paßte mir nicht, weil… ich seufzte leise.
Weil ich nicht hineingezogen werden wollte in Arnies zukünftige Beziehungen zu diesem alten Schlitten, den er sich gekauft hatte. Aber schon jetzt zeichnete sich ab, daß ich darin verwickelt würde, Schritt für Schritt.
Arnie hatte sich aus unserem Gespräch vollkommen ausgeschaltet. Er ging in die Garage und setzte sich in den Wagen.
Die Sonnenstrahlen fielen schräg in die Garage hinein, und ich sah, wie kleine Staubwolken aufstiegen, als Arnie sich setzte, und mit einer Reflexbewegung strich ich mir mit beiden Händen über den eigenen Hosenboden. Sekundenlang saß er nur da, die Hände locker auf das Lenkrad gelegt, und ich empfand mein eigenes Unbehagen wieder. In gewisser Weise war es so, als habe der Wagen ihn verschluckt. Werd nur nicht kindisch, ermahnte ich mich. Du hast keinen Grund, dich wie ein schreckhaftes kleines Gänschen zu benehmen.
Und dann beugte sich Arnie ein wenig vor. Die Kurbelwelle begann sich zu drehen. Ich warf LeBay einen wütenden, anklagenden Blick zu; doch er stierte immer noch in den Himmel, als zöge ein Unwetter am Horizont herauf.
Der Motor würde nicht anspringen. Nein, das würde er ganz bestimmt nicht. Mein Duster war in einem ziemlich guten Zustand; doch die beiden Schlitten, die ich vor ihm gehabt hatte, waren ebenfalls schrottreife Kisten gewesen (nicht ganz so schrottreif, denn beide waren viel jünger gewesen als Christine), und ich kannte diese Geräusche nur zu gut, wenn an frostigen Wintertagen morgens die Kurbelwelle sich so langsam und müde drehte. Das bedeutete, daß die Batterie zu Tode erschöpft war.
Rurr-rurr-rurr… rurr… rurr… … rurr… … rurr -
»Das hat gar keinen Zweck, Arnie«, sagte ich. »Eher gibt die Batterie ihren Geist auf, als daß der Schlitten anspringt.«
Er hob nicht einmal den Kopf. Er schaltete die Zündung aus und probierte es dann noch einmal. Wieder dieses qualvoll langsame, orgelnde Geräusch.
Ich ging zu LeBay hinüber. »Mußte das sein?« fragte ich.
»Konnten Sie nicht wenigstens den Motor so lange laufen lassen, bis die Batterie ein bißchen Saft bekam?«
LeBay schaute mich nur stumm mit seinen gelbstichigen, wäßrigen Augen an und suchte dann wieder den Himmel nach Regenwolken ab.
»Oder vielleicht ist er gestern auch nicht angesprungen.
Vielleicht haben Sie sich ein paar Freunde geholt, die Ihnen halfen, den Schlitten in die Garage zu schieben. Wenn so ein alter Vogel wie Sie überhaupt Freunde hat.«
Nun fixierte er mich etwas gründlicher. »Söhnchen«, sagte er, »du weißt nicht alles. Du hast ja noch Eierschalen hinter den Ohren. Wenn du erst mal wie ich ein paar Kriege erlebt und durchgestanden hast, ja dann…«
»Ihre Kriege können Sie sich in den Hintern stecken«, sagte ich und ging in die Garage, wo Arnie immer noch versuchte, den Motor zu starten. Ebensogut hätte er versuchen können, den Atlantik mit einem Strohhalm auszutrinken oder mit einem Heißluftballon auf dem Mars zu landen, dachte ich.
Rurr… … . . rurr… … … . rurr.
Es würde nicht mehr lange dauern, bis das letzte Ohm und Ampere aus der alten säurezerfressenen Versandhaus-Batterie herausgesaugt war, und dann endete die Orgelei mit den trübsinnigsten aller automobilen Geräusche, wie man sie am häufigsten bei Regentagen auf verschlammten Landstraßen oder auf der Standspur der Autobahnen zu hören bekommt: das dumpfe, sterile, ohnmächtige Klicken des Magnetzünders und dann ein Schnarren, als würde ein Sargdeckel geschlossen.
Ich öffnete die Fahrertür. »Ich hole meine Überbrückungs-kabel«, sagte ich.
Er sah mich an. »Ich glaube, sie wird noch anspringen. Mir zuliebe«, sagte er.
Ich spürte, wie sich meine Lippen zu einem breiten, ungläubigen Grinsen verzogen. »Ich hole sie trotzdem.«
»Sicher«, erwiderte er geistesabwesend, »wenn es dir Spaß macht.«
Und dann, mit einer Stimme, so leise, daß ich ihn kaum verstehen konnte: »Nun komm schon, Christine.«
Im gleichen Moment meldete sich diese Stimme wieder in meinem Kopf und sagte: Laß uns bummeln gehen, Süßer … laß uns losfahren - und ich erschauerte.
Abermals drehte er den Schlüssel im Zündschloß. Was ich erwartete, war dieses ohnmächtige Geräusch der Magnetzündung und
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