Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
einen Schuh-karton gelegt hatten, auf dem Schoß. Und ich redete ununterbrochen auf ihn ein, der Tierarzt würde ihn schon wieder gesund machen und alles werde wieder gut; doch selbst ich mit meinen neun Jahren hatte begriffen, daß da nicht mehr viel zu machen war, wenn die blutigen Gedärme aus dem Hintern herausschauten und der ganze Karton und auch sein Fell voll Scheiße waren. Er lag im Sterben. Ich wollte ihn streicheln, doch er biß mir in die Hand, in die empfindliche Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger. Das war ein schlimmer Schmerz; doch dieses elende Gefühl des Mitleids war noch viel schlimmer. So etwas habe ich seither nie mehr empfunden. Ich bedaure das nicht, denn meiner Meinung nach sollten Menschen nicht zu häufig von solchen elenden Gefühlen heimge-sucht werden. Ich könnte mir vorstellen, daß eine Über-schwemmung mit solchen Gefühlen einen Menschen glatt in die Klapsmühle bringen kann.
    LeBay stand auf seinem räudigen Rasen direkt neben dem braunen Fleck, wo das Öl nichts mehr wachsen ließ. Er hielt ein großes kariertes Taschentuch in der Hand und wischte sich damit die Augen aus. Die Tränen schimmerten schlierig auf seinen Wangen, sie sahen eher wie Schweiß aus. Der Adamsapfel hüpfte auf und ab.
    Ich wandte den Kopf, damit ich ihm nicht beim Weinen zusehen mußte, und mein Blick fiel wieder in die offene Garage. Vorhin war sie prall voll gewesen, die Gartengeräte an den Wänden, aber hauptsächlich dieser riesige Schlitten mit seinen Doppelscheinwerfern, der Panoramascheibe und der enorm breiten Frontpartie. Jetzt wirkte das Zeug, das da noch an den Wänden stand, wie Gerumpel, das nach einem Umzug zurückgelassen worden war. Es unterstrich noch die gähnende Leere dazwischen. Sie klaffte wie ein zahnloser Mund.
    Sie war fast so deprimierend wie LeBay selbst. Als ich zu ihm hinüberblickte, hatte der alte Bastard sich schon wieder gefangen - fast. Er leckte nicht mehr aus den Augen, und das Schnupftuch steckte wieder in der Gesäßtasche seiner Altmännerhose. Aber sein Gesicht war noch dumpf. Sehr dumpf.
    »Nun, das war es wohl«, sagte er heiser. »Sie ist aus meinem Leben getreten, Söhnchen.«
    »Mr. LeBay«, erwiderte ich, »ich wünschte, mein Freund könnte dasselbe sagen. Wenn Sie wüßten, was für einen Krach er wegen dieser Rostlaube mit seinen Eltern hatte…«
    »Geh mir aus den Augen«, unterbrach er mich heftig. »Du tönst herum wie ein gottverdammtes Schaf: bäh, bäh, bäh - das ist alles, was ich bisher von dir gehört habe. Ich glaube, dein Freund hat mehr Verstand als du. Fahr ihm nach, für den Fall, daß er Hilfe braucht.«
    Ich ging über den Rasen zu meinem Auto zurück. Ich hatte keine Lust mehr, mich mit dem Alten anzulegen.
    »Nichts als bäh, bäh, bäh!« rief er mir schrill hinterher, und dabei fiel mir ein alter Hit von den Youngbloods ein -l am a one-note Man, l play it all I am, »Du bist nur halb so schlau, wie du dir vorkommst!«

    Ich stieg in meinen Wagen und fuhr los. Als ich in die Martin Street bog, blickte ich noch einmal zurück und sah ihn immer noch auf dem Rasen stehen, das Licht der untergehenden Sonne auf seiner Glatze. Es stellte sich heraus, daß er recht hatte.
    Ich war nicht halb so schlau, wie ich mir vorkam.
    5 Wie wir zu Darnells Werkstatt kamen
    I got a ‘34 wagon and we call it a woody, You know she’s not very cherry,
    She’s an oldy but a goody…
    - Jan and Dean
    Ich fuhr die Martin Street hinunter zur Walnut Street, dann rechts in den Basin Drive. Es dauerte nicht lange, bis ich Arnie eingeholt hatte. Er stand am Bordsteinrand, und Christines Kofferraumdeckel klappte hoch. Ein Ungetüm von Wagenheber, mit dem LeBays Vorfahren wahrscheinlich schon die Speichenräder ihrer Prärieschoner gewechselt hatten, lehnte am hinteren eingedellten Kotflügel. Das rechte Hinterrad hatte einen Platten.
    Ich hielt hinter ihm an und wollte gerade aussteigen, als eine junge Frau aus ihrem Haus kam und sich durch einen Irrgarten von Vorgartenzwergen und Plastikfiguren hindurch auf die Straße zubewegte (die auffälligsten Stücke ihrer Sammlung waren zwei fleischfarbene Plastikflamingos, vier kleine Steinen-ten in eingefrorenem Watschelgang hinter ihrer Mutterente und ein Riesenzwerg, der mit beiden Armen einen mit quitten-gelben Wachsblumen-Narzissen gefüllten Eimer an seine Brust drückte). Die junge Frau brauchte dringend einen Diätberater.
    »Sie können den Schrott nicht einfach hier vor unserem Haus abladen«, sagte sie,

Weitere Kostenlose Bücher