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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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letzten Bekenntnis, als versuchte sie, einer offensichtlichen Absurdität das Grauenhafte zu nehmen, doch ich lachte nicht mit. Ich erinnerte mich an George LeBays trockene Stimme, als wir in den billigen Plastikstühlen auf der Veranda des Rainbow-Motel saßen und er mir die Geschichte von Roland, Veronica und Rita erzählte. Ich erinnerte mich daran, und mein Verstand stellte unaussprechliche Verbindungen her. Eine ganze Reihe von Lichtern gingen mir auf. Was sie enthüllten, gefiel mir nicht. Mein Herz fing heftig an zu pochen; und ich hätte unmöglich in ihr Gelächter einstimmen können, selbst wenn mein Leben davon abgehangen hätte.
    Sie berichtete mir auch von dem Ultimatum, das sie ihm gestellt hatte - sie oder der Wagen. Sie erzählte mir von Arnies wütender Reaktion. Es war das letztemal, daß sie mit ihm ausgewesen war.
    »Und dann wurde er verhaftet«, fuhr sie fort, »und ich begann nachzudenken… nachzudenken, was mit Buddy Repperton und den anderen Jungen geschehen war… und Moochie Welch…«
    »Und nun Vandenberg und Darnell.«
    _»Ja. Aber das ist noch nicht alles.« Sie nahm einen Schluck aus dem Glas und goß sich nach. Die Blechdose stieß klappernd gegen den Glasrand. Heiligabend, als ich dich anrief, waren meine Eltern auf ein paar Drinks beim Boss meines Vaters. Ich wurde plötzlich nervös. Ich dachte an… oh, ich weiß nicht mehr, woran ich gedacht habe.«

    » I c h glaube, du weißt das sehr genau.«
    Sie preßte eine Hand gegen die Stirn und massierte sie, als bekäme sie Kopfschmerzen. »Ja, ich glaube schon. Ich dachte daran, daß der Wagen unterwegs sein könnte. Sie. Unterwegs und hinter ihnen her. Aber wenn sie wirklich am Weihnachtsabend unterwegs war, dann hatte sie vermutlich genug zu tun, ohne meine Eltern…« Sie stellte das Glas so heftig ab, daß ich zusammenzuckte. »Und weshalb rede ich immer von diesem Wagen, als wäre er eine Person?« rief sie laut. Tränen rannen über ihre Wangen. «Warum tue ich das dauernd?«
    An diesem Nachmittag erkannte ich nur allzu deutlich, wo es hinführen mußte, wenn ich sie tröstete. Arnie stand zwischen uns - und auch ein Teil von mir. Ich kannte ihn schon so lange.
    Eine lange, gute Zeit.
    Aber damals war damals, und jetzt war jetzt.
    Ich nahm meine Krücken, stampfte hinüber zur Couch und ließ mich neben sie fallen. Die Polster seufzten. Es war kein unanständiger Laut, aber fast.
    Meine Mutter hat immer eine Schachtel mit Kleenex-Tüchern in der Schublade des Beistelltisches. Ich zupfte ein Tuch heraus, sah Leigh an und zupfte gleich eine ganze Handvoll heraus. Ich gab sie ihr, und sie bedankte sich. Und dann, wobei ich mich selbst nicht besonders mochte, legte ich einen Arm um sie und hielt sie fest.
    Für einen Moment versteifte sie sich… und dann ließ sie es zu, daß ich sie an meine Schulter drückte. Sie zitterte. So saßen wir, beide ängstlich, auch nur die leiseste Bewegung zu machen. Ängstlich, wir könnten explodieren. Oder sonst was.
    Auf dem Kaminsims an der gegenüberliegenden Wand tickte wichtigtuerisch die Uhr. Das helle Licht der Wintersonne fiel durch die Erkerfenster, die drei Ansichten der Straße vermittel-ten. Der Sturm hatte sich bereits am Mittag des Weihnachtsta-ges ausgetobt, und nun schien der wolkenlose blaue Himmel zu leugnen, daß es überhaupt so etwas wie Schnee gab - doch die dünenartigen Verwehungen in den Vorgärten entlang der Straße, die an vergrabene Dinosaurier denken ließen, bestätigten es.
    »Der Geruch«, sagte ich schließlich. »Bist du sicher, daß es ihn überhaupt gab?«

    »Natürlich gab es ihn!« sagte sie, nahm den Kopf von meiner Schulter und setzte sich wieder aufrecht. Ich zog den Arm wieder an mich - mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung. »Er war tatsächlich vorhanden - ein fauler, widerlicher Geruch.« Sie sah mich an. »Warum fragst du? Hast du ihn auch schon bemerkt?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte ihn nicht bemerkt. Nicht bewußt.
    »Was weißt du dann von dem Wagen?« fragte sie. »Du weißt etwas. Ich sehe es in deinem Gesicht.«
    Nun war ich an der Reihe, gründlich und lange nachzudenken, und seltsamerweise kam mir ein Bild von einer Kernspal-tung aus einem wissenschaftlichen Lehrbuch in den Sinn. Eine Karikatur.
    Nun erwartet man natürlich keine Karikaturen in wissenschaftlichen Lehrbüchern; doch, wie ein schlauer Kopf einmal zu mir sagte, gibt es viele verschlungene Wege und skurrile Möglichkeiten auf dem Bildungsweg, um die

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