Dokument1
Dennis.
Werden Kinder haben und all den Scheiß.«
Ich strengte mich an, mein Pokergesicht zu behalten. »Weiß sie das schon?«
Er lachte. »Wo denkst du hin? Noch nicht. Aber sie wird es erfahren. Schon bald. Ich liebe sie, und nichts wird etwas daran ändern können.« Das Lachen verebbte. »Was hat sie dir denn von Christine erzählt?«
Wieder eine Tretmine.
»Sie sagte, daß sie den Wagen nicht mag. Ich glaube … , daß sie vielleicht ein bißchen eifersüchtig ist.«
Da hatte ich abermals das Richtige getroffen. Er entspannte sich noch mehr. »Ja, das stimmt. Aber sie wird sich schon wieder fangen, Dennis. Bei der wahren Liebe geht es niemals so glatt; aber sie kommt schon wieder zur Vernunft, keine Sorge. Wenn du sie wiedersiehst, sag ihr, daß ich demnächst anrufen werde. Oder daß ich mit ihr rede, wenn die Schule wieder anfängt.«
Ich überlegte, ob ich ihm sagen sollte, daß sich Leigh zur Zeit in Kalifornien befand, und beschloß, ihm das lieber zu ver-schweigen. Und ich fragte mich, was dieser neuerdings miß-
trauische Arnie wohl täte, wenn er wüßte, daß ich das Mädchen, das er heiraten wollte, geküßt hatte, sie in meinen Armen gehalten hatte … daß ich mich in sie verliebte.
»Schau mal, Dennis!« rief Arnie und deutete auf den Fernseher.
Sie hatten wieder zum Times Square in New York umge-schaltet, und die Menge war ein mächtiger, immer noch wachsender Organismus. Die Uhr zeigte kurz nach halb zwölf. Das alte Jahr ging seinem Ende entgegen.
»Schau dir diese Scheißer an!« rief Arnie mit seinem schrillen, aufgeregten Kichern, leerte seine Bierdose und ging dann hinunter in den Keller, um einen neuen Sechser-Pack zu holen. Ich saß in meinem Sessel und dachte über Welch, Repperton, Trelawney, Stanton, Vandenberg und Darnell nach. Ich dachte darüber nach, wie Arnie - oder das, was inzwischen aus Arnie geworden war - sich einbilden konnte, er und Leigh hätten nur eine kleine Auseinandersetzung gehabt, und daß sie am Ende des Schuljahres verheiratet wären wie in den Liebesschnulzen der fünfziger Jahre.
O Gott, ich hatte vielleicht eine Gänsehaut.
Wir erlebten den Beginn des neuen Jahres.
Arnie holte ein paar Knallfrösche und Partyscherze hervor -
diese Dinger, die >puff< machen und dann eine Wolke Konfetti in die Luft schleudern. Wir stießen auf 1979 an und redeten über ein paar unverfängliche Themen, zum Beispiel über die Phillies, die am Ende der Herbstsaison so grausam eingebro-chen waren, und über^die Steelers, die vermutlich ihren Sieges-zug ungebrochen bis zum Supercup fortsetzen würden.
In der Schüssel schimmerte schon der Boden unter dem Popcorn durch, als ich mein Herz in die Hand nahm und ihm eine der Fragen stellte, die ich bisher vermieden hatte: »Arnie?
Wie ist das deiner Meinung nach mit Damell passiert?«
Er blickte mich scharf an und dann zurück auf die Mattscheibe, wo Leute mit Konfetti in den Haaren tanzten. Er nahm noch einen Schluck Bier. »Die Leute, mit denen er Geschäfte machte, brachten ihn zum Schweigen, ehe er zuviel reden konnte. Das ist meine Meinung.«
»Die Leute, für die er gearbeitet hat?«
»Will pflegte zu sagen, die Südstaaten-Ganoven wären schon schlimm genug«, erwiderte Arnie, »aber die Kolumbianer wären noch viel schlimmer.«
»Wer sind denn die…«
»Die Kolumbianer?« Arnie lachte zynisch. »Kokain-Cowboys
- so nennt man sie auch. Will behauptete, die brächten einen schon um, wenn man ihre Frauen zu heiß anschaute - und manchmal auch dann, wenn man ihre Frauen nicht zu heiß anschaute. Vielleicht haben ihn die Kolumbianer umgebracht.
Zuzutrauen wäre es ihnen.«
»Hast du auch Koks für Darnell geschmuggelt?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich habe Zeug für Will geschmuggelt. Koks war nur ein- oder zweimal dabei, und ich danke dem Himmel dafür, daß ich nichts Schlimmeres als unversteuerte Zigaretten im Wagen hatte, als sie mich schnappten. Eine schöne Scheiße. Aber wenn sich mir die Chance böte, würde ich es vermutlich wieder tun. Will war eine schmutzige alte Knalltüte, aber in mancher Hinsicht war er ganz in Ordnung.« Seine Augen wirkten seltsam entrückt und verschleiert.
»Ja, in mancher Hinsicht war er okay. Aber er wußte zuviel…
und früher oder später würde er ein paar Worte zu viel gesagt haben. Bestimmt waren es die Kolumbianer.«
»Ich verstehe nichts, aber es geht mich vermutlich auch nichts an.»
Er sah mich an, grinste und zwinkerte mir zu. »Es lief nach der
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