Dokument1
hätte die Penn-State ihn auch noch im Juli zum Studium zugelassen, wenn er seine Studiengebühren bezahlen kann und den erforderlichen Notendurchschnitt hat - und Arnie erfüllt beide Voraussetzungen. Er redete am Telefon, als lebten wir in den fünfziger Jahren und nicht in den endsiebzi-gern.«
»Wann fahren sie los?«
»Sie trifft ihn nach der Sechsten vor der Schule; so sagte sie wenigstens, als sie mich anrief. Arnie hat sich heute nachmittag vom Unterricht befreien lassen.«
Das bedeutete, sie würden spätestens in anderthalb Stunden Libertyville verlassen haben. Und so stellte ich die letzte Frage, obwohl ich die Antwort schon wußte: »Sie fahren nicht mit Christine, nicht wahr?«
»Nein, sie nehmen den Kombi. Regina war außer sich vor Freude, Dennis. Total übergeschnappt. Weil sie ihm bei der Auswahl seiner ersten Studienfächer helfen soll… das war ein Geniestreich. Selbst reißende Tiger hätten Regina nicht davon abhalten können… Dennis, was geht da vor sich? Bitte!«
»Morgen«, erwiderte ich. »Das ist ein Versprechen. Ehrenwort. Aber jetzt mußt du mir erst mal einen Gefallen tun. Es könnte sein, daß es jetzt für meine Familie und für Leigh Cabots Familie um Leben und Tod geht. Du…«
»Oh, du meine Güte!« unterbrach er mich heiser. Er sprach mit der Stimme eines Mannes, dem gerade ein großes Licht aufging. »Er war jedesmal weg - nur beim erstenmal nicht, als der junge Welch umgebracht wurde, und damals war er…
Regina hat ihn in seinem Zimmer schlafend gesehen, und ich bin sicher, sie hat mich nicht belogen… Dennis, wer fährt diesen Wagen? Wer benützt Christine, um Menschen zu töten, wenn Arnie nicht hier ist?«
Um ein Haar härte ich es ihm gesagt; aber es war eiskalt in der Telefonzelle, und mein Bein fing wieder an zu schmerzen, und mit dieser Antwort hätte ich wieder neue Fragen riskiert, Dutzende von Fragen. Und selbst dann hätte das alles nur zu dem Ergebnis führen können, daß er kein Wort glaubte.
»Michael, hör mir jetzt zu«, sagte ich und sprach mit so viel Besonnenheit und Autorität, wie ich noch aufbringen konnte.
»Du mußt sofort meinen Vater und Leighs Vater anrufen.
Veranlasse, daß sich beide Familien in Leighs Haus treffen.« Ich dachte an Ziegel, dicke solide Ziegelmauern. »Ich glaube, es wäre am besten, wenn du auch zu den Cabots gehst, Michael.
Ihr bleibt alle dort, bis Leigh und ich da sind oder bis ich anrufe.
Und richte ihnen bitte von Leigh und mir aus: Sie dürfen unter keinen Umständen nach…« Ich rechnete rasch in Gedanken aus: Wenn Arnie und Regina ungefähr um zwei Uhr von der High School abfuhren, wie lange mußte er dann unterwegs sein, bis sein Alibi absolut wasserdicht war? - »… vier Uhr nachmittags draußen sein. Nach vier Uhr darf keiner von euch mehr auf die Straße. Unter gar keinen Umständen.«
»Dennis, ich kann doch nicht…«
»Du mußt«, unterbrach ich ihn. »Du wirst meinen alten Herrn auf jeden Fall überzeugen können, und dann sollte es euch mit vereinten Kräften gelingen, auch Mr. und Mrs. Cabot zu überreden. Und halte dich von Christine fern, Michael.«
»Sie fahren von der Schule aus direkt zur Universität«, erwiderte Michael. »Arnie meinte, der Wagen könnte auf dem Schulparkplatz stehenbleiben.«
Ich konnte es wieder in seiner Stimme hören - er wußte, daß sein Sohn gelogen hatte. Nach dem Geschehen im vergangenen Herbst würde Arnie seine Christine ebenso wenig auf einem öffentlichen Parkplatz stehenlassen, wie er nackt den Mathe-Kursus besuchen würde.
»Gut«, erwiderte ich. »Aber wenn du zufällig Christine in der Einfahrt sehen solltest, halte dich von ihr fern. Hast du mich verstanden?«
»Ja, aber…«
»Rufe zuerst meinen Vater an. Versprich mir das.«
»Okay, ich verspreche es dir… aber, Dennis…«
»Vielen Dank, Michael.«
Ich legte auf. Meine Hände und Füße waren taub vor Kälte; aber meine Stirn war glitschig vor Schweiß. Ich schob die Tür der Telefonzelle mit dem Gummipuffer meiner Krücke auf und humpelte zu Petunia zurück.
»Was hat er gesagt?« fragte Leigh. »Hat er zugesagt?«
»Ja«, erwiderte ich. »Er hat es versprochen, und mein Dad wird dafür sorgen, daß sie sich alle zusammen treffen. Wenn Christine heute abend ein Opfer sucht, dann sind nur wir noch da.«
»Okay«, sagte sie. »Gut.«
Ich schob den ersten Gang ein, und Petunia rumpelte los. Die Bühne war für den letzten Akt vorbereitet - jedenfalls soweit vorbereitet, wie es in meiner
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