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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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was junge Menschen so erschreckt an dem Erwachsen werden.
    Wenn Kindheit die Vorbereitung auf das Leben bedeutet, dann ist das Erwachsenendasein die Vorbereitung auf den Tod.
    Das Gefühl ging vorüber, aber es hinterließ einen bitteren, melancholischen Nachgeschmack. Weder das eine noch das andere gehörte zu meinem mir vertrauten Selbst.
    Als ich in den Basin Drive einbog, war ich plötzlich so sehr mit meinen eigenen Sorgen beschäftigt, daß Arnies Probleme dahinter vollständig verblaßten - der Gedanke an meine Voll-jährigkeit warf natürlich eine ganze Reihe von schier unlösbaren (wenigstens erschienen sie mir so) und ziemlich unangenehmen Fragen auf. Zum Beispiel, wie ich mich im College eingewöhnen und die Trennung von der Familie verkraften würde, und wie ich es schaffen sollte, als Stammspieler in die Footballmannschaft aufgenommen zu werden bei einer Kon-kurrenz von sechzig anderen qualifizierten Bewerbern für meinen angestammten Posten, statt der lächerlichen zehn oder zwölf Konkurrenten, die ich bisher hatte. Vielleicht werden Sie darüber lächeln und mir sagen, Dennis, ich habe eine Überraschung für dich: Eine Milliarde Rotchinesen pfeifen darauf, ob du als Student im ersten Semester am College gleich Stammspieler in der Footballmannschaft wirst oder die Ersatzbank drücken mußt. Okay. Ich wollte damit ja nur sagen, daß ich zum erstenmal in meinem Leben ein Problembewußtsein entwickelte … daß diese Dinge mich tatsächlich belasteten und mir Angst einjagten. Manchmal überkommt einen eben der Trübsinn und nimmt einen mit auf seinen Horrortrip, ob es einem paßt oder nicht.
    Daß der Gatte der Vorgartenwalküre inzwischen nach Hause gekommen und offenbar entschlossen war, Arnie gewaltsam von dem Bürgersteig vor seinem Grundstück zu entfernen, verbesserte meine Stimmung auch nicht.
    Die beiden Kinder saßen immer noch im Vorgarten, und ihre Blicke gingen zwischen ihrem Daddy und Arnie hin und her, als wären sie Zuschauer bei einem apokalyptischen Tennisspiel, bei dem der Schiedsrichter hinterher den Verlierer fröhlich erschie-
    ßen durfte. Sie schienen nur darauf zu warten, daß Daddy explodierte und meinen Freund Arnie, das Fliegengewicht, mit einem Faustschlag auf das Pflaster streckte.
    Ich bremste scharf, stieg aus und rannte zu den beiden hinüber.
    »Ich bin es leid, mir noch länger dieses Gesicht anzusehen!«
    brüllte Daddy. »Ich sagte, du sollst mit deiner Rostlaube verschwinden, und zwar sofort!« Er hatte eine große, plattgedrückte Nase voller geplatzter Äderchen. Seine Wangen waren so rot wie frischgebrannte Ziegelsteine, und die Venen auf seinem geblähten Hals über dem offenen Kragen seines grauen gezwirnten Baumwollhemds waren so dick wie Blindschleichen.
    »Ich fahre doch nicht mit einem Platten weiter«, gab Arnie zurück. »Damit mache ich mir nur die Felgen kaputt. Wenn der Wagen Ihnen gehörte, würden Sie das auch nicht tun.«
    »Wenn der Karren nicht sofort verschwindet, sorge ich dafür, daß du auf deiner Felge heimgehst! Auf dem Zahnfleisch nämlich, Pizzagesicht!« brüllte Daddy, der seinen Kindern offehbar demonstrieren wollte, wie die Erwachsenen in der wirklichen Welt ihre Probleme lösen. »Du läßt deine Schrottkiste nicht vor meinem Haus stehen! Und wenn du mir noch frech kommst, Bürschchen, schlage ich dir die Zähne ein!«
    »Niemand schlägt hier irgendwas ein«, sagte ich. »Beruhigen Sie sich, Mister. Machen Sie eine Weile Sendepause.«
    Ich sah, wie Arnie aufatmete und wieviel Angst er inzwischen ausgestanden haben mußte - wieviel Angst er auch jetzt noch hatte. Immer der Außenseiter, wußte er, daß er etwas an sich hatte, das auf gewisse Typen wie ein rotes Tuch wirkte und sie dazu reizte, über ihn herzufallen und ihn halbtot zu prügeln. Er mußte davon überzeugt gewesen sein, daß das jetzt wieder passierte, nur daß er diesmal nicht bereit gewesen war, klein beizugeben.

    Die Blicke dieses Typen richteten sich jetzt auf mich. »Noch so einer von der Sorte«, sagte er, als käme er nicht mehr aus dem Staunen darüber heraus, wieviel Arschlöcher es auf dieser Welt gab. »Ihr wollt euch beide mit mir anlegen? Ist es das, was ihr vorhabt? Glaubt mir, ich schaffe euch alle zwei!«
    Ja, ich kannte diesen Typ. Zehn Jahre jünger, und er wäre einer von dieser Clique gewesen, die sich so großartig vorkam, wenn sie Arnie auf dem Schulflur anrempelten oder ihm die Bücher wegrissen. Oder die ihn nach der Turnstunde, wenn er schon

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