Dokument1
Camel.
Wir stellten Arnies Wagenheber unter das Chassis. Arnie hatte dreimal die Kurbel gedreht, als der Wagenheber mitten durchbrach. Mit einem knackenden Geräusch, als würde ein morscher Zweig abbrechen. Roststaub stieg hoch: Arnie blickte mich an, demütig und betroffen.
»Kein Grund zur Aufregung«, sagte ich. »Wir nehmen meinen.«
Es dämmerte, wurde bald dunkel. Mein Puls ging viel zu rasch, und ich hatte einen sauren Geschmack auf der Zunge -
alles Nachwirkungen der Auseinandersetzung mit Mister Haua-haua von Nummer 119, Basin Drive.
»Tut mir leid, Dennis«, sagte Arnie leise. »Ich werde dich nicht mehr in solche Geschichten hineinziehen.«
»Vergiß es. Konzentrieren wir uns lieber auf den Reifenwechsel.«
Wir benützten meinen Wagenheber, um den Plymouth hoch-zubocken (ein paar bange Sekunden lang fürchtete ich, das ganze Heck des Wagens würde abbrechen, als es verdächtig im Chassis zu knacken begann. Wir zogen den platten Reifen ab und den neuen auf. Wir zogen die Muttern an und ließen den Schlitten wieder hinunter. Ein Stein fiel mir vom Herzen, als der Wagen wieder auf der Straße stand. Das Knacken und Knistern im Chassis hatte mir Angst eingejagt.
»Fertig«, sagte Arnie und klopfte die alte verbeulte Radkappe auf die Innenbügel.
Ich stand da und betrachtete den Plymouth, und plötzlich überkam mich wieder das gleiche Gefühl wie in LeBays Garage.
Der neue Firestone-Reifen, den wir gerade montiert hatten, schien der Auslöser dieses Gefühls zu sein; auf der glänzend schwarzen Gummifläche prangten noch der Kontrollzettel aus der Fabrik und die gelben Kreidestriche, die der Mann von der Tankstelle beim Auswuchten markiert hatte.
Ich erschauerte bei dem Gedanken, der mich bewegte - aber ich kann unmöglich beschreiben, was für ein schauderhaftes Gefühl ich hatte. Es war, als betrachtete ich eine Schlange, die jeden Augenblick ihre alte Haut abstreifen konnte - eine Haut, die an einer Stelle bereits Risse bekam und eine glitzernde Neuheit enthüllte…
Ralph stand auf seiner Veranda und beobachtete uns miß-
trauisch. In der einen Hand hielt er einen fetttriefenden Hamburger zwischen zwei Toastscheiben eingeklemmt, in der anderen eine Bierdose.
»Sieht er nicht gut aus?« sagte ich leise zu Arnie, während ich den durchgebrochenen Wagenheber in seinen Kofferraum warf.
»Ein richtiger Robert Deadford«, murmelte Arnie, und das war es, was wir brauchten, das Stichwort, um den Dampf abzulassen, der sich in uns aufgestaut hatte. Wir fingen beide an zu kichern.
Arnie warf den Platten auf den Wagenheber im Kofferraum und hielt sich dabei den Mund zu, um nicht laut herauszuplat-zen. Er sah aus wie ein Kind, das man beim Marmeladenaschen erwischt hatte. Bei dieser Vorstellung prustete ich laut los.
»Was findet ihr denn hier so lächerlich, ihr Punks?« brüllte Ralph und kam bis zum Rand seiner Veranda. »Ich kann euch eine scheuern, daß euch das Lachen vergeht!«
»Jetzt wird es Zeit, dalß wir verduften«, raunte ich Arnie zu und lief zu meinem Duster. Jetzt gab es kein Halten mehr; ich saß, brüllend vor Lachen, hinter dem Lenkrad und ließ den Motor an, und vor mir startete der Plymouth mit einer gewaltigen Fehlzündung und einer stinkenden Auspuffwolke, und doch konnte ich in diesem Getöse Arnies hohes, hilfloses, an Hysterie grenzendes Gelächter hören.
Ralph stürmte, bewaffnet mit Hamburger und Bierdose, durch den Vorgarten.
»Was gibt es hier zu lachen, ihr Punks?«
»Wir lachen über dich, du Schwachkopf!« brüllte Arnie triumphierend und fuhr an mit einer knatternden Serie von Fehlzündungen. Ich drückte auf das Gaspedal des Duster und mußte weit ausholen, um Ralph auszuweichen, der offensichtlich bis aufs Blut gereizt war. Ich lachte immer noch - doch jetzt war es ein ungutes Lachen - schrill, atemlos, fast ein Schreien.
»Ich bring euch um, ihr Punks!« tobte Ralph.
Ich tippte wieder auf das Gaspedal, und diesmal hätte ich Arnie fast von hinten angestoßen.
Ich tippte gegen die Stirn, zeigte Ralph den guten alten Idiotenvogel und rief: »Leck mich!«
Dann war er hinter uns, versuchte uns einzuholen. Doch nach ein paar Metern ging ihm die Luft aus, und er blieb keuchend stehen.
»Was für ein verrückter Tag«, sagte ich laut und auch ein wenig erschrocken über meine schwankende Stimme. Der saure Geschmack war wieder da. »Was für ein gottverfluchter Tag!«
Darnells Garagen- und Werkstattbetrieb in der Hampton Street war nichts weiter als ein
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