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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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eine graue Kaugummimasse zwischen den Zähnen. »Das ist doch wohl klar, oder?«

    »Ma’am«, erwiderte Arnie, »ich habe nur einen Platten. Ich fahre sofort weiter, sobald ich…«
    »Sie können die Kiste nicht einfach hier stehenlassen!« ereiferte sie sich, und dabei quoll ihr die Kaumasse aus den Mundwinkeln. »Mein Mann wird jeden Moment nach Hause kommen. Er duldet es nicht, daß vor unserem Haus Autowracks abgestellt werden.«
    »Es ist kein Wrack«, sagte Arnie, und etwas in seiner Stimme ließ sie einen Schritt zurückgehen.
    »Nun werde nicht auch noch unverschämt, Junge! Wenn mein Mann hier wäre, könntest du was erleben!«
    »Hören Sie«, fing Arnie wieder in diesem gefährlich leisen Ton zu reden an, mit dem er gestern den Familienkrach mit Michael und Regina eingeleitet hatte. Ich legte Arnie warnend die Hand auf die Schulter. Er hatte schon genug Verdruß wegen dieses Schlittens.
    »Alles klar, Ma’am«, sagte ich. »Wir werden die Panne sofort beheben. Es wird so schnell gehen, daß Sie denken, Sie hätten den Wagen gar nicht vor Ihrem Haus gesehen.«
    »Hoffentlich«, sagte sie und deutete dann mit ihrem dicken Daumen auf meinen Duster. »Und Ihr Wagen parkt direkt vor meiner Einfahrt.«
    Ich setzte den Duster zurück. Sie sah zu und watschelte zum Haus zurück, in dessen Haustür sich ein kleiner Junge und ein kleines Mädchen zwängten. Die beiden waren ebenso pumme-lig wie ihre Mutter. Sie lutschten Schokoladeneis.
    »Was los, Ma?« fragte der kleine Junge. »Was is los mit ‘m Wagen von ‘m Mann, Ma?«
    »Halt den Mund«, fuhr ihn seine Mutter an und scheuchte die Kinder ins Haus zurück. Es macht mir immer wieder Freude, solche herzerfrischenden Eltern zu sehen, das gibt einem Hoffnung für die Zukunft.
    Ich ging zurück zu Arnie. Da mir nichts Geistreicheres einfallen wollte, sagte ich: »He, du hast Glück, es ist nur unten platt.«
    Er lächelte trübsinnig. »Ich hab’ ein kleines Problem, Dennis.«
    Ich wußte, worin das Problem bestand. Er hatte keinen Ersatzreifen. Arnie zückte sein Portemonnaie - schon sein Griff zur Gesäßtasche tat mir körperlich weh - und schaute hinein.
    »Ich brauche einen neuen Reifen«, sagte er.
    »Ja, das denke ich auch. Einen runderneuerten…«
    »Keinen runderneuerten. Damit fange ich gar nicht erst an.«
    Ich sagte nichts, schaute aber zu meinem Duster. Er hatte zwei runderneuerte Reifen, und ich war zufrieden damit.
    »Was, glaubst du, würde ein neuer Goodyear oder Firestone kosten, Dennis?«
    Ich zuckte mit den Achseln und befragte meinen kleinen Buchhalter in der Kraftfahrzeugabteilung, der einen neuen Schwarzwandreifen für diesen Schlitten auf ungefähr fünfund-dreißig Dollar veranschlagte.
    Arnie zog zwei Zwanzig-Dollar-Noten aus dem Portemonnaie und drückte sie mir in die Hand. »Wenn er mehr kostet -
    wegen der Steuer und so -, bezahle ich dir den Rest natürlich.«
    Ich betrachtete ihn traurig. »Arnie, wieviel ist von deinem Wochenlohn noch übrig?«
    Er wich meinem Blick aus. »Genug.«
    Damit wollte ich mich nicht zufrieden geben; Sie müssen sich daran erinnern, daß ich erst siebzehn und noch so naiv war zu glauben, daß der Mensch durch die Vernunft verbesserungsfä-
    hig sei. »Dir bleibt nicht mal mehr ein Nickel für ein Flipper-spiel«, sagte ich. »Du hast fast deinen ganzen Lohn in diesen verdammten Schlitten gesteckt. Der Griff zum Portemonnaie wird für dich von nun an eine Dauerbeschäftigung sein, Arnie.
    Bitte, Arnie, überleg es dir noch einmal.«
    Seine Augen wurden hart wie Kieselsteine. Es war ein Ausdruck, den ich in seinem Gesicht noch nie gesehen habe.
    Vielleicht bin ich in Ihren Augen der naivste Teenager Amerikas, aber ich/ glaube, ich hatte noch in keinem Gesicht einen solchen Ausdruck gesehen. Ich empfand eine Mischung aus Überraschung und Entsetzen. Inzwischen habe ich diesen Ausdruck häufiger gesehen, und Sie kennen ihn wahrscheinlich auch, diese jähe Vereisung im Blick, dieses Herunterrasseln einer Jalousie vor dem Gesicht. Es ist der Ausdruck, den ein Mann bekommt, wenn man ihm offenbart, daß die Frau, die er liebt, hinter seinem Rücken herumhurt.
    »Komm mir ja nicht mit so was«, sagte er.
    »Okay, okay«, sagte ich beschwichtigend.

    »Und wenn du mir den Reifen nicht holen willst, dann läßt du es eben bleiben.« Dieser eiskalte, sture Kieselsteinblick stand immer noch in seinem Gesicht. »Ich finde schon einen Weg.«
    Ich wollte darauf etwas erwidern, etwas Hitziges, aber dann sah ich

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