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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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verkaufte -, schlug meinen Bruder grün und blau, als er hörte, was Rollie mit mir angestellt hatte. Doch Rollie wollte sich nicht entschuldigen. Er brüllte zwar wie am Spieß, aber er bereute nicht.« LeBay lächelte ein wenig. »Mutter bekam es mit der Angst zu tun und schrie meinen Vater an, er solle aufhö-
    ren, bevor er Rollie totschlage. Rollie hielt sich heulend den Hintern; aber von Reue keine Spur. >Er war mir im Weg<, sagte Rollie immer wieder unter Tränen, >und wenn er das noch einmal tut, werde ich ihn wieder gegen den Zaun schmeißen! Und wenn du mich noch so sehr verprügelst, du verdammter alter Säufer! < Dann gab ihm mein Vater noch ein paar heftige Ohrfeigen, daß Rollie das Blut aus der Nase schoß und er gegen die Küchenwand flog. Meine Mutter schrie, als Rollie das Blut über das Kinn und durch die Finger lief, Marcia heulte, Drew verkroch sich in eine Ecke, und ich jammerte und hielt mir den bandagierten Arm. Und Rollie wiederholte unablässig: >Ich werde es wieder tun, du Säufer! Du verdammter alter Säufer!<«
    Über uns kamen die ersten Sterne heraus. Eine alte Frau trat ein paar Türen weiter aus ihrem Apartment, ging hinunter zum Parkplatz, holte einen abgewetzten Koffer aus dem Gepäckraum eines Ford und schleppte ihn zu ihrem Apartment. Irgendwo spielte ein Radio. Es war nicht auf den Rock-Sender auf dem UKW-Band eingestellt.
    »Sein unbändiger Jähzorn, daran erinnere ich mich am deut-lichsten«, wiederholte LeBay mit sanfter Stimme. »In der Schule prügelte er sich mit jedem, der sich über seine Anzüge lustig machte oder über seinen Haarschnitt. Er prügelte sich schon, wenn er nur den Verdacht hatte, daß sich jemand über ihn lustig machen könnte. Er wurde oft für ein paar Tage von der Schule ausgesperrt, und schließlich ging er ab und meldete sich freiwillig bei der Armee.
    Die zwanziger Jahre waren eine schlechte Zeit für Berufssoldaten. Es war ein Job ohne Würde, ohne Aussicht auf Beförderung, ohne Paraden und Musikkapellen. Ein Beruf ohne Glanz und ohne Ansehen. Er wechselte die Standorte wie die Hemden, zuerst im Süden und dann im Südwesten. Alle drei Monate bekamen wir einen Brief von ihm. Er war immer noch zornig auf das, was er die >Scheißer< nannte. Für alles schob er die Schuld auf diese Scheißer< verweigerten ihm die Beförderung, die ihm längst zustand, die >Scheißer< strichen seinen Urlaub, die >Scheißer< waren so dämlich, daß sie selbst mit einer Taschenlampe ihren eigenen Hintern nicht finden konnten. Und mindestens zweimal verdonnerten ihn die >Scheißer< auch zu verschärftem Arrest.
    Die Armee hielt an ihm fest, weil er ein ausgezeichneter Mechaniker war - jedenfalls hielt er die Wracks, die der Kongreß der Armee als motorisierte Ausrüstung zuteilte, so in Schuß, daß sie sich von der Stelle bewegten.«
    Wieder mußte ich voller Unbehagen an Arnie denken -
    Arnie, der so geschickt mit Werkzeugen umzugehen vermochte. LeBay lehnte sich vor: »Doch dieses Talent war auch nur eine zusätzliche Quelle für seinen Zorn, junger Mann. Ein Zorn, der erst endete, als er sich den Wagen kaufte, den Ihr Freund jetzt besitzt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    LeBay kicherte leise. »Er reparierte Armee-Lastwagen, Armee-Stabswagen, Armee-Kettenfahrzeuge, Armee-Planier-raupen - Fahrzeuge, die nur noch mit Spucke und Blumen-draht zusammengehalten werden konnten. Und einmal, als ein Kongreßabgeordneter Fort Arnold in Texas besichtigte und eine Panne mit seinem Wagen hatte, befahl der Fort-Kommandant, der natürlich Eindruck schinden wollte, meinem Bruder, den teuren Bentley des Kongreßabgeordneten zu reparieren. O ja, wir bekamen eine detaillierte Schilderung von dieser Sache -
    einen vier Seiten langen Brief, der kein gutes Haar an diesem
    >Scheißer< ließ. Ein Wunder, daß der Brief unterwegs nicht vom Haß gefressen wurde.
    Alle diese Fahrzeuge, die durch seine Hände gegangen sind -
    nur er konnte sich keinen Wagen leisten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte er sich einen alten Chevrolet, eine Rostlaube mit einem altersschwachen Motor. In den zwanziger und dreißiger Jahren hatte er kein Geld, und in den Kriegsjahren war er vollauf damit beschäftigt, am Leben zu bleiben.
    Er war in all den Jahren in der Fahrbereitschaft und reparierte Tausende von Fahrzeugen für die >Scheißer<, aber er selbst besaß nie ein eigenes. Es war genau - wie in Libertyville. Selbst der alte Chevrolet konnte seine Erbitterung nicht mildern, auch der alte

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