Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
ködern, wird es genug für einen Schwert- und Bogenkämpfer wie mich sein.«
»Du bist ein Optimist«, sagte Marcus. »Aber wir würden uns freuen, dich zu nehmen, wenn dir die Bedingungen recht sind.«
»Ich würde nicht Eure Zeit verschwenden, wenn das nicht der Fall wäre«, erwiderte Ahariel.
»Dann melde dich morgen Vormittag. Wir werden dich auf den Dienstplan setzen.«
Ahariel salutierte, wandte sich ab und ging davon.
»Ich mag ihn«, sagte Marcus. »Redet nicht viel.«
»Passt genau dazu, Herr«, bestätigte Yardem.
»Fühlt sich gut an, wieder einen richtigen Trupp zu haben.«
»Stimmt.«
Marcus ließ den Stofffetzen auf den Rand der Grube fallen. »Ist es so weit?«, fragte er.
»Wir sollten bald gehen«, antwortete Yardem.
Die frühsommerlichen Straßen von Porte Oliva waren heiß und überfüllt. Bettler lungerten in den Ecken herum, und die Masse der Körper auf den Straßen schien genauso viel zur Hitze beizutragen wie die große goldene Küstensonne. Die Luft roch nach Meer, Honig, heißem Öl und Kreuzkümmel. Die Kleider veränderten sich auch. Keine Jacken, keine Umhänge. Weibliche und männliche Cinnae streiften in durchscheinenden Kleidern durch die Straßen, die ihre dünnen Körper wie wogende und biegsame Schatten oder Geister wirken ließen. Die Kurtadam rasierten sich, bis kaum noch genug Fell übrig war, um Perlen hineinzuknüpfen, und trugen Lendenschurze und Brustbänder, die kaum ausreichten, um die Grundlagen der Sittsamkeit zu wahren. Es waren allerdings die Erstgeborenen, die Marcus’ Aufmerksamkeit immer wieder auf sich zogen. Männer und Frauen schlüpften in leuchtenden Farben aus ihren winterlichen Kokons, grün und gelb und rosarot. Tuniken waren an den Seiten offen, um Luft und heimliche Blicke über blanke Haut streifen zu lassen. Jeder Tag fühlte sich an wie ein großes Fest.
Marcus gefiel es nicht.
Es erinnerte ihn zu sehr an eine Zeit, als er jung gewesen war und Lust nicht von Zuneigung hatte unterscheiden können, und Erinnerungen an diese Zeit brachten ihn immer auf die Zeiten, die darauf gefolgt waren. Auf das Treffen mit einem blauäugigen Mädchen namens Alys, das er mit mutigen Geschichten und blassen Blumen umworben hatte. Auf die Nächte voller Sehnsucht, und dann die eine mondbeschienene Nacht gegen Ende des Frühlings, einen geteilten Apfel, einen Kuss neben einem Wasserfall und das Ende der Sehnsucht. Seine vollkommene Frau. In einer gerechten Welt wäre sie noch bei ihm.
Merian wäre inzwischen alt genug gewesen, um an den gleichen fleischlichen Regungen und Irrungen zu leiden, und es hätte genauso wenig in seiner Macht gestanden, ihr Weisheit aufzuzwingen, wie es seinem Vater bei ihm möglich gewesen war. Aber nein. Inzwischen wäre sie alt genug gewesen, um jung und unklug geheiratet zu haben. Noch ein paar Monate, und Marcus hätte einen Enkel unter dem Kinn kitzeln können. An all diese ungelebten Augenblicke erinnert zu werden, das war es, was er an der Stadt nicht mochte. Solange es Arbeit gab, die erledigt werden musste, konnte er es alles beiseiteschieben.
Die Frage, wohin man die dauerhafte Heimat der neuen Bank verlegen sollte, war einfach zu lösen gewesen, nachdem Cithrin mit der Tochter des Spielbudenbesitzers gesprochen hatte, über dessen Laden sie nächtigten. Diese hatte seit Jahren gehofft, ihren Vater dazu zu überreden, seinen Beruf aufzugeben, und hatte es beinahe geschafft. Das untere Geschoss war groß genug, um kleine Baracken zu beherbergen, und im Keller gab es eine eiserne Schließkassette, die in Stein eingelassen und tief im Boden versenkt war. Und daher residierte dort, wo einst die Spielbude gewesen war, nun die Medean-Bank von Porte Oliva in bescheidener Eleganz. An dem Tag, an dem der alte Spieler die Verträge unterschrieben hatte, hatte Cithrin den Wechsel kundgetan, indem sie die Wände im hellsten Weiß neu streichen ließ, das sie hatte auftreiben können. Wo der Ausrufer gestanden hatte, um seine Litanei aus Wetten und Einsätzen herunterzuleiern, sprossen aus einem Zinntopf, der mit schwarzer Erde gefüllt war, die dünnen grünen Halme und breiten, hängenden Blätter eines halben Dutzends Tulpen, die kurz vor der Blüte standen.
»Gleich zu ihr?«, fragte Yardem und deutete auf die private Treppe, die zu den Räumen führte, die inzwischen nur noch Cithrin gehörten.
Marcus schüttelte den Kopf. »Wenn wir fertig zum Abmarsch sind«, sagte er.
Früher hatte sich die dicke Holztür zu einem
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