Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
schwer nach etwas, das Geder nicht ganz einordnen konnte – zum Teil Dung und zum Teil Gewürz. Die Luft war so heiß, dass sie erstickend war. Er trottete durch die Windungen und Biegungen, bis der Gang breiter wurde und der Hohepriester zur Seite trat.
Die große Kammer war höher als zwanzig aufeinanderstehende Menschen. Die Decke verlor sich in einer Dunkelheit, die tiefer als die Nacht war. Und darüber ragte die gemeißelte Statue einer riesigen Spinne auf, die mit Blattgold überzogen war und von hunderten Fackeln beleuchtet wurde. Mindestens fünfzig Männer knieten an ihrem Fundament, die sich alle Geder zuwandten, die Hände auf die Schultern gelegt. Geders Mund stand offen. Kein König der Welt könnte ein größeres Spektakel veranstalten.
»Die Göttin«, hatte Basrahip gesagt, und seine Stimme hatte durch den Raum gehallt und ihn erfüllt. »Die Herrin der Wahrheit und ungebrochene Herrscherin der Welt. Wir sind von ihrer Anwesenheit gesegnet.«
Geder hatte es kaum bemerkt, als die Hand des riesigen Mannes ihn an der Schulter berührte und ihn sanft, aber unerbittlich nach unten drückte. Als er kniete, schien es, als sei es ein naheliegender Akt.
Danach hatte man ihn in seine neuen Unterkünfte innerhalb der Tempelmauern gebracht. Viele der Türen und Fenster, die er gesehen hatte, gleich nachdem er hergekommen war, führten nicht tiefer hinein als in einen einzelnen Raum, da die Zellen der Priester sich an die Bergflanke klammerten.
Geders Knappe brachte ihm ein Becken, um darin zu baden, seine Bücher und den kleinen Reiseschreibtisch und zündete seine Laterne an. Er lag in dieser Nacht im Dunkeln, in eine dünne Wolldecke gewickelt, und der Schlaf war einen Tagesritt weit entfernt. Er war zu aufgeregt zum Schlafen. Die einzige Enttäuschung war gewesen, dass der Tempel keine Bibliothek besaß.
Am vierten Morgen kam Basrahip wieder, und ihre Unterhaltung begann, und sie hatte seither jeden Tag eingenommen.
»Ich verstehe nicht, weshalb Ihr im Verborgenen bleibt.«
»Nicht?«, fragte Basrahip.
Sie gingen den schmalen, mit Ziegeln gepflasterten Weg entlang, der zum Brunnen des Tempels führte.
»Der Rechtschaffene Diener«, sagte Geder. »Es ist etwas, das Ihr alle besitzt. Wenn Ihr in der Welt wärt, könntet Ihr kundtun, wann immer ein Händler bei seinen Kosten lügt. Oder wenn Männer treulos sind … Und das Leben bei Hof. Gott, was Ihr dort tun könntet.«
»Und das ist der Grund, weshalb wir verborgen bleiben«, erklärte Basrahip. »Wann immer wir uns in die Angelegenheiten der Welt eingemischt haben, haben wir den Lohn dafür gesehen. Schwerter und Feuer. Jene, die nicht von der Göttin berührt worden sind, leben ein Leben der Täuschung. Wenn sie unsere Stimmen hören, ist es für sie, als würden die Menschen sterben, die sie gewesen sind. Ihre Feinde sind zahlreich und rücksichtslos.«
Geder trat nach einem Kiesel, ließ ihn vor ihnen her nach unten kullern. Das Sonnenlicht drückte auf sein Gesicht und seine Schultern herab.
»Aber Ihr werdet wieder hinausgehen«, sagte Geder. »Ihr habt gesagt, dass Ihr darauf wartet, dass die Zeit kommt, wieder hinauszugehen.«
»Das werden wir«, bestätigte der Hohepriester. Sie erreichten den Rand des Brunnens, ein mit Steinen gesäumtes Loch in der Erde mit einem Seil, das an den Pfosten gebunden war, den man daneben eingelassen hatte. »Wenn man uns vergessen hat.«
»Das hätte jederzeit im letzten Jahrhundert geschehen können«, erklärte Geder, aber der Hohepriester fuhr fort, als hätte er nichts gesagt.
»Wenn die Wunden des alten Krieges geheilt sind und wir ohne Furcht durch die Welt wandeln können. Sie wird uns ein Zeichen senden. Sie wird die Reinen von den Unreinen trennen und das Zeitalter der Lügen beenden.«
Basrahip kauerte sich hin, nahm das Seil in die Hände und zog, Handbreit um Handbreit. Der Eimer war einst aus Kupfer gewesen, war aber inzwischen dem Grünspan anheimgefallen. Basrahip hievte ihn hinauf an die Lippen und trank, Rinnsale ergossen sich aus seinem Mundwinkel. Geder bewegte sich unruhig neben ihm hin und her. Der Hohepriester setzte den Eimer ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen.
»Seid Ihr besorgt, Lord?«
»Ich bin … Es ist nichts.«
Das breite Lächeln war kühl. Die dunklen Augen betrachteten ihn.
»Hört mir zu, Lord Palliako. Hört auf meine Stimme. Ihr könnt mir vertrauen.«
»Ich bin nur … Könnte ich auch einen Schluck von dem Wasser haben?«
Basrahip hob
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