Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
Dawson brauchte eine gefühlte Ewigkeit, um sich daran zu erinnern, wo er dieses Gesicht schon einmal gesehen hatte.
»Ich danke Euch, Majestät«, brachte Dawson heraus. Seine Kehle schien sich irgendwann zusammengekrampft zu haben, und seine Stimme klang erstickt, obwohl gerade niemand Hand daran legte.
König Lechan nickte. »Sprecht noch nicht«, sagte er. »Ruht Euch aus.«
Der König von Asterilreich trug keine Male. Keine Blutergüsse im Gesicht oder altes Blut, das sein Kerkergewand geschwärzt hätte. Hier war der Mann, der sich verschworen hatte, Prinz Aster zu töten, und es war Dawson, den sie zu ihrem Vergnügen folterten. Er wollte es ungerecht finden, aber er tat es nicht. Er wusste, wie man einen Feind behandelte … im Gegensatz zu einem Verräter. Ihnen war nur nicht klar, dass sie diejenigen waren, die die Traditionen und den Adel Anteas verrieten. Sie waren diejenigen, die den Thron einem blutrünstigen Narren und seinen ausländischen Herren überlassen hatten.
Nur dass natürlich auch er Schuld daran trug. Er hätte niemals einwilligen sollen, dass Palliako der Beschützer des Prinzen wurde. Zu jener Zeit war es einfach passend erschienen. Es hatte gefahrlos gewirkt. Wie hätte er wissen können, dass dies der Funke war, der in einen trockenen Wald fiel?
Unter dem Protest des feindlichen Königs rollte er sich auf die Seite und zwang sich dazu, sich hinzusetzen. Er hätte sich beinahe übergeben. Wenn mehr in seinem Magen gewesen wäre, hätte er es getan. Die Zelle war kleiner, als er gedacht hatte. Zehn Fuß von einer Seite zur anderen, zwölf Fuß tief. Seine Hundezwinger waren größer.
Die Tür öffnete sich, und der Hohepriester trat ein. Das sympathische Lächeln war weg, als wäre es nie da gewesen. Kein finsteres Gesicht war an seine Stelle getreten, kein Stirnrunzeln. Basrahip hätte auch eine Maske seiner selbst tragen können, die aus Stein gefertigt war. Nichts an ihm regte sich. Es befriedigte Dawson, die Ausbuchtung durch die Bandagen unter dem Umhang des Priesters zu sehen, wo er ihn mit dem Messer erwischt hatte. Vier Männer in Lederrüstungen mit Schwertern und Dolchen folgten ihm, standen im Eingang wie die Leibgarde eines Königs. Dawson wandte den Blick ab und spuckte einen hellroten Blutklumpen aus.
»Wo ist Prinz Geder?«, fragte Basrahip. Seine Stimme war wie ferner Donner.
»Es gibt keinen Prinz Geder«, erwiderte Dawson.
»Ihr habt ihn getötet.«
»Nein. Er ist kein Prinz. Er ist der Lordregent. Das ist kein Prinz. Aster ist Prinz und König, und Palliako ist nicht mehr als sein Platzhalter, bis er den Thron seines Vaters einnimmt.«
Der Priester kniff die Augen zusammen. »Wo ist Geder Palliako?«
»Ich weiß es nicht.«
Einer der Wächter zog einen Dolch. Noch mehr Folter also. Dawson war beschämt, als er spürte, wie er vor dieser Aussicht zurückschreckte.
»Und der kleine Prinz? Aster?«
»Ich habe nach ihm gesucht, seit alles seinen Anfang nahm.«
»Um ihn zu töten.«
»Um ihm meine Treue und mein Schwert gegen Euch und Palliako anzubieten.«
Da brachte Basrahip schließlich eine Regung zustande. Seine breite Stirn legte sich in tiefe Falten. Er setzte sich vor Dawson im Schneidersitz auf den Boden. Dawson sah, wie die Wachen einander verwirrt anblickten.
»Ihr sagt die Wahrheit«, bemerkte der Priester.
»Ihr seid es nicht wert, dass man Euch belügt«, stieß Dawson hervor.
Basrahips Verblüffung war beinahe komisch. »Für Euch ist die Wahrheit ein Ausdruck von Abscheu? Oh. Ihr seid verderbt bis in die Seele, Lord.«
»Ich stehe Euch nicht Rede und Antwort«, sagte Dawson. »Ihr seid ein Stück Schmutz, das sich aus den Flussbetten der Keshet erhoben hat und langsam Allüren entwickelt. Ihr seid es nicht wert, mir die Schuhe zu putzen. Ihr gehört nicht in dieselbe Stadt wie Simeon. Ihr verdient es nicht, die Luft zu atmen, die er geatmet hat.«
»Ah«, sagte der Priester, als würde ihm etwas klar werden. »Ihr seid verliebt in diese Welt. Ihr fürchtet das Nahen der Gerechtigkeit.«
»Ich fürchte weder Euch oder Eure Hure von einer Göttin«, erwiderte Dawson.
»Das tut Ihr nicht«, pflichtete Basrahip ihm bei. »Das ist ein weiterer Fehler. Aber Ihr könnt mir nicht sagen, wo Prinz Geder ist, daher seid Ihr bedeutungslos. Ihr habt verloren, Lord Kalliam. Alles, was Ihr liebt, ist bereits fort.«
Dawson schloss die Augen. Er hatte das Verlangen, sich auf die Seite zu rollen und die Hände über die Ohren zu legen wie ein
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