Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
Tochter? lagen Dawson auf der Zunge, aber er nahm noch einen Bissen von dem Huhn, und sie blieben, wo sie waren.
»Sanna scheint ein wunderbares Mädchen zu sein«, bemerkte Dawson. »Was immer geschieht, ich wäre erfreut, ihr helfen zu können, so gut ich es vermag.«
»Gesprochen wie ein Diplomat«, sagte Daskellin. Dawson runzelte die Stirn, erwiderte aber nichts. Er würde die Beleidigung hinnehmen. Für den Augenblick zumindest. Es war noch Zeit. Wenn er an der Serefbrücke scheiterte, vielleicht unendlich viel Zeit. Und Blut und Kämpfe. Daskellin schien sich im langsam aufsteigenden Rauch aus dem Kohlebecken zu verlieren.
»Eine Frage noch«, sagte er. »Denkt Ihr, es ist wahr? Denkt Ihr, König Lechan hat es wirklich gewusst? Es gutgeheißen?«
»Ich weiß nicht.«
»Aber glaubt Ihr es?«
»Ja.«
Daskellin nickte. »Das glaube ich auch«, sagte er. »Also ist Eure Verschwörung ausländischer Priester zumindest im Augenblick im Recht.«
Der Morgen roch nach Wiesenblumen. In der Nacht hatte es geregnet, der Boden war feucht geworden, und die vormittägliche Sonne hatte ihn aufgeheizt. Nebel wallte bis zu den Knien der Fußsoldaten, aber nicht höher. Die Späher waren im ersten Licht des Tages zu Dawson gekommen, daher war er auf den Anblick vorbereitet. Der Fluss floss in einer Biegung von Süden her in eine ausgehöhlte Schlucht aus Erde und Stein. Das Wasser stand wegen des nächtlichen Regens hoch: Der weiße Schaum reichte beinahe an den blassen Streifen aus Jade heran, der es überspannte. Die Festung auf der anderen Seite war rund wie eine Trommel, so hoch wie drei Männer und aus grauem Stein und Mörtel in der Farbe von altem Blut erbaut. Auf der anteanischen Seite – seiner Seite – war das Gebäude eckig und aus kalkweißen Ziegelsteinen. Die Schießscharten blickten auf die Drachenstraße hinab, die in der Festung verschwand und wieder daraus hervorkam. Die Zinnen waren schmal, mit kaum genug Platz, dass sich ein Bogenschütze hinstellen, schießen und zurücktreten konnte.
Die Banner von Asterilreich wehten über beiden Festungen, aber es waren nicht viele. Drei waren auf der weißen Festung aufgepflanzt, schlaff und dunkel von Tau und Feuchte. Zwei weitere beanspruchten das gegenüberliegende Ufer für sich. Hinter Dawson befanden sich zwanzig Ritter aus fünfzehn Häusern. Bannien und Brut, Corenhall und Osterlingbrachen, die Häuser und Ländereien Anteas. Vierhundert Mann oder mehr lauerten hinter jenen Schießscharten.
Jorey ritt neben ihn. Das Gesicht des Jungen war blass und verschlossen. Er hatte jetzt eine Frau zu Hause. Dawson erinnerte sich an den ersten Kampf, in den er in dem Wissen gezogen war, dass er eine Witwe hinterlassen würde. Das veränderte den Blickwinkel.
»Sie haben sich aufgeteilt«, sagte Jorey. »Weshalb haben sie sich aufgeteilt?«
»In der Hoffnung, beide Seiten zu halten«, erwiderte Dawson. »Wenn sie all ihre Männer auf unseren Boden stellen und wir sie zurückschlagen, erreichen sie ihre Festung am anderen Ufer in Unordnung. Wenn sie all ihre Männer in die Festung auf der anderen Seite setzen, verlieren sie den sicheren Übergang über den Fluss.«
»Sie werden sich aber jetzt zurückziehen«, meinte Jorey. »Sie sind in der Festung zwar geschützt, aber wir sind in der Überzahl. Das müssen sie wissen. Wenn sie sich uns auf der anderen Seite zusammen entgegenstellen, haben sie zumindest eine gewisse Hoffnung. Ihre Kräfte aufzuteilen ist Wahnsinn.«
»Es ist mutig«, entgegnete Dawson. »Diese drei Banner? Die sind nicht da, um die Schlacht zu gewinnen. Sie sind da, um uns aufzuhalten, bis Verstärkung eintrifft.«
»Wir können die Festung auf der anderen Seite überrennen«, sagte Jorey. »Mit den Männern, die wir haben, werden wir sie einnehmen.«
»Vielleicht aber nicht mit den Männern, die wir haben, nachdem die weiße Festung wieder uns gehört. Und wenn ihre Verstärkung eintrifft, dann gar nicht.« Dawson wandte sich im Sattel um, und sein Blick fiel auf seinen Knappen. »Zur Aufstellung blasen! Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Sie machten sich bereit, Bogenschützen und Schwertkämpfer, Speerträger und der kleine Belagerungsturm, dessen Ramme aus einem Baumstamm mit einer in Bronze getauchten Spitze bestand, lang genug, dass drei Männer an jeder Seite gehen konnten. Dawson hatte schon Mittwinterfeste gesehen, bei denen man mehr Holz aufs Feuer geworfen hatte. Aber dies waren keine Burgen, nur Festungen am Fluss, und die
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