Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
die trunken waren von Glaubenslehre und Rechtschaffenheit und dazu bereit, über die schmale Brücke zu stürmen. Sogar das war eine Enttäuschung.
Die drei Männer trugen Roben in der graubraunen Farbe von Spatzen. Ihr borstiges, wildes Haar war mit Bändern zusammengefasst, und ihre Gesichter hatten jenen seligen Blick, den Dawson mit Männern verband, die jenseits aller Vernunft betrunken oder einfach von Geburt an schlicht gestrickt waren. Sie standen am Ende eines kleinen Paradeplatzes vor der Festung und verneigten sich vor Dawson, als er vorbeikam.
Dawson beugte sich zu Rabbr Bannien, dem ältesten Sohn von Lord Bannien von Estinfurt und nun Garnisonskommandeur, und begegnete dem Blick des Jungen mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut. »Sagt mir, dass das ein Witz ist«, forderte er.
»Ich habe das Gleiche gedacht, als sie eingetroffen sind, Lordmarschall«, erwiderte der junge Bannien. »Aber nun, da ich sie eine Weile beobachtet habe … bin ich mir nicht mehr sicher.«
Dawson drehte sich um, um die Besatzung der Garnison in Augenschein zu nehmen. Er hatte keine ganze Kompanie an der Brücke zurückgelassen. Es hatte keinen Sinn, wo doch ein paar Dutzend ausreichten, die Festung zu verteidigen, und auch ein paar hundert die andere Seite nicht erobern konnten. Sie wirkten aufmerksam und ausgeruht. Anders als seine eigenen Männer. Ein beunruhigender Gedanke schoss ihm durch den Kopf.
»Sind es Kundige?«
»Glaube ich nicht, mein Lord. Auf jeden Fall keine, wie sie mir schon zu Gesicht gekommen wären. Sie … sie machen eigentlich nichts. Es ist nur … Ihr müsst es selbst sehen, Lordmarschall.«
»Na gut«, sagte Dawson. Er ging zum größten der drei Priester und nickte ihm zu, statt zu salutieren. »Zeigt mir, wieso ich meine Männer für Euren Plan hergeben sollte.«
Eine halbe Stunde später schritt der Priester allein auf die Brücke hinaus und trug nur einen Schalltrichter bei sich. Der Brückenbogen, das rauschende Wasser darunter und die runde Festung in den Farben von Blut und Stein ließen den Priester wie ein gemaltes Bildnis des Glaubens wirken: ein Spatz, der überwältigt war, sich aber nicht beugte. Dawson stand am offenen Tor der weißen Festung, schaute mit verschränkten Armen zu und war müde bis ins Mark von dem anstrengenden Marsch. In seiner Kehle stieg Abscheu auf und schmeckte nach Galle.
Der Priester hob den Trichter an den Mund und fing an, über das Rauschen des Wassers hinwegzurufen. »Ihr habt bereits verloren! Keine Macht kann gegen die Armee von Antea bestehen! Ihr habt hier keine Macht! Ihr habt bereits verloren ! Alles, wofür Ihr kämpft, ist bereits fort. Alles, worauf Ihr hofft, ist verloren. Ihr könnt nicht gewinnen.«
Dawson warf einen Blick auf den jungen Bannien. Dieser schaute über die Brücke hinaus, völlig versunken. Sein Blick lag auf dem Priester, und ein geisterhaftes Lächeln spielte über die Lippen des Jungen. Dawson spürte, wie ein Lachen in seiner Kehle gluckste; es fühlte sich wie Entsetzen an.
»So?«, fragte Dawson. »So nehmen wir also das andere Ufer ein? Wir liegen ihnen in den Ohren, bis sie abhauen?«
»Ich weiß«, erwiderte der Kommandant der Garnison. »So habe ich anfangs auch reagiert. Aber sie machen es jeden Tag und bis in die Nacht hinein. Und je öfter sie es machen, desto mehr klingt es, als … als könnte es wahr sein.«
Dawson fluchte ausgiebig. »Holt diesen Narren von der Brücke, ehe ihn jemand mit einem Pfeil durchbohrt, und bringt ihn zu mir«, befahl Dawson. »Wir machen dem ein Ende, bevor wir noch mehr Zeit verschwenden.«
»Ja, Lordmarschall«, sagte der Junge, der verlegen wirkte. Dawson stapfte über den Hof davon und eine steinerne Treppenflucht hinauf. Die Privatgemächer des Kommandanten waren eng, dunkel und schlecht beleuchtet. Man hatte die Wahl zwischen Licht und Luft, aber Dawson wollte bei Gott das Gesicht der Männer sehen, mit denen er sich unterhielt. In der Zwischenzeit saß er in der Düsternis und schäumte.
Palliakos Kultisten kamen zusammen, alle drei. Sie verbeugten sich am Eingang und setzten sich auf die Kissen zu Dawsons Füßen. Sie blickten mit einer tiefen Ruhe zu ihm auf, und ihre dunklen Augen glitzerten im Kerzenlicht. Der Garnisonskommandant nahm hinter Dawson im Stehen seinen Platz ein.
»Erzählt mir, wie Euer Plan weitergeht«, forderte Dawson. »Sobald Ihr mit Eurem kleinen Schauspiel fertig seid, was dann?«
Die Priester warfen einander Blicke zu. Sie schienen nun
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