Dollars
versteckt hast, wird keiner es je finden.« »O doch, denn ich habe es einem Freund gegeben, der damit zur Polizei geht, wenn ich nicht wiederkomme.«
»Wer ist dieser Freund?«
»Tja...«, feixte ich. Das lästige Zittern hatte aufgehört. »Wir werden dich schon zum Reden bringen.« Seine Stimme war zuckersüß und schleimig.
»Das hat Carlo auch gedacht.«
»Aber ich bin nicht Carlo, das ist der große Unterschied.«
Das konnte ich nicht leugnen. Carlo war ein dummer, sadistischer Prolet gewesen, aber diese fette Kröte war keineswegs dumm. »King wird gewiß lieber den wahren Mörder haben wollen als einen falschen«, sagte ich.
»Gewiß.«
»Dann werde ich ihn also davon überzeugen, daß ich nicht ihr Mörder bin.«
»Wie denn?«
»Welches Motiv sollte ich haben?«
»Du bist ihr früherer Liebhaber. Du warst im Knast, bist danach im Ausland gewesen. Im Flugzeug hast du von ihrer Beziehung zu King gehört. Nachts bist du zu ihr gegangen, und als sie dich abgewiesen hat, hast du sie umgebracht. Du Schwein!«
Das hatte er hübsch zusammengesetzt.
»Aber ich habe einen Zeugen.«
»Wen?«
»Frau Effimandi. Sie weiß, daß ich unschuldig bin.«
»Frau Effimandi? Wer ist das?«
»Ihre Hauswirtin.«
Er brach erneut in lautloses Gelächter aus, und sein Gesicht schlug Falten. »War das die liebe alte Dame, die unter ihr wohnte und die du erwürgt hast?« fragte er wiehernd.
*
deutsch: »Eile mit Weile!« (Anm. d. Vlg.)
**
Anton Franciscus Pieck (1895–1987) war ein niederländischer Maler, Zeichner und Grafiker. (Anm. d. Vlg.)
12
Gleich darauf erstarrte sein Gesicht wieder, und er wartete mit zusammengekniffenen Augen auf meine Reaktion. Doch in dem Moment ging die Tür auf – in solchen Momenten gehen immer irgendwelche Türen auf –, und die Frau, die ich in der Küche gesehen hatte, kam mit einem Kaffeetablett herein, so daß ich an einer Antwort gehindert wurde. Was mir gerade recht war. Sie drückte die Tür mit dem Ellbogen hinter sich zu und kam zu uns herüber, wobei sie das Tablett behutsam vor sich hertrug. Schlüffer erhob sich und sagte mit liebenswürdigem Lächeln: »Ha, Kaffee.«
Ich erhob mich ebenfalls, obwohl ich eine derartige Höflichkeitsgeste unter den gegebenen Umständen für leicht übertrieben hielt. Ich schätzte die Frau auf etwa vierzig. Sie war vielleicht nicht unhübsch, hatte aber offensichtlich soviel geweint, daß ihr Gesicht völlig verquollen war. Ohne uns anzusehen, stellte sie das Tablett auf einen Tisch und schenkte den Kaffee ein. Herr van den Broek, der die ganze Zeit abwesend in seinem Sessel gehockt hatte, bemerkte plötzlich, daß jemand hereingekommen war und wir uns erhoben hatten, und folgte unserem Beispiel.
»Darf ich kurz vorstellen?« sagte Schlüffer. »Sid Stefan, Frau van den Broek.« Er machte eine schwungvolle Handbewegung zu ihr hin, aber sie stand mit dem Rücken zu uns und schaute sich nicht um.
»Ich dachte, es sei Kaffee für vier bestellt worden«, sagte sie.
»Das stimmt, Romeo ist kurz weg. Schenken Sie ihm ruhig schon ein, er kommt sicher gleich wieder.« Schlüffers Stimme klang honigsüß und übertrieben höflich. »Habt ihr euch eigentlich schon miteinander bekannt gemacht?« fragte er, sich wieder mir zuwendend, und deutete auf van den Broek, der mitweit aufgerissenen Augen seine Frau ansah. »Nein, nicht wahr? Sid Stefan, Karel van den Broek.«
Van den Broek ergriff meine Hand, schüttelte sie wie wild und rief begeistert, als hätte er mich noch gar nicht gesehen: »Hallo, wie geht es Ihnen?«
»Ausgezeichnet«, sagte ich, und mir brach der kalte Schweiß aus.
»Karel und ich sind alte Freunde«, vertraute Schlüffer mir an, und Karel rief: »O ja.«
»Alle Milch und Zucker?« fragte seine Frau.
»Gern«, riefen Schlüffer und Karel wie aus einem Mund, und ich sagte lieber nichts Gegenteiliges, obwohl ich meinen Kaffee immer schwarz und ohne Zucker trinke. Mir schien, ich durfte die Frau nicht enttäuschen.
Sie reichte jedem von uns eine Tasse und drehte sich darauf wortlos um und ging zur Tür zurück. Wir machten weiterhin auf gepflegten Kaffeebesuch, setzten uns alle gleichzeitig und rührten alle gleichzeitig in unseren Tassen. Van den Broek verfiel sofort wieder in seine düsteren Überlegungen, und ich schaute seiner Frau nach.
Was war zwischen diesen Menschen? Wo lag die Verbindung zwischen diesem Karel van den Broek, Ex-Jagdflieger und heute Prototyp des braven, hausbackenen Bewohners einer ländlichen
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