Dolly - 08 - Eine aufregende Mitternachtsparty
bei Frau Parker aufgebrochen. Unterwegs hatten sie einen Strauß Schlüsselblumen gepflückt, und Yella brachte eine Zeichnung von Burg Möwenfels mit, die sie am Vormittag auf den Klippen sitzend gemacht hatte. Die vier ehrwürdigen Türme gegen einen blauen Frühlingshimmel mit weißen Wattewolken.
Der Wohnwagen der Parkers war nicht schwer zu finden. Frau Parker hatte sie schon von weitem entdeckt und lief ihnen entgegen.
„Das ist aber nett, daß ihr Wort haltet und mich besuchen kommt!” sagte sie ein wenig übertrieben, als wäre sie die Märchentante im Kindergarten.
Wenn die mit ihrer Tochter auch so redet, dachte Judith, dann kann einem die Tochter nur leid tun.
„Ihr müßt leider mit mir vorliebnehmen, mein Mann mußte dringend in die Stadt, ein paar wichtige Päckchen und Briefe aufgeben. Um so mehr freue ich mich, daß ich an diesem Nachmittag nicht allein sein muß, sondern so reizende Gesellschaft habe. Kommt, bevor wir hineingehen, muß ich euch noch den einzigartigen Blick von hier oben zeigen!”
„Oh, ich kenne ihn, wir gehen hier oft spazieren”, wehrte Judith ab, die sich auf die versprochenen Waffeln freute.
„Aber so schön wie heute war er noch nie!” sagte Frau Parker beharrlich und zog Judith und Yella mit sich fort. Als sie ein paar Meter gegangen waren, schaute Judith sich zufällig um. Aus dem Wohnwagen sprangen zwei Männer und entfernten sich eilig. Judith glaubte, sie zu kennen: Herr Parker und der Gärtnergehilfe von Burg Möwenstein, der Yella mit einem Lied aus ihrer früheren Heimat so in Unruhe versetzt hatte. Schnell drehte sie sich wieder um und lief ein paar Meter voraus.
Hatte Frau Parker verhindern wollen, daß sie den Männern begegneten? Sicher hatte dieser Herr Parker gesagt: Da kommen diese Gänschen aus dem Internat, verschone mich mit denen. Aber was hatte der Italiener hier zu suchen? Woher kannten sie ihn? War es möglich, daß er sich einen Nebenverdienst verschaffen wollte und in seiner Freizeit für das Forscherpaar arbeitete? So mußte es wohl sein, eine andere Erklärung fand Judith nicht.
Frau Parker hatte eine Weile über die Landschaft gesprochen und von den vielfältigen Farben des Meeres geschwärmt, nun bat sie die Mädchen in den Wohnwagen.
„Leider ist mir das Waffeleisen heruntergefallen. Es ist schrecklich eng hier drinnen, und alle paar Tage passiert es mir, daß etwas herunterfällt und entzweigeht. Wenn man es nicht gewohnt ist, auf so engem Raum zu wirtschaften…”
„Ach, Sie machen Ihre Forschungsreisen sonst nicht mit dem Wohnwagen?” fragte Judith.
Frau Parker stutzte einen Augenblick. „O doch, schon”, sagte sie dann leichthin, „aber wir wohnen doch meist im Hotel oder in Privatquartieren.”
„Warum tun sie es hier nicht? Es gibt ein wunderhübsches Hotel hier in der Nähe, meine Eltern haben uns neulich dorthin zum Essen eingeladen”, sagte Yella.
„Oh, deine Eltern haben dich hier besucht?” fragte Frau Parker.
„Ja, es war allgemeiner Besuchstag. Die meisten Eltern waren hier.”
„Äh so.”
Frau Parker setzte Teewasser auf und holte Tassen aus einem Schränkchen.
„Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse wegen der Waffeln”, meinte sie lächelnd. „Ich habe sehr gutes Gebäck vom Konditor hier.”
Sie verschwand in einem kleinen Nebenraum, und die beiden Mädchen hörten sie mit Papier rascheln.
„Wie gefällt sie dir?” flüsterte Judith Yella zu.
„Ich weiß nicht recht”, wisperte Yella zurück. „Sie ist mir ein bißchen zu blond und zu…”
Frau Parker kam zurück, in der Hand eine große Schüssel mit Keksen und kleinen Törtchen. Waffeln wären mir lieber gewesen, dachte Judith, die trockenen Kekse kaufen wir uns selbst immer im Dorf. Frau Parker goß den Tee auf, und die Mädchen sahen sich in dem kleinen Wohnwagen um.
„Was arbeiten Sie denn?” fragte Yella. „Kann man sich das mal anschauen?”
„Da gibt es nichts zu sehen”, sagte Frau Parker abweisend. „Unser Gerät haben wir im Kofferraum des Wagens, und die Gesteinsproben bringt mein Mann gerade zur Post.”
„Haben Sie schon gefunden, was Sie suchten?”
„Zum Teil – aber wir sind noch nicht fertig.”
„Und was ist das, was Sie suchen?”
„Ach, reden wir doch von etwas Interessanterem”, erwiderte Frau Parker mit aufgesetzter Fröhlichkeit. „Das ist für euch doch ganz langweilig.”
„Keineswegs”, widersprach Yella, „ich interessiere mich sehr für Steine!”
„Erzählt mir von eurem Internat – in welcher Klasse seid
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