Dolly - 18 - Sag ja, Dolly!
verstehen doch was von solchen Sachen, ich meine, kleine Kinder und so, wie Kathrinchen… wenn man einem kleinen Kind was abgewöhnen will, was es nicht tun soll, weil… weil das nicht gesund für es ist, wie macht man das dann?” Hinter ihr unterdrückten Rosi und Lilli ein Kichern.
„Nun, ich würde es dem Kind in einem ruhigen, ernsten Ton sagen. Und wenn es diesen Fehler, oder sagen wir besser, diese Schwäche nicht ablegen will, würde ich mich zunächst mal fragen, was das Kind für einen Grund hat, so zu handeln. Ob es sich einsam oder zurückgesetzt fühlt. Ob es vor irgend etwas Angst hat. Ob es die Konkurrenz älterer Geschwister fürchtet oder sich im Freundeskreis nicht glücklich fühlt, weil es keine Anerkennung findet. Kurz: ich würde das Problem, das dahintersteht, herausfinden und versuchen, es zu lösen, verstehst du?”
„Das ist aber schwierig. Gibt es nicht noch andere Methoden? Die schnell und knallhart wirken?” Dolly sah Jana erstaunt an.
„Ich verstehe nicht ganz, worauf du hinaus willst. Ihr kennt mich gut genug, um zu wissen, daß ich ,knallharte’ Methoden ablehne. Früher hat man so etwas getan, einem daumenlutschenden Kind zum Beispiel den Daumen mit Senf beschmiert oder einem Zappelphilipp die Beine am Stuhl festgebunden. Ein schrecklicher Gedanke.”
Während Dolly sprach, hatte Jana große Augen bekommen. Bedeutungsvoll sah sie die anderen an.
„Danke, Hausmutter, daß Sie meine Frage so gründlich beantwortet haben, jetzt weiß ich Bescheid.” Sie schickte ein strahlendes Lächeln hinterher, und die anderen nickten eifrig.
Dolly hatte das letzte Wäschestück verteilt und verließ den Schlafsaal. Was wohl hinter dieser Frage steckte? Gab es unter ihnen ein Mädchen, dem sie etwas abgewöhnen wollten? Aber alle waren vollzählig versammelt gewesen, es konnte sich also um keine aus dem Schlafsaal der Zweiten handeln. Vielleicht eine der Kleinen? Oder eine aus dem Westturm? Nun, sie würde dieses Rätsel nicht lösen. Trotzdem blieb eine leichte Unruhe zurück, wie Dolly sie immer spürte, wenn ihre Burgmöwen etwas ausheckten.
Drinnen steckten die Mädchen die Köpfe zusammen. Was hatte Jana mit ihrem bedeutungsvollen Blick gemeint?
„Daß ihr da nicht selber drauf kommt! Der Daumen – mit dem Senf! Wir müssen ihr das Naschen verleiden, indem wir ihre Süßigkeiten ungenießbar machen!”
Rosi wandte sich kopfschüttelnd ab.
„Vergiß es. Das hört sich zwar theoretisch sehr gut an – aber wie willst du’s in der Praxis durchführen? Ständig in ihr Zimmer schleichen und ihre Schokoladen-und Keksvorräte mit Salz und Pfeffer bestreuen? Spätestens nach drei Tagen hat sie rausgefunden, wer dahintersteckt!”
In diesem Augenblick läutete es zum Abendessen, und sie mußten in den Speisesaal hinunter. Während sie am Tisch saßen, beobachteten sie Fräulein Wehmut nachdenklich. Es war offensichtlich, daß sich die Lehrerin gewaltsam zurückhielt, wenn ihr die Schüsseln gereicht wurden. Rosi seufzte. Welch eine Qual, wenn man dazu verurteilt war, ein Leben lang Diät zu halten! War es nicht grausam, ihr die kleinen Freuden ihres trüben Daseins nehmen zu wollen? Andererseits betonte Fräulein Wehmut bei jeder Gelegenheit, wieviel wohler sie sich fühle, seit sie abgenommen habe und auf ihr Gewicht achte. Und sie hörte nicht auf, die Mädchen zu ermahnen, ihr bei ihrem Vorhaben zu helfen. War es so gesehen nicht sogar eine gute Tat, wenn man ihr den heimlichen Genuß von Süßigkeiten austrieb?
Als die Zweite später im Gemeinschaftsraum versammelt war, wurde das Thema erneut diskutiert.
„Ich habe darüber nachgedacht”, meldete sich Monique, die pummelige kleine Französin, zu Wort, der Fräulein Wehmuts Problem nicht fremd war. „Ich wollte es vorhin nicht sagen, als Madame Dolly bei uns war, aber meine Eltern haben so etwas Grausames auch einmal versucht. Ich wollte wie immer vom Kuchen naschen, ich steckte gleich ein ganz großes Stück in den Mund, aber er war aus Seife und Sägemehl, es war scheußlich! Nie wieder habe ich heimlich von einem Kuchen probiert. Nur wenn ich gesehen habe, daß andere auch davon essen.”
Die Mädchen hatten Monique interessiert zugehört. Das war’s! So eine richtige Traumtorte mit viel Sahne und verziert mit Schokolade, da würde Fräulein Wehmut sicher nicht widerstehen können!
„Aber wo kriegen wir so eine Torte her?” überlegte Jana. Roswitha wußte sofort Rat: „Nicht verzagen, das Möwennest fragen.”
„Rosi, du bist
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