Dolly - 18 - Sag ja, Dolly!
haben.”
„Geburtstag? Torte? Davon weiß ich gar nichts. Gut, daß du mich darauf aufmerksam machst, mein Kind, ich werde mich nachher gleich einmal erkundigen.”
Fräulein Wehmut verschwand im Musikzimmer. Aber bald merkte sie, daß es mit ihrer Konzentration auf die Gesangsübungen nicht zum besten stand. Die Frage nach der Torte schob sich lästig in den Vordergrund, also konnte sie genausogut erst einmal ihren Pflichten als Klassenlehrerin der Zweiten nachgehen.
Juanita folgte ihr unauffällig.
Leider gab es keinen Zeugen für das, was nun hinter der geschlossenen Tür des Gemeinschaftsraumes geschah. Lange Zeit blieb alles still. Dann wurde urplötzlich die Tür aufgestoßen, Fräulein Wehmut stürzte aus dem Zimmer, die Hand fest auf den Mund gepreßt, und verschwand in den Toilettenräumen. Der Rest blieb Juanitas Phantasie überlassen.
Als die Mädchen aus der Zweiten eine Stunde später ihren Gemeinschaftsraum betraten, blieben sie verblüfft in der Tür stehen. Von der Torte war nur noch ein kleiner Rest übrig.
„Das gibt’s doch nicht! Sie kann unmöglich das ganze Zeug verputzt haben!” sagte Gundula entsetzt.
„Seht mal, hier!” Jana hielt einen Zettel hoch, der neben dem Teller gelegen hatte und der eine Botschaft in krakeliger Kinderschrift enthielt: Ätsch! Ihr solltet eure Schätze besser bewachen! Danke für die Spende! Die Räuber der schwarzen Hand.
Die Mädchen sahen sich betreten an. Den Kleinen geschah es recht, wenn sie die Folgen ihrer Tat zu tragen hatten. Aber war ihr schöner Plan nun ins Wasser gefallen? Beim Abendessen blieb der Tisch der Ersten leer. Statt dessen orderte Dolly in der Küche Kamillentee. Auch Fräulein Wehmut ließ sich entschuldigen. Aber vorher übergab sie Gundula eine große Tüte, in der sich Kekse, Pralinen und Schokolade befanden. Die habe sie geschenkt bekommen, wolle sie aber ihrer Figur zuliebe nicht anrühren. Gundula möge alles im Schlafsaal verteilen.
Überraschung für die Fünfte
Mit der Fünften hatte Dolly keine Probleme. Ja, es war oft so, daß sie abends ein wenig länger im Schlafsaal der Fünften blieb, um sich bei Mona, Olivia, Susu, Vivi, Olly und ihren Freundinnen zu erholen, wenn Temperamentsausbrüche und Streiche, Kümmernisse oder Übermut bei den übrigen Bewohnerinnen des Nordturms sie erschöpft hatten.
Die Mädchen aus der Fünften standen ihr ganz besonders nah, auch wenn sie versuchte, niemanden unter den ihr Anvertrauten zu bevorzugen oder zu vernachlässigen. Vielleicht lag es daran, daß gerade von denen aus der Fünften fast jede eine besonders schmerzvolle Vergangenheit hatte, Krisen, die sie mit den Mädchen gemeinsam überwunden hatte. Das war auch der Grund, daß sie hier auf Verständnis, Toleranz und eine Reife traf, die bei einigen weit über das in ihrem Alter übliche Maß hinausging. Meine großen Töchter, nannte Dolly sie insgeheim zärtlich. Auf die war Verlaß, mit ihnen konnte man jedes Problem frei diskutieren, und wo immer Hilfe gebraucht wurde, waren sie zur Stelle. Nur ungern dachte Dolly an den Tag der Trennung. Noch hatten sie ein ganzes Schuljahr – die sechste Klasse – vor sich, aber wie schnell würde das vergehen!
Die Mädchen aus der Fünften teilten Dollys Gefühle.
Olly und Vivi würden auf jeden Fall ins Möwennest überwechseln, möglicherweise auch Gusti, Maria und Andrea, während Susu, Mona und Olivia gemeinsam mit den Zwillingen Charlie und Isabella, die jetzt als Austauschschülerinnen in Frankreich waren, an eine Universität umziehen würden. Aber eines hatten sie Dolly schon jetzt geschworen: Jedes Jahr würde es ein Klassentreffen auf der Burg geben!
Auch an diesem Abend saß Dolly auf Vivis Bettkante. Um sie herum hockten oder lagerten die übrigen. Dominique hatte ein Päckchen von ihren Eltern bekommen, mit einer Auswahl an Gebäck und Schokolade. Andrea und Maria, die Cousinen, waren in der Kreisstadt beim Zahnarzt gewesen und hatten zwei große Flaschen Johannisbeersaft für den Schlafsaal mitgebracht, den sie nun verteilten.
„Das ist ja wie eine vorverlegte Mitternachtsparty”, meinte Dolly lachend. „Köstlich sind diese Kekse, Dominique, da muß ich dir gleich noch einen stibitzen.”
„Bitte sehr, es ist genug für alle da. Ich habe meinen Eltern geschrieben, wenn sie etwas schicken, müßte es für den ganzen Schlafsaal reichen.”
„Fehlt nur noch Musik”, sagte Gusti vergnügt, „aber dann hätten wir gleich den ganzen Nordturm hier. Und die sollen ruhig
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