Dolly - 18 - Sag ja, Dolly!
Felicitas, Dollys jüngere Schwester, die als Studentin des Möwennestes und Kochschülerin sich der Gruppe zur Verfügung gestellt hatte. „Aber teuer!”
„Und eine Sau-Arbeit!” kommentierte Andrea trocken.
„Wir müßten noch mal alles ändern”, seufzte Valentine.
„Und wir haben nur noch so wenig Zeit!” jammerte Regine.
„Trotzdem!” sagte Olly und sah lauernd in die Runde. „Machen wir’s?”
Alle nickten begeistert. Der Einfall war einfach zu gut, um nicht in die Tat umgesetzt zu werden.
An diesem Abend fand Monsieur Monnier einen anonymen Brief in seiner Manteltasche, den er schnell vor seiner Frau verbarg. Darin bestellte eine nicht genannte Person eine Spanplatte mit den Umrissen Frankreichs in der Größe von zwei auf drei Metern, laut beigefügter Zeichnung. Alles unter eilig und streng geheim, Auftragsannahme und spätere Lieferung über eine Vertrauensperson im Möwennest: Felicitas Rieder.
Am nächsten Morgen erschien Monsieur Monnier mit einer halben Stunde Verspätung zum Unterricht.
Der große Tag kam. Die an den Vorbereitungen Beteiligten waren vom Unterricht befreit worden, um die Generalprobe abhalten zu können, die Tische zu decken und das Büffet vorzubereiten. Um sechs Uhr begann die Aula sich zu füllen. Man bewunderte das Zeltdach aus roten, weißen und blauen Stoffbahnen, die Girlanden an den Wänden, ebenfalls in den Farben der Trikolore, und die originellen Kulissen, die aus mit Pariser Straßenszenen bemalten Laken bestanden. Ein weiteres Laken schwebte aufgerollt über der Bühne, um bei den Foto-oder Dia-Projektionen nach Bedarf hinuntergelassen zu werden.
Als letzte betrat Frau Greiling den Raum und setzte sich neben die Lehrer in die erste Reihe. Hinter der Bühne schlugen ein Dutzend Herzen schneller, aber schon ging es los: Das kleine Orchester intonierte ein freches Pariser Chanson, und Jacqueline, im Frack und mit Zylinder als flotter Conferencier, sprang auf die Bühne und begrüßte das Publikum: Wie sie sehe, seien wieder nur Touristen in Paris, während die hübschen Pariserinnen fern im Ausland weilten (hier lachte das Publikum zum erstenmal herzlich, und auch der letzte Rest Lampenfieber verschwand), aber das macht nichts, sie habe ohnehin die Aufgabe, ihnen, den Touristen, ihr Land zu zeigen.
Jetzt trat von der anderen Seite Mona auf. Sie war als Straßenmusikant gekleidet, ein kalter Zigarettenstummel klebte in ihrem Mundwinkel, und auf dem Kopf saß schräg überm Ohr eine Baskenmütze. Nicht das Touristen-Paris sollte man den Leuten zeigen, unterbrach sie den Conferencier, diesen Fehler machten alle. Nein, das Paris, das Frankreich der Franzosen wollten die Leute sehn!
Und nun prasselte ein solches Feuerwerk an Liedern und Szenen auf das Publikum nieder, daß es fast das Atemholen vergaß. Da gab es Einblicke ins Familienleben der französischen Gastschülerinnen, anhand witziger Kleinkinderfotos vorgeführt und von Mona und Jacqueline humorvoll kommentiert. Dazwischen Postkarten und Dias von Sehenswürdigkeiten – so geschickt gemischt, daß der Zuschauer den Eindruck gewann, auch diese entstammten dem Familienalbum von Helene, Monique oder Viviane. Immer wieder wurde der Vortrag der beiden von musikalischen Einlagen oder einer rasanten Tanznummer unterbrochen. Je stärker die Lachsalven aus dem Publikum kamen, desto mutiger wurden die Darstellerinnen auf der Bühne, und am Ende klang sogar Dominiques Stimme klar und kräftig bis in die letzte Reihe.
Doch den stärksten Applaus konnten Helene, Lucy, Juanita und Babsi für ihre gelungenen Auftritte einheimsen. Sie hatten sich aus einem Anekdoten-und Witzebuch ein paar Szenen herausgesucht, die sich mit sprachlichen Mißverständnissen zwischen Franzosen und Ausländern befaßten, und sie zu Sketchen umgearbeitet. Ihre schauspielerischen Fähigkeiten waren verblüffend und entsprechend groß der Jubel des Publikums.
Am Ende der Show traten Jacqueline und Mona mit vor Freude und Erschöpfung glühenden Gesichtern noch einmal an die Rampe.
„Verehrte Frankreich-Reisende”, sagte Jacqueline, „wir hoffen, daß unsere Führung Ihnen gefallen hat, und…”
Der Applaus hinderte sie am Weitersprechen, bis Mona, mit einem kessen Pfiff auf zwei Fingern, wieder Ruhe im Saal erzwang.
„He, wir sind noch nicht fertig! Messieurs – dames…”, Mona zog ihre Mütze und verbeugte sich galant, „unsere Aufgabe ist jetzt beendet. Wir entlassen sie ins Abenteuer! Das Abenteuer, Frankreichs Provinzen kulinarisch zu
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