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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Begegnung mit Herrn Nox hat er von diesem Bazobo gefaselt, und eben habt auch Ihr den Namen genannt und eine Erklärung angekündigt. Doch bis jetzt weiß ich immer noch nichts über diesen Römer. Weshalb zeigt er sich hier nicht? Ist er feige?«
    »Er ist kein Römer.«
    »Das habt Ihr eben noch behauptet.«
    Der alte Mann schmunzelte. »Bazobo ist kein Mensch. Bazobo ist der tödliche Atem Gottes. Der Odem der Rache. Nur drei Jahre nach dem Raub der Gebeine der Heiligen Drei Könige ereilte die Diebe ihre gerechte Strafe. Friedrich Barbarossa hatte auch Rom in die Knie gezwungen, sein Heer lag in diesem Sommer des Jahres 1167 noch am Monte Mario in der Heiligen Stadt. Doch die Truppen des Staufers kannten die Tücken nicht, die das Land bereithielt. Ein Sturm zog auf, der eine Urgewalt ist verglichen mit dem Windchen, das euer Köln eben ein bisschen durchgerüttelt hat. Ein Sturm, der stets in den heißen Monaten aufzieht, so heimtückisch und böse, dass die Römer ihm schon vor Menschengedenken einen Namen gegeben haben. Bazobo. Er setzte die Straßen unter Wasser, spülte den Unrat aus den Gossen in die Häuser, er vermischte alles, was auf Erden war, zu einer braunen Brühe, geradeso, als wolle der Schöpfer einen Neuanfang wagen. Der Bazobo jenes Sommers stürmte auch durch die Sümpfe vor Rom und wehte die schlechte Luft in das Lager der Deutschen, die  mal aria . Ein unerträglicher Gestank lag über dem Tal, selbst die Pferde und die Kleidung stanken, worauf sich der Kaiser auf den Gipfel zurückzog. Was allen Lombarden, allen Römern nie gelingen wollte, gelang der Seuche. Sie wütete unter den Kriegern, zog in jedes Zelt, brachte Fieber und nahm Leben, ohne Achtung vor Stand und Herkunft. Sie tötete Ritter, Fußvolk und Schildträger. Sie besiegte den Kaiser und sein Heer. Bazobo sei Dank.«
    »Der Kaiser starb am Fieber?«
    »Nein. Barbarossa nicht. Auch er erkrankte am Fieber, doch seine Strafe war, den Bazobo und seine Folgen zu überleben. Er musste den Tod seiner besten Männer und die schmerzvolle Niederlage ertragen. Der Kaiser hatte jahrelang Krieg gegen die italienischen Städte geführt und seine eigenen Päpste gegen den wahren Bischof von Rom auf den Schild gehoben. Nun endlich war der Herrgott des Treibens leid geworden und hatte dem Rotbart gezeigt, was er von seinem Tun hielt. Ich bin mir sicher, diese Schmach war die Rache für den Raub der Gebeine. Unter den Toten waren viele Edle des Reiches. Friedrich von Schwaben starb, ebenso Herzog Welf, die Bischöfe von Lüttich, Augsburg, Speyer oder auch Prag und, was mich besonders befriedigt, Kölns Erzbischof und Reichskanzler Rainald von Dassel. Das Fieber hat in seinen Eingeweiden gewütet und ihn unter elendigen Schmerzen verrecken lassen wie einen tollwütigen Köter.«
    Jenne hob die Schultern. »Aber dann habt Ihr Eure Rache doch schon gehabt. Der Räuber ist tot, qualvoll gestorben, und all das ist schon fast hundert Jahre her. Warum müsst Ihr nun noch so viele Menschen umbringen, die von all diesen Dingen nichts wissen? Das kann der Herrgott doch auch nicht wollen.«
    »Wenn er es nicht wollte, mein Kind, hätte er mich gewiss aufgehalten. So wie er Rainald und Barbarossa doch noch Einhalt geboten hat.«
    Das Grinsen in Brunos Gesicht widerte Paulus an. Sein Hals war wie zugeschnürt, und ihm schwirrte der Kopf. Seine Gedanken sprangen von der Enttäuschung über Matthias’ Verrat über den abgebrannten Dom zurück zu der wirren Logik Brunos. Wären die Schlussfolgerungen des Mailänders richtig, dann hätte Gott auch gewollt, dass Paulus in dieser elenden und vertrackten Lage steckte.
    Der Wind blies noch immer aus Osten, und der Rudergänger stemmte sich gegen die Pinne, damit das Schiff nicht zu nah an die Mühlenschiffe herankam. Die Sonne war fast ganz untergegangen. Gegen den Himmel zeichnete sich das Stein- und Holzgerippe auf dem Domhügel ab. Die letzten Brandnester glühten hoch über Köln.
    Das Schiff war nun in Höhe des Werthchens. Paulus wagte einen bangen Blick hinaus auf die Summus, die schon in fast greifbare Nähe kam. Die drei Gestalten bewegten sich schneller als zuvor. Was schleppten sie da nur aufs Deck?
    »Schneller, schneller, sie sind gleich da!«
    Der Müller der Summus feuerte seine Frau und Konstantin an. Sie zogen Mehlsäcke aus dem Mühlhaus auf das Plankendeck, während Barthel selbst ein Tau nach dem anderen kappte, das die Summus mit den anderen Schiffsmühlen verband. Er hinkte, aber Konstantin

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