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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Die Mauer war fast so hoch wie zwei Männer. Die beiden würden den Sturz überleben. Doch war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie sich beim Aufprall verletzten. Er wollte zur Stelle sein und ihnen Hilfe leisten. Eine sehr besondere Hilfe. Indem er sie zur Ader ließ, etwa.
    Nox beschleunigte seinen Schritt. Er konnte die beiden nicht mehr sehen, weil zu viele Menschen zwischen ihm und den beiden Gestürzten standen. Keinesfalls wollte er Gefahr laufen, dass sie genug Zeit hatten, humpelnd in der Menge zu verschwinden.
    Was war das nur für ein Häuflein, das dieser Paulus um sich geschart hatte? Ohne Zweifel gehörten diese Gestalten, die von der Mauer geflüchtet waren, zu dem Jungen. Hatte er sie ins Vertrauen gezogen? Vermutlich, denn sie schienen genau zu wissen, dass sie ihn zu fürchten hatten. Nox packte den Panzerbrecher fester.
    Das Gebüsch am Fuß der Mauer bremste ihren Fall. Jenne war ein Leichtgewicht und schnell wieder auf den Beinen, Paulus hingegen landete hart auf der Seite und stieß sich den Arm in die Rippen. Während er auf den Knien hustend versuchte, wieder zu Luft zu kommen, spürte er Blut auf seiner Stirn. Die dornigen Zweige hatten ihm die Haut geritzt. Zu allem Überfluss musste er das Gelächter der Umstehenden über sich ergehen lassen.
    »Alles in Ordnung?« Jenne beugte sich über ihn und hielt gleichzeitig Ausschau nach Nox.
    Paulus brachte nur ein Ächzen hervor. Er bedeutete ihr mit einer Handbewegung, dass es wohl gleich wieder gehen würde.
    »Steh auf. Du musst den Rücken durchdrücken. Dann bekommst du Luft.«
    Paulus rappelte sich auf, presste beide Hände ins Kreuz und straffte sich. Mehr Zeit zur Erholung blieb nicht. Sie mussten zusehen, dass sie fortkamen. Doch wohin? Hinter ihnen war die Mauer, vor ihnen das Gedränge der Schaulustigen und irgendwo mitten im Gewimmel ein Mörder, der es auf ihre Kehlen abgesehen hatte.
    »Wohin?«, fragte Jenne.
    »In den Dom. Er wird es nicht wagen, uns dort etwas anzutun.«
    »Dann laufen wir ihm in die Arme.«
    »Er rechnet am wenigsten damit, dass wir ihm entgegenkommen. Er wird glauben, wir würden zurück zur Pforte laufen. Wir müssen nur aufpassen, dass er uns nicht sieht.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr.«
    »Mir nach.«
    Paulus nahm Jenne an der Hand und rannte los.
    Matthias und seine abgehalfterten Gefährten wollten schon das Weite suchen, da konnte Barthel gerade noch rechtzeitig einschreiten. Mit offenen Armen stellte er sich ihnen in den Weg und hielt sie auf.
    »Falsche Richtung«, rief er. »Paulus und Jenne sind auf der anderen Seite heruntergefallen.«
    »Lass uns Leine ziehen, Brüderchen. Wir sind entdeckt, bevor wir unseren Auftrag überhaupt annehmen konnten. Rette sich, wer kann.«
    Barthel trat einen Schritt auf Matthias zu. »Du lässt deinen Bruder im Stich?«
    »Ich kenne ihn. Er kommt zurecht. Nox wird ihn nicht in die Finger bekommen.«
    »Dann weiß ich nicht, warum wir Reißaus nehmen sollten. Nox kennt euch nicht. Ihr aber kennt euren Auftrag. Also macht kehrt.«
    Matthias zögerte, ebenso seine Weggenossen. Barthel wusste, wie er die Männer überzeugen konnte. Er griff in seinen Brustbeutel, holte einige Münzen hervor und ließ sie im Sonnenlicht auf seiner flachen Hand blitzen.
    »Ihr habt die Gelegenheit, den ganzen Sommer über sorgenfrei zu leben, wenn ihr nur ein paar Stunden eurer Zeit opfert. Macht ihr mit?«
    Der mit dem Hängelid wiegte den Kopf. »Weiß nicht. Paulus hat eben von einem Schlächter gesprochen.«
    »Ihr sollt es ja nicht mit ihm aufnehmen, sondern ihn nur beobachten. Einfach nur auf Abstand bleiben. Mehr braucht ihr nicht zu machen. Haltet euch im Hintergrund. Matthias und ich kümmern uns darum, dass er unseren Paulus und seine Jenne nicht in die Fänge bekommt. Richtig, Matthias?«
    Matthias sah Barthel böse an. Dann nickte er. Die Münzen hatten ihn überzeugt. Was auch sonst. Barthel hätte am liebsten einen Fluch ausgestoßen.
    »Gehen wir«, sagte er und schritt forsch voran. Um sich und den Männern hinter sich Mut zuzusprechen, fügte er hinzu: »Wir sind fünf gestandene Kerle. Wir haben nichts zu befürchten.«
    »Vier gestandene Kerle«, zischte Matthias, als sie sich an den Schaulustigen vorbei durch die Hachtpforte drängten. »Du zählst nicht. Du hast nur ein großes Mundwerk, mehr nicht.«
    »Und du bekommst immer dann große Augen und lange Finger, wenn du ein paar Münzen siehst.«
    Sie wandten sich nach links, dorthin, wo Paulus und Jenne gelandet sein

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