Don Quixote
Hauch annimmt und von ihm verdunkelt wird. Ein tugendhaftes Weib muß man wie eine Reliquie behandeln, sie verehren, aber nicht anrühren; die edle Frau muß man so bewahren und schätzen, wie man einen schönen Garten bewahrt und schätzt, der voller Blumen und Rosen steht, dessen Besitzer nicht erlaubt, daß einer hereintrete und sie berühre, nur aus der Ferne und durch die Eisenstäbe darf man den Duft und die Schönheit genießen. Endlich will ich dir noch einige Verse sagen, die mir beifallen und die ich in einer neuern Komödie gehört habe, die mir hier wegen des Gegenstandes, worüber wir sprechen, schicklich angebracht scheinen. Ein verständiger Alter gibt dem Vater eines Mädchens den Rat, daß er sie zurückgezogen halte, bewache und einschließe, und unter andern Dingen sagt er ihm folgendes:
Weiber sind wie Glas so fein;
drum dich nicht der Prob' erfreche,
ob es, ob es nicht zerbreche,
beides kann gar leichtlich sein.
Leichter ist, es springt zu Stücken,
und das heißt gewiß nicht klug
anzustellen den Versuch,
was man nicht nachher kann flicken.
Meinen haben noch gewollt
viele, was auch mir gefällt;
hat noch Danaen die Welt,
fehlt auch Regen nicht von Gold.
Was ich bisher gesagt habe, Anselmo, ist nur das gewesen, was dich angeht, jetzt sollst du aber noch einiges hören, was mich selbst betrifft; wenn ich weitläufig bin, so vergib mir, denn das Labyrinth, in dem du dich verirrt hast und aus welchem ich dich befreien soll, macht es so notwendig. Du willst mein Freund sein, und doch willst du mir die Ehre rauben, etwas, das aller Freundschaft entgegen ist ; und das ist dir noch nicht genug, sondern du verlangst auch, daß ich es sei, der dir die deinige stiehlt. Daß du sie mir rauben willst, ist deutlich, denn wenn Camilla sieht, wie ich um sie werbe, wie du es verlangst, so muß sie mich notwendig für einen ehrlosen und schlecht gesinnten Mann halten, weil ich mich in ein Unternehmen einlasse, das so fern von dem liegt, wozu ich, mein eigner Wert und deine Freundschaft mich verpflichten sollten. Daß du aber verlangst, ich soll dir die Ehre rauben, ist augenscheinlich, denn wenn Camilla sieht, daß ich um sie werbe, so wird sie glauben, daß ich in ihr irgend etwas Leichtsinniges gefunden habe, das mich kühn genug macht, meine schlechte Gesinnung zu erklären, und wenn sie sich für entehrt hält, so trifft dich ebenso wie sie selbst ihre Unehre; und eben hieraus ist der gewöhnliche Spruch entstanden, daß der Mann eines ehebrecherischen Weibes, wenn er auch unwissend ist oder auch keine Gelegenheit gegeben hat, daß sein Weib ihre Pflicht verlassen konnte, es auch weder sein Verschulden noch seine Unachtsamkeit war, die ihm sein Unglück zugezogen haben, man ihn doch immer gering achtet und mit schändlichen Namen belegt; ja diejenigen, die um die Schändlichkeit seines Weibes wissen, sehen ihn selbst mit Verachtung an, statt ihn mit Mitleiden zu betrachten, da sie wissen, daß er sich nicht durch seine Schuld, sondern durch die Ausschweifungen seiner schlechten Gefährten in diesem Unglück befindet. Ich will dir aber jetzt die Ursache sagen, warum der Mann eines schlechten Weibes mit Recht seine Ehre verliert, wenn er auch nicht weiß, daß sie schlecht ist, er auch keine Schuld hat oder er ihr irgendeine Ursache oder Gelegenheit gegeben, daß sie es ist; werde nicht verdrüßlich, mich anzuhören, denn alles zweckt zu deinem Besten ab. Als Gott unsern ersten Vater im irdischen Paradiese erschuf, so sagt die Heilige Schrift, daß Gott über Adam einen Schlaf ausgoß und daß er während seines Schlafs eine Ribbe aus seiner linken Seite nahm, woraus er unsre Mutter Eva bildete; als Adam nun erwachte und sie erblickte, sprach er: ›Das ist Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinem Bein.‹ Und Gott sprach: ›Für sie wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und sie werden beide nur ein Fleisch sein‹; und damals wurde das göttliche Sakrament der Ehe mit solchen Banden gestiftet, daß nur der Tod sie auflösen kann; und dieses wundervolle Sakrament hat solche Kraft und Tugend, daß es zwei unterschiedene Personen in ein einziges Fleisch verwandelte; ja es tut in den guten Ehen noch mehr, denn ob die beiden Vermählten gleich zwei Seelen haben, so haben sie doch nur einen Willen; und daher kommt es, daß, wie das Fleisch der Gattin eins und dasselbe mit dem des Gatten ist, auch die Flecken, die auf sie fallen, oder die Fehler, die sie begeht, zugleich mit in das Fleisch des
Weitere Kostenlose Bücher