Donaugrund (German Edition)
vergrößerten Augen wirkten besorgt. »Alles okay? Du wirkst so abgehetzt.«
»Ja, es ist nur …« Celia warf Leo einen verunsicherten Blick zu und ärgerte sich in der nächsten Sekunde selbst darüber. Schließlich hatte sie doch beschlossen, sich von ihm nicht kleinkriegen zu lassen.
»Was hat unser Püppchen denn auf dem Herzen?«, fragte er nun auch prompt in seinem schmierigen Ton und fing sich dafür einen strafenden Blick von Simone ein.
Celia fasste sich ein Herz, auch wenn sie wusste, dass sie damit nur neue Angriffsfläche für Leo bot. »Habt ihr … Gibt es Neuigkeiten von Jan?«
Leo sah sie pikiert an, Simone schüttelte den Kopf. »Warum, wie kommst du darauf?«
»Jessica hat mir gerade erzählt, man hätte … seine Leiche gefunden.« Mühsam unterdrückte Celia ein hysterisches Schluchzen.
Simone wurde mit einem Schlag blass, aber Leo grinste nur überheblich. »Du weißt doch, dass Jessica viel erzählt, wenn der Tag lang ist. Darüber solltest du dir nicht das Köpfchen zerbrechen.«
Mit einer beruhigenden Geste legte er eine Hand auf den Arm der immer noch schockiert vor sich hin starrenden Simone. Für Celia hatte er nur einen vorwurfsvollen Blick übrig. »Und vielleicht solltest du deine Zeit besser nicht mit Klatsch und Tratsch verschwenden, meine Liebe. Ich habe eine neue Statistik zum Auswerten in dein Fach gelegt. Ich würde sagen …« Mit einem weiteren Lächeln sah er auf seine Armbanduhr, bevor er Celia wieder in die Augen blickte. »Morgen früh, neun Uhr, ja? Danke schön.«
* * *
»Wenn uns der Melchior zusätzlich zu Wahlners Innereien jetzt nicht auch noch alle anderen Details auf dem Silbertablett präsentiert«, sagte Raphael mit gefurchter Stirn und griff gewohnheitsmäßig in die Ablage zwischen den beiden Vordersitzen, »dann brauchen wir unbedingt noch jemanden zur Unterstützung.«
»Suchst du was?«, fragte ich und tippte grinsend auf das Päckchen Lucky Strike in meiner Handtasche.
»Ach ja. Mist, das hatte ich erfolgreich verdrängt.« Er legte die Hand wieder zurück auf den Schaltknüppel und schaffte es tatsächlich, noch verdrießlicher dreinzusehen.
»Soll ich dir nicht doch eine geben?«
Er warf dem Zigarettenpäckchen einen sehnsüchtigen Blick zu, atmete tief durch und sah endlich wieder auf die Straße. »Nein danke. Erst zum Feierabend, wie besprochen.«
Zufrieden lächelnd verstaute ich die Zigarettenpackung am Grunde der Handtasche. Willensstärke war aber auch verdammt sexy.
»Moritz wär vielleicht was.« Nachdenklich rieb er sich mit der flachen Hand übers Kinn. »Der ist echt motiviert. Und im K3 chronisch unterfordert. Was meinst du?«
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er – nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen – mit der Personalplanung beschäftigt war. »Ich meine«, erwiderte ich missbilligend, »dass wir uns keine Gedanken um Verstärkung machen sollten, solange Herbert noch da ist und der Chef keine SOKO will. Wir sind doch sowieso zu dritt, was willst du denn da zusätzliche Leute abziehen?«
»Wir sind nicht zu dritt, Sarah. Wir sind zu zweit und haben rein zufällig einen Urlauber im Büro sitzen. Das ist ein kleiner Unterschied, finde ich.« Nachsichtig lächelte er zu mir herüber. »Also, Moritz?«
»Ausgerechnet der?«, antwortete ich – wohl wissend, dass ich auch gegen jeden anderen Kollegen genügend Argumente finden würde. »Du willst wirklich mit jemandem arbeiten, der sich auf Facebook ›Lochi der Lochinator‹ nennt und über achthundert Freunde hat?«
»Über achthundert schon?« Raphael verzog das Gesicht zu einem belustigten Grinsen. »Als er mir damals seine Freundschaftsanfrage geschickt hat, waren’s erst knapp sechshundert.«
»Apropos«, fügte ich säuerlich hinzu, »hast du ihm verraten, unter welchem Namen er mich dort findet? Ich werde noch wahnsinnig mit seinen permanenten Statusmeldungen und den grusligen Musikvideos.«
»Die er selbst ständig mit ›nice‹ und ›mega‹ kommentiert, damit auch noch der letzte Depp kapiert, dass er das jetzt ›nice‹ und ›mega‹ findet, oder?«
»Genau.« Mit einem Minimum an Erleichterung atmete ich auf. »Wenigstens geht’s dir auch auf die Nerven.«
»Nicht mehr. Ich hab ihn schon nach zwei Tagen weggeklickt.« Beinahe entschuldigend zuckte Raphael die Achseln. »Das hält doch kein Mensch aus.«
»Eben«, erwiderte ich mit schneidender Stimme. Damit hatte er recht. Nur auf die Idee mit dem Wegklicken war ich noch nicht gekommen.
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