Donaugrund (German Edition)
gelegt, oder?«
»Ja, natürlich«, antwortete Celia, setzte sich eilends auf und griff nach der Bettdecke, die im Begriff war, auf den Boden zu rutschen.
»Er behauptet, dass in seinem Fach keine Texte waren! Und jetzt hat er einen Riesenaufstand gemacht und ist in Saschas Büro gestürmt.«
»Aber …«, stammelte Celia. Natürlich hatte sie die Texte in Leos Fach gelegt! »Was machen denn die beiden in der Firma? Heute ist doch Samstag?«, fragte sie stattdessen.
»Sascha macht Bürokram, und Leo hat behauptet, er wollte dir noch eine Chance geben bis heute früh.«
»Aber ich habe die Texte –«
»Das glaube ich dir ja«, fiel André ihr ins Wort. »Aber das hilft jetzt nichts. Wo hast du die Texte gespeichert?«
»Auf meinem Desktop«, antwortete Celia kläglich. »Ein Word-Dokument, ›Seitensprung.doc‹. Und auf dem Laufwerk, auf das wir alle zugreifen können, habe ich eine Sicherungskopie mit dem gleichen Namen. Im Projektordner, wie immer.«
Sie hörte André wild mit der Maus klicken. »Auf dem Desktop, bist du sicher?«
»Ja, natürlich.« Ihre Stimme versagte beinahe vor Anspannung.
»Da ist nichts, Celia! Hast du sie versehentlich gelöscht?« André klang aufgebracht. »Nein, kann nicht sein, der Papierkorb ist auch leer.«
»Das kann nicht sein«, versuchte sie André und sich selbst zu beruhigen. »Den habe ich schon ewig nicht mehr geleert.« Die Panik schnürte ihr die Luft ab, während sie noch versuchte zu verstehen, was hier vor sich ging.
»Und im Projektordner auf dem Sammellaufwerk ist auch nichts. Verdammte Scheiße!«
Sie hörte, wie André mit der flachen Hand auf den Tisch schlug, und brach in Tränen aus.
»Celia«, sagte er beschwörend, »nicht weinen … Uns fällt schon was ein.«
»Wie kann das sein?«, schluchzte sie. Das war einfach zu viel. Sie hatte diese Datei gespeichert, das wusste sie genau! Wer sabotierte sie hier auf diese hinterhältige Art und Weise?
»Ich weiß es nicht«, antwortete André erbittert. »Irgendwer zieht hier eine ganz miese Show ab. Aber jetzt müssen wir erst mal zusehen, dass wir Leo beruhigen.«
Plötzlich ereilte sie ein Geistesblitz. »Wanja hat mich gesehen, als ich die Texte in Leos Fach gelegt habe. Wanja aus der Technik.«
»Ich glaube, der hat heute Dienst … Bleib mal in der Leitung.«
Celia hörte ein Knacken, dann ertönte die dynamische Verbindungsmelodie und raubte ihr den letzten Nerv. Immer noch strömten ihr die Tränen übers Gesicht, sie versuchte mit fahrigen Händen, sie wegzuwischen, aber schließlich gab sie es auf. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte sie wieder Andrés Stimme.
»Wanja sagt, dass er dich zwar bei den Fächern gesehen hat, aber nicht, wie du etwas in Leos Fach gelegt hast.«
Celia schluchzte auf, die Kehle tat ihr weh, aber sie konnte sich nicht bremsen.
»Und«, fuhr André zögerlich fort, »er kann die Datei nicht rekonstruieren. Die Datensicherung ist gestern Abend nicht durchgelaufen, sagt er. Zurzeit gibt es da öfter irgendwelche technischen Schwierigkeiten …«
»Und jetzt?«, würgte sie hervor.
»Ich weiß es nicht, Celi. Ich komm gleich zu dir, okay?« André atmete tief durch, auch er schien reichlich mitgenommen. »Keine Ahnung, was wir jetzt noch machen können. Aber du hast doch am Montagmorgen den Termin bei Sascha … Vielleicht kannst du alles erklären?«
»Glaubst du?«, fragte sie mit Grabesstimme. »Was hat Leo gesagt, bevor er zu Sascha ins Büro gestürmt ist?«
André zögerte.
»Sag schon, André. Bitte.«
Wieder hörte sie ihn lautstark einatmen, als müsste er sich erst sammeln. »Dass er dich jetzt endgültig feuern lässt.«
* * *
Nach ein paar Stunden öder Schreibarbeit im Büro, in denen wir kollektiv versuchten, die bürokratischen Versäumnisse der letzten Woche nachzuholen, hatte ich gerade noch ausreichend Zeit, mich von Raphael nach Hause befördern zu lassen und meinen Rucksack zu packen, ehe Nicole – wie üblich – Sturm klingelte.
»Komme schon«, rief ich gehetzt in die Gegensprechanlage.
»Auf geht’s! Zumba!«, quietschte Nicoles Stimme völlig übermotiviert aus dem Lautsprecher.
»Ja, genau. Zumba«, murmelte ich vor mich hin und warf mir den Rucksack über die Schulter. Anscheinend war Nicole wieder mal vor dem ersten Vollkontakt bereits mit dem Trend-Virus infiziert.
Als ich zu ihr in den Wagen stieg, lächelte sie mir erwartungsfroh entgegen. »Na, freust du dich auch schon so?«
»Erst mal angucken, den Quatsch«,
Weitere Kostenlose Bücher