Donavan und die Eurasierin
sich uns von der
Seeseite, schaffte etwa zwanzig Knoten in der Stunde, und die Staatsflagge
flatterte im Fahrtwind. Es war ein chinesisches Kanonenboot, nicht gerade
modern aussehend, aber mit ausreichend Bewaffnung versehen, um uns ohne jede
Mühe ins Wasser zu versenken.
»Was zum Teufel tun wir jetzt?«
fragte Ben mit erstickter Stimme.
»Tarnen«, erwiderte ich.
Als sich das Kanonenboot uns
näherte, lagen beide Mädchen ausgestreckt in ihren Bikinis auf Deck. Ben, Hicks
und ich hockten im Heck mit unseren Drinks. Das Kanonenboot umkreiste uns
zweimal, und wir konnten einen Offizier auf der Brücke stehen sehen, der uns
aufmerksam durch sein Fernrohr betrachtete. Das Kanonenboot umkreiste uns ein drittesmal , bevor es wieder auf See hinausbrauste.
»Du lieber Himmel«, sagte Ben
mit leicht zitternder Stimme. »Glauben Sie, daß wir sie getäuscht haben?«
»Na klar«, antwortete ich
zuversichtlich.
»Ich werde mir noch was zu
trinken holen«, murmelte er.
Nachdem Franklin gegangen war,
sah Hicks mich an. »Glauben Sie wirklich, daß wir sie reingelegt haben,
Kollege?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich
nehme an, sie haben nur kontrolliert. Aber wenn ich mich täusche, kann ich nur
hoffen, daß wir alle in dasselbe Straflager gesteckt werden, um für die
nächsten zwanzig Jahre Reis anzupflanzen.«
Um elf Uhr nachts kamen wir in
der Kwan Po Bucht an und ankerten ungefähr achthundert Meter vom Ufer entfernt.
Zwei Fischerdschunken lagen ebenfalls verankert in der Bucht, aber sonst wirkte
alles sehr verlassen. Franklin bestand darauf, die erste Wache zu übernehmen,
und so setzten wir übrigen uns in die klimatisierte Kabine und tranken mäßig.
Ungefähr eine halbe Stunde später berichtete uns Franklin, daß sich ein Sampan
nähere. Ich wies Hicks an, bei den Mädchen zu bleiben, und kehrte mit Franklin
zum Heck zurück. Hoch oben am Himmel schwamm ein Halbmond, und es war kein
Kunststück, das Sampan auszumachen, das näher kam.
»Sollten wir nicht lieber ein
Gewehr holen?« fragte Franklin heiser. »Angenommen, das ganze ist nur eine
Finte?«
»Wenn es das ist«, erwiderte
ich, »wartet das Kanonenboot ohnehin in nächster Nähe.«
»So habe ich mir das ganze
nicht vorgestellt«, knurrte er.
Der Sampan legte an, und eine
schmächtige Gestalt sprang auf das Deck der Dschunke. Einer aus der Mannschaft
des Sampan reichte dem Mann drei Koffer hinüber, die er neben sich auf die
Planken stellte; dann fuhr das Sampan wieder davon.
»Kommen Sie, wir wollen unseren
Gast begrüßen«, sagte ich.
Als wir auf den schmächtigen
Mann zutraten, drehte er sich um. »Mr. Donavan?« fragte er in akzentfreiem
Englisch.
»Ich bin Donavan«, sagte ich.
»Freut mich sehr, Sie
kennenzulernen.« Sein Händedruck war fest. »Mein Name ist Chang.«
»Das hier ist Ben Franklin«,
sagte ich. »Ich glaube, wir können jetzt losfahren.«
»Dafür wäre ich sehr dankbar,
Mr. Danovan «, sagte Chang. »Bisher ist alles glatt
gelaufen, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
»Möchten Sie in die Kabine
hinunterkommen und etwas trinken?« fragte ich.
»Danke. Wären Sie so
freundlich, mir bei meinem Gepäck behilflich zu sein?«
Ich half ihm, seine Koffer
hinunterzutragen; sie waren schwer. Im Licht der Kabine, während ich ihn den
anderen vorstellte, sah ich, daß er ein Mann um vierzig herum war, mit kurz
geschnittenem schwarzem Haar und Augen mit schweren Lidern. Wir ließen ihn bei
den Mädchen zurück, während Hicks und ich hinaufgingen, um Franklin beim Heben
des Ankers zu helfen. Dann verließen wir die Kwa Po Bucht.
»Meinen Sie, ich sollte den
Motor einschalten?« fragte Franklin.
»Der Lärm würde vielleicht
Aufmerksamkeit erwecken«, antwortete ich. »Segeln wir einfach sachte weiter.«
»Erlauben Sie, daß ich Ihnen
eine Frage stelle, Paul?« sagte er vorsichtig. »Wer ist der Mann eigentlich?«
»Ein Biochemiker«, antwortete
ich. »Einer der besten der Welt. Er und seine Vorgesetzten waren sich in ihren
Anschauungen uneins. Deshalb ist er nun das, was man einen Abtrünnigen nennt,
verstehen Sie?«
Franklin atmete tief aus. »Ist
er ein wichtiger Mann?«
»Ich glaube jedenfalls, daß das
Wissen, das er mitbringt, wichtig ist.«
»Ich hoffe bloß, daß wir’s nach
Macau schaffen«, murmelte Franklin.
»Ich auch«, sagte ich.
Chang teilte die luxuriöse
klimatisierte Kabine mit Franklin. Wir anderen schliefen an Deck wie in der
ganzen Zeit, seit wir Hongkong verlassen hatten. Das Wetter war
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