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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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hören.
    »Verhaftet?
Bist du ganz sicher?«
    »Der Deutsche
wollte alles haben, was meinem Bruder gehört!«
    »Dürfen
die denn so was machen?«
    »Die brauchen
uns ja nicht zu fragen, die machen einfach was sie wollen!«
    »Und da
kann man nichts dagegen machen?«
    »Was soll
ich denn machen, Damaris?«
    Aase stoppt
ihr Rad und schluchzt hemmungslos.
    »Nicht weinen«,
bittet Damaris, steigt von ihrem Rad und nimmt ihre Freundin in den Arm. »Uns wird
schon etwas einfallen.«
    Aus der
Ferne weht ein Motorengeräusch herüber, wird lauter und kommt langsam immer näher.
Aase wendet den Kopf und sieht die dunkelbraune Limousine des Deutschen in einer
Staubwolke hinter dem Hügel auftauchen. Die beiden Mädchen verschanzen sich ängstlich
hinter ihren Rädern, als der Opel Olympia direkt neben ihnen anhält. Die Fahrertür
geht auf, und der Deutsche steigt aus. Er ist allein, Bechgaard muss in der Siedlung
geblieben sein. Der Hauptmann kommt gemächlich um die Kühlerhaube auf sie zu. Ein
eigentümliches Wohlgefallen geht von ihm aus. Die Augen unter der Schirmmütze haben
den lauernden Blick einer Raubkatze, die sich alle Zeit lassen kann, bis sie sich
ihre Beute einverleibt. Aase spürt Abscheu, senkt verschämt ihre verweinten Augen.
    »Möchtest
du deinem Bruder helfen?«, fragt die Stimme beunruhigend freundlich. Die Frage klingt
nach Gefahr, erreicht sie ungeschützt und weckt trotzdem Hoffnung. Das Mädchen zittert,
das Fahrrad gleitet ihr aus den Händen und stürzt krachend zu Boden.
    »Willst
du deinem Bruder nun helfen oder willst du nicht? Ich kann dafür sorgen, dass man
ihn noch heute freilässt.«
    »Stimmt
das auch wirklich?«
    »Ja, du
musst nur eine kleine Sache für mich erledigen.«
    »Was soll
ich denn tun?«
    »Dein Bruder
ist unvernünftig, will seit Tagen nicht mit uns sprechen. Ich brauche nur einen
Namen. Wenn er mir einen Namen sagt, kann er freikommen!«
    »Aber es
sind seine Freunde!«
    »Der Name
muss nicht von seinen Freunden sein!«
    »Und was
soll ich für Sie tun?«
    »Du fährst
mit mir nach Thisted. Dort bringe ich dich zu deinem Bruder. Du sagst ihm, dass
ich nur einen Namen will und er dann sofort freigelassen wird. Auf dich wird er
hören. Dann kann er noch heute mit dir zu deinen Eltern zurück. Was meinst du? Bist
du schon so erwachsen, dass du das schaffst?«
    »Muss ich
im Auto mitfahren?«
    »Du kannst
nicht mit dem Fahrrad nach Thisted!«
    »Aber ich
muss zur Schule!«
    »Wenn du
mit mir fährst, brauchst du nicht in die Schule.«
    Aase tauscht
mit Damaris Blicke aus. Die Freundin sieht sie flehend an, schüttelt unmerklich
mit dem Kopf. Doch Aase dreht ihr verzagt den Rücken zu, will das warnende Gesicht
nicht sehen.
    »In Ordnung,
ich mache es«, sagt Aase mit bebenden Lippen. »Ich lasse das Fahrrad hier liegen.
Sagst du dem Lehrer Bescheid, Damaris?«
    »Steig nicht
in das Auto, Aase«, flüstert Damaris ihr zu.
    »Ich muss
meinem Bruder helfen.«
    »Tu es nicht!«
    »Ich muss!«,
sagt Aase trotzig.
    Der Deutsche
öffnet die Beifahrertür, und das Mädchen klettert mit all ihrem Mut auf den Sitz.
Durchs Seitenfenster schaut sie verstohlen zu Damaris, sieht in ihren Augen und
Mundwinkeln etwas Qualvolles. Ihre Arme hängen kraftlos herunter, als wäre sie allein
auf der Welt. Sie starrt bewegungslos auf die spiegelnde Seitenscheibe, hinter der
die diffusen Umrisse von Aase schimmern. Der Motor heult auf, und der Wagen braust
in einer Staubwolke davon. Damaris fühlt plötzlich eine ungeahnte Kraft, sie springt
auf ihr Rad, tritt aus Leibeskräften in die Pedale, immer dem Wagen hinterher. Doch
der entfernt sich immer weiter, wird kleiner und kleiner und taucht hinter einem
Hügel ab. Als sie außer Atem die Kuppe des Hügels erreicht, breitet sich die Landschaft
mit dem See und dem Wald daneben vor ihr aus. Das Fahrzeug des Deutschen ist wie
von der Hölle verschluckt.

Die Unschuld der Kinder
     
    Mama don’t
go,
    Daddy come home.
    Mama don’t go,
    Daddy come home.
    Mama don’t go,
    Daddy come
home.
     
    Der nicht enden wollende Refrain
wird von John Lennon mit gequälter Stimme herausgeschrien, tönt blechern aus dem
Autoradio. Maria Teske kann ihre Gefühle nicht mehr beherrschen, Tränen laufen ihr
die Wangen hinab. Nach der Therapiestunde, stellt sie bekümmert fest, scheint ihre
Psyche jedes Mal besonders nah am Wasser gebaut zu sein. Und der Song trifft sie
in ihrem momentanen Zustand mitten ins Herz.
     
    Mutter,
du hattest mich, aber ich hatte dich

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