Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
auf, und der Däne steigt mit einer Papiertüte in der Hand wieder ein. Sofort
riecht es nach gebratenem Fisch. Ove verteilt die goldgelben Frikadellen in einer
Serviette an alle, und eine Zeit lang sind nur Kaugeräusche zu hören.
»Lachs«,
sagt der Däne kauend, »frisch von der Fischauktion!«
»Jan möchte
noch mal mit Kilian Martens sprechen«, informiert Silvia, nachdem sie sich den Mund
abgewischt hat. »Er hat mir aber noch nicht verraten, wie er das anstellen will.«
»Der ist
hier in Klitmøller!«, sagt Swensen, als er den letzten Bissen hinuntergeschluckt
hat. »Hast du das Plakat vom ›Soulwave Surfcontest‹ vergessen? Der dürfte bereits
voll im Gang zu sein, oder?«
»Stimmt!«,
bestätigt der Däne. »Vorn am Südstrand. Wird hier nur Bunker Beach genannt. Da wird
immer ein großes Partyzelt aufgebaut. Soweit ich informiert bin, spielen am Abend
die Surf Coasters, eine japanische Instrumentalband. Wenn sich euer Surfer heute
in Klitmøller aufhält, werden wir ihn dort finden.«
Der Himmel
zieht den roten Vorhang zu, und es wird langsam dunkel. Sie fahren an Schlangen
geparkter Fahrzeuge vorbei, die einer Invasion gleichend sämtliche Randplätze der
Straße erobert haben. Kurz vor den Dünen steht ein grüner Riesenbus der Biermarke
Tuborg im Licht einer langen Kette von Glühbirnen und ist von einer Schar Menschen
mit Bierdosen in den Händen umlagert. Der Däne steuert seinen weißen Dienstwagen
mit der blauen Aufschrift ›Politi‹ im Schritttempo daran vorbei. Auf dem Parkplatz,
direkt am Übergang zum Strand, steht ein riesiges Pavillon-Partyzelt auf einem Holzsockel,
in dem bestimmt mehrere hundert Personen Platz finden können. Ein schriller Gitarrensound
vibriert durch die Luft, verschmilzt rhythmisch mit dem Lachen und Gejohle. Der
Däne parkt seinen Polizeiwagen frech neben dem Zelteingang. Swensen öffnet die Rücktür
bereits, als der Motor noch läuft, steigt aus und bahnt sich einen Weg durch die
Menschenmenge. Silvia und Ove sehen den Hauptkommissar nur noch zwischen den ausgelassenen
Frauen und Männern im Zeltinneren verschwinden und hängen sich an seine Spur. Es
ist gerammelt voll, ein Menschenknäuel in bunter Kleidung treibt in einer einzigen,
wellenartigen Bewegung auf der Tanzfläche. Von der Bühne hämmert der Beat. Swensen
drängt sich zu einem freien Platz, von dem aus er einen Überblick auf all die fremden
Gesichter hat. In dem schummrigen Licht ist es nicht so einfach, jemanden zu erkennen.
Es dauert eine ganze Weile, bis er den Gesuchten zwischen zwei hünenhaften Bodybuildern
wahrnimmt. Es ist genauso schwer, in dem Gewühl in die Nähe von Kilian Martens zu
kommen. Er hält einem der Männer, der den Surfer abschirmt, seinen Dienstausweis
entgegen.
»German
Police!«, schreit er lauthals der Musik entgegen.
Kilian Martens
gibt seinen Aufpassern mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie sich zurückhalten
sollen.
»Können
wir rausgehen?«, schreit Swensen. »Hier kann man ja sein eigenes Wort nicht verstehen!«
Kilian Martens
nickt und folgt dem Hauptkommissar vor das Zelt. Silvia Haman und Ove Toksvig erwarten
sie am Ausgang und stellen sich an die Seiten der Bodybuilder.
»Frau Sjøqvist
hat uns gerade in einem Gespräch gesagt, dass Sie schon länger von ihrer Schwangerschaft
wissen, Herr Martens«, pokert Swensen, um Martens aus der Reserve zu locken. »Und
Sie wissen auch, dass dieses Kind von Oleander Eschenberg ist. Warum haben Sie uns
das bis jetzt nicht gesagt?«
»Freja hat
mich eindringlich gebeten, darüber Stillschweigen zu bewahren. Sie möchte unter
keinen Umständen, dass die Familie Eschenberg von diesem Kind erfährt.«
»Warum nicht?«
»Weil sie
Angst hat, dass sie dann von der Familie bedrängt wird. Dass die Familie Anspruch
auf das Kind erhebt.«
»Niemand
kann ihr das Kind wegnehmen. Das ist doch kein Grund, es zu verschweigen. Der Vater
ihres Kindes ist tot, und sie weigert sich, die Familie, die ihr in dieser Situation
doch bestimmt helfen würde, zu informieren.«
»Freja braucht
keine Hilfe, nicht von der Familie Eschenberg und erst recht nicht von diesem Kreuzhausen.«
»Und woher
wissen Sie, dass Frau Sjøqvist keine Hilfe nötig hat? Sie wird zu einer alleinerziehenden
Mutter werden, da wird sie finanzielle Mittel brauchen, um über die Runden zu kommen.«
»Glauben
Sie mir, ich weiß, dass es so ist!«
»Weil Sie
mit dieser Entscheidung etwas zu tun haben, nicht wahr? Ist das richtig?«
»Wie kommen
Sie
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