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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Regierungsbildung in Dänemark in Betracht kommen.«
     
    Aus Richtung Hansted schallt das
dumpfe Rattern der deutschen Flak herüber. Englische Aufklärer vor der Küste, denkt
Jesper Stræde besorgt und dreht den Wasserhahn zu, der sich auf dem Siedlungsplatz
befindet. Der Zementstaub im Gesicht ist nur notdürftig abgewaschen. Fröstelnd kommt
er in die Baracke, in der ein penetranter Geruch von Kohlsuppe und Ofenruß steht.
Die Tochter ist bereits im Bett, seine Frau steht mit Schal und dickem Mantel am
Herd. Windböen fegen eiskalt aus Nordwest, bringen feinen Dünensand mit und blasen
ihn durch die Spalten der Bretter. Der Dachbelag klappert unentwegt. Der Fischer
lässt sich mit einem Seufzer auf den Holzhocker vor der Kommode nieder.
    »19.00 Uhr«,
murmelt er leise mit Blick auf die Standuhr. Seine spröden Finger packen den glänzenden
Bakelitknopf des Radios und schalten es ein. Vier Paukenschläge, kurz – kurz – kurz
– lang, quäken aus dem kleinen Holzkasten und bringen ihn zum Dröhnen. Die BBC-Nachrichten
sind ein abendlicher Ritus, den Jesper Stræde trotz seiner wenigen Brocken Deutsch
nicht auslässt, wenn er es rechtzeitig von der Baustelle schafft. Die Paukenschläge
klingen nach Beethovens ›Fünfter‹. Für Jesper Stræde sind sie eine Drohung gegen
die Besatzer. Als Kutterbesitzer weiß er, es ist das Morsezeichen für den Buchstaben
V, V für ›Victory‹.
    »Mach es
leiser, Jesper!« Jonna Strædes Stimme zittert, ihre Hände zerknüllen ihre Schürze.
»Die Deutschen wollen nicht, dass wir ausländische Sender hören. Diesem Bechgaard
von der Zivilverteidigung ist nicht zu trauen. Alle hier sagen, der ist Mitglied
in der DNASP. Er schleicht im Lager herum, um uns das Leben schwer zu machen.«
    »Hier ist
England, hier ist England!«, meldet eine quäkende Stimme. Jesper Stræde gibt nach,
dreht mürrisch die Lautstärke leiser und rückt mit seinem rechten Ohr dichter an
die stoffüberspannten Lautsprecher.
    »Der Kampf
um Stalingrad ist zu Ende, die Sechste Armee der deutschen Wehrmacht ist besiegt.
Feldmarschall Friedrich Paulus hat vor der Übermacht der Sowjetarmee kapituliert.
Seit dem 2. Februar 1943 gibt es im Kessel keine Kampfhandlungen mehr.«
    Endlich,
denkt der Fischer, das Schicksal pocht mit Paukenschlägen an die Tür der Deutschen.
Und auch Bechgaard, diese dänische Naziratte, wird sich bald warm anziehen müssen.
     
    Berichte des Befehlshabers
in Dänemark:
    Zusätzliche Bewaffnung
der dänischen Polizei mit 200 Maschinenpistolen ist vonseiten des Herrn Befehlshaber
abgelehnt, jedoch steht der Beschaffung von 200 einfachen Pistolen nichts im Wege.
     
    Alle geschlossen
marschierenden Truppenteile haben in Städten Dänemarks in Exerzierordnung zu marschieren
und jedes Singen zu unterlassen. In den Vorstädten darf gesungen werden, jedoch
nicht beim Vorbeimarsch an Kirchhöfen und Kirchen. An den Befehl, wonach jedes Singen
den Abteilungen in Lastkraftwagen in allen Ortschaften verboten ist, wird hierbei
erinnert. Die Standortältesten haben gegebenenfalls die näheren Grenzen des Stadtkerns
nach den örtlichen Verhältnissen festzulegen.
     
    »Aaaaa-se! Händewaschen, Essen!«,
ruft die Mutter dem Mädchen entgegen. Sie steht in Jacke und Schürze, einen Zinkeimer
in der Hand, in der Eingangstür und zeigt mit dem Finger in Richtung Siedlungsplatz,
wo es den Wasserhahn gibt. »Und bring gleich Wasser mit!«
    Aase und
ihrer Freundin Damaris sind soeben mit den Rädern von der Schule zurück, außer Atem.
Sie haben den Rest des Wegs eine Wettfahrt zwischen den Baracken gemacht. Das Mädchen
stoppt verschwitzt, lehnt das Rad an die Holzwand, und während Damaris winkend weiter
zum Nebenhaus radelt, greift sie nach dem Eimer und schlendert an einem der Lastwagen
vorbei, die vollgeladen mit Möbeln fast jeden Tag neue Familien ins Lager nach Nytorp
bringen. An allen Seiten des Barackenlagers erklingen Baugeräusche, überall wird
gehämmert und gesägt. Täglich werden neue Häuser fertig gestellt, damit möglichst
viele Menschen, die Hansted verlassen müssen, hier untergebracht werden können.
Seit langer Zeit gibt es nicht enden wollende Gerüchte, dass die Deutschen die totale
Räumung von Hanstedt fordern. Jetzt hat Aase aufgeschnappt, dass alle Hanstedter
nun definitiv das Fischerdorf verlassen müssen. Der böse Mann war nämlich wieder
gekommen, der Herr Bechgaard, der damals das Papier von dem Amt gebracht hat. Aase
hat ihn mit der Mutter sprechen

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