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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Fennen getrieben wurden. Und weil der Marschboden
meist morastig war, mussten die Radnaben der Fuhrwagen regelmäßig eingefettet werden.
Am Smeerkrog gab es dann einen Topf mit Schmierfett und einen Quast dazu.«
    »Klingt
wie ein Vorläufer unserer Tankstellen.«
    »Die nächste
Kreuzung, da steht er«, sagt Silvia, ohne Swensens Vergleich zu würdigen. »Sieht
geschlossen aus, es brennt kein Licht.«
    Swensen
steuert auf den Kiesplatz und stoppt neben einer Tischbank. Ein Teil des Backsteingebäudes
scheint noch aus der alten Zeit zu stammen und könnte das Wohnhaus sein. Der Anbau
mit der Gastwirtschaft ist neueren Datums, die Steine haben noch eine satte Farbe
und sind nicht verwittert. Sie gehen zur paneelverzierten Wirtshaustür, die nicht
recht zum Haus passen will, und Swensen fasst an die Klinke. Geschlossen. Gleich
am Ende des Anbaus ist die Tür zum alten Gebäude. Sie gehen hinüber und klingeln.
Jemand stapft schwerfällig eine Treppe hinab, die Tür öffnet sich, und eine gedrungene,
dralle Frau schaut die Ermittler mit großen Augen an.
    »Sind Sie
Frau Martens?«, fragt Silvia Haman.
    »Richtig,
mein Kind, aber wir öffnen erst am Abend.«
    »Wir sind
von der Husumer Kriminalpolizei. Wir möchten gern mit Kilian Martens sprechen. Das
ist doch Ihr Sohn?«
    »Mein Sohn?
Der wohnt nicht bei uns, schon lange nicht mehr.«
    »Ihr Sohn
war in Hoyerswort, vor zwei Tagen. Wir hofften, ihn hier anzutreffen.«
    »Mein Sohn
in Hoyerswort?« Die Frau hat plötzlich einen gequälten Gesichtsausdruck.
    »Sie wissen
das nicht?«
    »Nein, er
hat sich schon jahrelang nicht bei uns gemeldet. Ich wusste nicht einmal, dass er
in Deutschland ist. Mein Sohn lebt im Ausland.«
    »Wir müssen
ihn als Zeuge vernehmen. Falls er sich doch noch meldet, gebe ich Ihnen meine Telefonnummer«,
sagt die Hauptkommissarin und zieht eine Visitenkarte aus ihrer Jackentasche. »Er
möchte uns bitte umgehend anrufen.«
    »Er hat
doch nichts ausgefressen?«, fragt die Frau erschocken, nimmt zögerlich die Karte.
    »Nein, Frau
Martens, es geht nur um Routinefragen.«
    Haman und
Swensen verabschieden sich, lassen die alte Frau mit unangenehmen Gefühlen zurück.
Die steht wie festgewachsen im Türrahmen und wischt mit dem Handrücken verschämt
ihre feuchten Augen. Die beiden sind froh, als ihre Fahrt in Richtung Oldenswort
weitergeht.
    »Schrecklich«,
platzt es aus Silvia Haman heraus. »Der Sohn ist nur wenige Kilometer entfernt und
meldet sich nicht bei den Eltern.«
    »Er wird
seine Gründe haben«, sagt Swensen und muss daran denken, wie früh er sein Elternhaus
verlassen hat. »Er ist ja offensichtlich, wie unser Opfer auch, sehr früh von Zuhause
abgehauen.«
     
    *
     
    »Die Konzession für die Schankwirtschaft
ist von 1668«, erzählt Wilhelm Andresen, der Inhaber der gleichnamigen Schankwirtschaft,
und die Damen der kleinen Touristengruppe kleben förmlich an seinen Lippen. »Ist
nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs gebaut worden, war eine Hafenkneipe und Postwechselstation.
Gleich hinterm Deich befand sich damals der Handelshafen Katingsiel. Da haben Lastkähne
aus Belgien und Holland angelegt. Von da hat man Getreide und Ochsenfleisch verschifft.
Viele der Inselfriesen fuhren zu der Zeit auf den holländischen Schiffen. Die kehrten
natürlich gerne hier ein und hatten Kacheln dabei, wie hier an den Wänden. Die Kacheln
waren verkaufbarer Ballast. Damit wurde Gewicht in die Schiffe gebracht, bei den
Leerfahrten hierher. Ein gutes Zusatzgeschäft, die waren schließlich plietsch, die
Jungs.«
    Jan Swensen
und Peter Hollmann sitzen nur wenige Meter entfernt auf einem weinroten, abgewetzten
Kanapee in der Ecke der Friesenstube und lauschen dem sprudelnden Wortschwall des
Eiderstedter Originals. Gegen Abend, wenn nur noch wenige Gäste hier ausharren,
wird Wilhelm immer besonders kommunikativ. Jan Swensen hat über die Jahre viele
Geschichten aus dessen Leben aufgeschnappt: dass er gleich nach dem Krieg als ›Kapitän
der Landstraße‹ 25 Jahre lang kreuz und quer durch Europa gefahren ist, danach als
Vertreter für einen Weltkonzern rund um den Globus unterwegs war und in der Zeit
im Pazifischen Raum und in Kalifornien lebte. In den 80er Jahren verpflichtete seine
Mutter, die blonde Kathrein, die 64 Jahre das Regiment über die Schankwirtschaft
geführt hatte, ihren Sohn, die Nachfolge anzutreten. Er hatte 500.000 DM aufgenommen,
brachte es aber im ersten Jahr nur auf 7.500 DM Umsatz.
    »Junge,
Junge, da ging mir die Muffe auf

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