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Donnerstags im Park - Roman

Donnerstags im Park - Roman

Titel: Donnerstags im Park - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Boyd
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einem Zimmermann? Auf so einen kann man sich verlassen; das verbürgt die Bibel.«
    Der Kellner wartete geduldig auf ihre Bestellung, während sie sich vor Lachen ausschütteten. Chanty orderte das Hühnchen, Jeanie Lachs mit Linsen.
    »Aber im Ernst: Wahrscheinlich ist professioneller Beistand nötig, um das Problem in den Griff zu bekommen.«
    »Eheberatung?« Chanty schüttelte den Kopf. »Vergiss es.«
    »Nein, um ihn wieder zu einer Therapie zu bewegen. Denn du hast recht: Sein Verhalten hätte böse Folgen haben können. Er braucht Hilfe.«
    Jeanie sah die Müdigkeit in den Augen ihrer Tochter.
    »Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass er sich fängt, wenn ich ihn nur genug liebe«, seufzte Chanty.
    »Deine Liebe wird ihn nicht ändern, Chanty. Das muss er selber anpacken.«
    »Glaubst du denn, er kann das?«
    Jeanie zuckte mit den Achseln. »Für ihn steht viel auf dem Spiel.«
    Erst als nach dem Essen der Minztee serviert wurde, legte Chanty die Hände flach auf den Tisch – eine Geste, die Jeanie an George erinnerte. Jeanie und Chanty hatten mittlerweile einen Schwips, und Jeanie war es fast egal, was ihre Tochter nun sagen würde.
    »Danke, Mum, dass du mir so geduldig zugehört hast. Aber da wäre noch ein Punkt.«
    »Ja?«
    »Bitte sag mir, dass du keine Affäre mit Ray hast.«
    Im Nachhinein war Jeanie klar, dass sie Chanty hätte anlügen können. Wie definierte sich eine Affäre? Sie hatte nicht mit Ray geschlafen. Und ihre Tochter war so sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass sie die Antwort auf ihre fast beiläufig geäußerte Frage vielleicht gar nicht hören wollte. Trotzdem wurde Jeanie rot. Einen verräterischen Moment lang zögerte sie, und sie bemerkte Chantys schockierte Reaktion. Nun wusste Jeanie, dass es zu spät war für eine Lüge.
    »Mum?«
    Jeanie hatte keine Ahnung, was sie antworten sollte.
    »Dann stimmt es also wirklich! Du hast eine Affäre.«
    »Nein«, presste Jeanie schließlich alles andere als überzeugend hervor.
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Ich bestreite nicht, dass ich … Gefühle für ihn hege …« Wie schwierig das war, obwohl sie sich genau dieses Gespräch so oft vorgestellt hatte!
    »Mum, es ist ganz einfach. Hast du Sex mit Ray?« Chanty beugte sich mit durchdringendem Blick vor.
    »Ich habe nicht mit ihm geschlafen, falls du das meinst.«
    Das schien Chanty den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    »Gott sei Dank. Aber das habe ich dich nicht gefragt.«
    »Es geht nicht nur um den Sex … Darum dreht sich’s nicht.« Wie sollte sie erklären, dass ihr gemeinsames Lachen, das Wohlbefinden in seiner Gesellschaft genauso wichtig waren wie seine Küsse?
    »Du hast nicht vor, Dad zu verlassen, oder? Mum, das kannst du nicht.«
    »Ich weiß nicht, was ich tun werde«, antwortete Jeanie, und das entsprach der Wahrheit.
    Als Chanty sie anstarrte, kam Jeanie zu Bewusstsein, was für eine schöne Frau ihre Tochter mit den hohen Wangenknochen und den strahlenden Augen, in denen sich das Kerzenlicht spiegelte, war. So stark und ehrlich, umgeben von jämmerlichen Menschen voller Geheimnisse. Sogar der ehrliche George hatte eine Leiche im Keller.
    Chanty schüttelte verzweifelt den Kopf. »Was soll das heißen: Du weißt es nicht?«
    »Genau das. Chanty, es ist schwierig. Zwischen Ray und mir besteht eine sehr starke Verbindung. Wir …«
    »Mum, Schluss damit. Das muss sofort aufhören.« Sie wartete darauf, dass ihre Mutter ihr beipflichtete. Als das nicht geschah, fuhr sie fort. »Mum, Dad hat das nicht verdient. Er ist der beste Ehemann, den man sich vorstellen kann. Ihr liebt euch, das weiß ich. Überleg doch mal: Diesen Ray kennst du überhaupt nicht.«
    »Doch, ich kenne ihn.«
    »Wie kann das sein? Wie lange kennt ihr euch? Höchstens ein paar Monate, oder? Du sagst, ihr habt noch nicht mal miteinander geschlafen. Wie wichtig kann eine solche Beziehung sein? Mit Dad bist du seit Ewigkeiten verheiratet.«
    »Darum geht’s nicht.«
    »Worum dann? Mein Gott, das ist nicht zu fassen. Du bist sechzig, Mum, nicht sechzehn. Du kannst nicht im Ernst mit dem Gedanken spielen, eine wunderbare Ehe aufzugeben für … was? Für ein bisschen … Nenn es, wie du möchtest, aber am Ende muss es Sex sein. Ekelhaft.« Chanty bebte vor Entrüstung.
    Der Garten hatte sich geleert; jetzt war nur noch ein Tisch auf der anderen Seite besetzt – vier Männer um die fünfzig, wahrscheinlich Italiener, deren Gesichter im Kerzenlicht rot glänzten. Ihr lautes Lachen übertönte Chantys

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