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Donnerstags im Park - Roman

Donnerstags im Park - Roman

Titel: Donnerstags im Park - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Boyd
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Jeanie?«
    »Dass ich mich in dich verliebt habe.« Inzwischen kümmerten sie Begriffe nicht mehr, und genauso egal war es ihr, ob ihre Gefühle erwidert wurden oder wie Ray reagieren würde. Für sie zählte nur noch die Wahrheit und dass Ray sie erfuhr. Sie auszusprechen, war wie ein Akt der Reinigung. Ihr Herzschlag beruhigte sich.
    »Jeanie, hältst du das wirklich für eine gute Idee?«
    »Mich in dich zu verlieben? Nein, eher nicht, aber es ist nun mal passiert.«
    »Das meine ich nicht«, sagte Ray. »Ich meine, dass du es deinem Mann sagen willst.«
    »Was bleibt mir anderes übrig?«
    »Würde Chanty das wirklich tun?«
    »Ja. Du kennst meine Tochter nicht. Sie ist krankhaft aufrichtig.«
    »Wie, glaubst du, wird er es aufnehmen?«
    »Bestimmt nicht gut.«
    »Überleg dir das gründlich, Jeanie. Wie wird das Ergebnis deiner Meinung nach aussehen?«
    »Das Ergebnis?«
    »Ja, wie wird es hinterher weitergehen? Auch das musst du bedenken.«
    Es gab kein › Hinterher ‹ .
    »Ich bin mir sicher, dass du deine Tochter überreden könntest, es ihm nicht zu verraten.«
    »Und dann was?«
    Seufzen am anderen Ende der Leitung.
    »Ich weiß auch keinen Rat, Jeanie.«
    »Ich wünschte, irgendjemand wüsste einen.«
    »Vielleicht tröstet es dich«, hörte sie ihn murmeln, »dass ich dich ebenfalls liebe.«
    »Den Mund bitte weiter aufmachen.«
    Jeanie tat ihrem Zahnarzt den Gefallen. Schmerz durchzuckte ihr Gesicht.
    »Weiter geht’s nicht«, erklärte sie so deutlich, wie es mit einem Wattepfropf in der Wange und weit geöffnetem Mund ging.
    »Jetzt pikst’s ein bisschen, halten Sie bitte still«, sagte der Zahnarzt, bevor er die Spritze ansetzte. Es tat weh, doch das kümmerte sie nicht. Es war zwölf Stunden her, dass Ray ihr seine Liebe gestanden hatte, und man hätte ihr jeden Zahn und sogar das Implantat herausreißen können, ohne dass sie einen Schmerzenslaut von sich gegeben hätte.
    Sie hatte es George noch nicht gebeichtet.
    »Zusammenbeißen … Gut … Und noch einmal, bitte.« Der Zahnarzt machte es ihr vor. »Wie fühlt es sich an?«
    »Gut. Ich spüre überhaupt nichts.«
    »Steht irgendwo was über oder ist zu hoch? Probieren Sie’s noch mal.«
    Jeanie tat, wie ihr geheißen.
    »Nein.«
    »Trinken Sie in den nächsten zwei Stunden nichts Heißes … sonst verbrennen Sie sich den Mund«, fügte er hinzu, als er Jeanies verwunderten Blick sah.
    Vom Zahnarzt ging sie zu ihrem Laden, wo Jola sie voller Mitgefühl begrüßte. »Ich lasse meine Zähne in Polen machen. Das tut sehr weh. Ich komme hier allein zurecht, wenn du nach Hause möchtest.«
    Ihr Haus war der letzte Ort, an dem sie sein wollte, denn dort bastelte George an seinen Uhren herum, nichtsahnend, welche Eröffnung ihm bevorstand. Jedes Mal, wenn er sie anlächelte oder »altes Mädchen« nannte, zog sich ihr Herz vor Scham zusammen.
    »Kein Problem, es war bloß eine Füllung«, beruhigte Jeanie Jola und ließ vorsichtig einen Finger über ihre Wange gleiten, um festzustellen, ob das Taubheitsgefühl bereits abklang.
    »Vorhin war ein Mann da. Er hat nach dir gefragt.«
    »Was für ein Mann?«
    »Mit einem hübschen kleinen Jungen.«
    »Dylan …«
    »Ich habe ihm gesagt, dass du bald kommst, aber er wollte nicht warten. Du sollst ihn anrufen.«
    »Ich kann nicht richtig reden.«
    »Komm trotzdem«, sagte Ray.
    Nach Geschäftsschluss traf sie sich mit ihm in dem Café im Park. Die Sorge, miteinander gesehen zu werden, spielte keine Rolle mehr.
    »Wie in alten Zeiten«, stellte er fest, als er den Teebeutel in seine Tasse hängte.
    »Sollen wir durchbrennen? Nach Rio oder so? Ich würde ein Strandcafé aufmachen mit englischen Würstchen, und du könntest den Brasilianern Aikido-Stunden geben. Wir würden Rum trinken und das Leben genießen.«
    »Caipirinha. Der bringt dich um, aber immerhin stirbst du glücklich.« Ray musste lachen. »Okay, das machen wir.«
    Sie verstummten.
    »Sag nichts.« Ray legte sanft einen Finger auf Jeanies Lippen. Sie nahm seine Hand und hielt sie zwischen den ihren.
    »Ich wollte dich noch einmal sehen, bevor …«, er zögerte, »bevor die Bombe hochgeht.«
    »Gott, klingt das endgültig.«
    »George?«, rief Jeanie die Treppe hinauf. Keine Reaktion. Sie ging in den ersten Stock und klopfte an der Tür von Georges Uhrenzimmer.
    »Herein.«
    Er saß wie üblich an seinem Arbeitstisch, auf dem allerlei winzige Teile lagen. Die Uhr, die er gerade reparierte, hatte eine hübsche Art-déco-Fassung aus glattem

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