Donnerstags im Park - Roman
so versessen darauf bist, nach London zu fahren. Ich dachte, es könnte um mehr gehen als nur um den Laden.«
»Das ist nicht ›nur‹ der Laden, George, sondern mein Beruf, meine Berufung.«
»Warum suchst du dir als Berufung nicht einen Laden in der Gegend? Wieso fährst du jede Woche so weit, wenn du das Gleiche in Axminster oder Honiton haben könntest? Ich würde dir bei der Suche helfen.«
»Bitte hör auf, wegen dem Laden auf mich einzureden. Dazu wird mir schon noch was einfallen. Im Moment wäre ich dir dankbar, wenn du mich in Ruhe lassen würdest.«
George nickte. »Noch eins. Der Sex … Du …«
Jeanie wartete mit angehaltenem Atem.
»Wenn dieser Mann nicht das Problem ist … Hat es mit der Acland-Geschichte zu tun?«
»Nenn das Kind beim Namen, George: Missbrauch«, herrschte sie ihn an, weil sie es satthatte, dass er sich nach wie vor weigerte, sich damit auseinanderzusetzen. »Natürlich nicht. Wie kannst du das nur denken?«
Er zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. So etwas über jemanden zu wissen, ist schrecklich. Ich dachte, vielleicht ekelt dich das an.«
Jeanie nahm ihn in den Arm.
»Damit hat es überhaupt nichts zu tun. Sorry, ich war in letzter Zeit genau wie du nicht ich selbst.«
»Du liebst mich noch?«
»Ja«, versicherte sie ihm wie einem Kind. »Ja, ich liebe dich noch, George.«
Jeden Abend graute Jeanie davor, in ihr Zimmer zu gehen, wo George sie erwartete. Nach dem Umzug hatte sie ihn wieder in ihr Bett gelassen, weil sie besorgt um ihn war. Und er machte keinen Hehl daraus, dass es ihm dort gefiel.
»Es ist gemütlicher«, erklärte er. »Ich hasse es, allein zu schlafen.«
»Du hast zehn Jahre lang allein geschlafen. So sehr kannst du es nicht hassen«, entgegnete sie.
»Wir sind Mann und Frau, Jeanie. Ehepaare schlafen nun mal im selben Bett.«
»Mir zu sagen, dass es der Norm entspricht, ist ein lausiges Argument.«
»Liegt’s daran, dass ich schnarche?«
»Zum Teil«, log sie. Doch George blieb stur wie immer und weigerte sich, in ein anderes Zimmer zu gehen. Später lag sie stocksteif da, weil sie fürchtete, dass er die Umarmung in der Küche als Ermunterung auffasste. Als George sich zu ihr ins Bett legte, drehte sie sich von ihm weg.
»Keine Sorge«, hörte sie ihn mit kühler Stimme sagen, »ich rühr dich schon nicht an.«
Diese Nacht wurde zum Wendepunkt für Jeanie.
»Ich kann das nicht mehr«, erklärte sie Rita, als sie am folgenden Morgen Zeitungen und Brot holen fuhren. Jeanie fühlte sich seltsam klar im Kopf, obwohl sie kein Auge zugetan hatte.
»Was meinst du, Schätzchen? Fahr bitte ein bisschen langsamer, die Straßen hier machen mir Angst.«
»Ich kann nicht mehr bei George bleiben. Ich verlasse ihn.«
Ihrer Freundin verschlug es die Sprache.
»Ich liebe ihn, natürlich tue ich das. Wie man jemanden liebt, dem man den größten Teil seines Erwachsenenlebens nahe gewesen ist. Aber ich liebe ihn nicht im engeren Sinn, nicht, wie ich es als Frau sollte. Ich ertrage diese … verlogene Ehescheiße nicht mehr.«
»Was für eine verlogene Ehescheiße? Was redest du da? Fahr an den Straßenrand, so ein Gespräch müssen wir in Ruhe führen, sonst baust du noch einen Unfall.«
Als Jeanie die Panik in ihrer Stimme hörte, musste sie lachen. Was für eine Erleichterung, sich endlich sicher zu sein! Jeanie lenkte den Wagen durch ein Tor auf ein Feld; der über Nacht gefrorene Boden knirschte unter den Reifen. Sie schaltete den Motor aus und legte die Hände aufs Lenkrand.
»Jeanie, was ist passiert? Es kann doch nicht nur dieses dämliche Gespräch gestern Abend gewesen sein. Er hatte einen Schwips, Schätzchen. Wenn man was getrunken hat, sagt jeder mal dumme Dinge.«
»Er hat recht: Ich kann nichts mehr mit ihm anfangen.« Jeanie sah Rita von der Seite an. »Und ich will nicht mehr mit ihm zusammen sein.«
»Machen wir in langjährigen Ehen nicht alle solche Phasen durch? Ich zum Beispiel habe regelmäßig die Schnauze voll von Bill.«
»Ich habe nicht die Schnauze voll von George, sondern will nur einfach nicht mit ihm schlafen. Besser gesagt: Mir graut davor. Ich finde ihn langweilig und habe seine Kontrollsucht satt. Ich bin nur noch glücklich, wenn ich nach London kann.«
Ritas Augen verengten sich. »Das hat nicht zufällig was mit Ray zu tun?«
Jeanie seufzte. »Du weißt, dass das vorbei ist. Rita, jetzt geht’s um mich – ich muss ihn verlassen. Wenn nicht, ermorde ich ihn eines Tages, und das hätte er nicht
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