Donnerstags im Park - Roman
war immer der Meinung, dass wir eine bessere Ehe führen als die meisten Leute, die wir kennen.« Er hob den Blick. »Wenn’s um den Sex geht: Den können wir auch lassen. Ich ziehe wieder in ein anderes Zimmer. Tut mir leid, auf dem Gebiet habe ich alles verdorben.«
Jeanie begann zu weinen. Vielleicht, dachte sie, war sie dumm, weil sie ihre Ehe einfach wegwerfen wollte. Vielleicht hatte sie die Sache mit Ray noch nicht verarbeitet. Spielte es eine Rolle, dass sie George nicht genug oder nicht auf die richtige Weise liebte? War sie bereit für ein Leben allein? Einen Moment lang zögerte sie.
»Das kannst du mir nicht antun.« George nahm die Brille ab, bevor er den Kopf in die Hände stützte und zu schluchzen anfing.
In jener Nacht kam er nicht zu ihr ins Bett. Jeanie lag trotzdem wie erstarrt, mit einem flauen Gefühl im Magen, da.
George wollte Antworten. Weil die von Jeanie ihm nicht genügten, suchte er selbst Erklärungen: »Dieses Schwein hat unsere Ehe ruiniert.« – »Du kannst einfach nicht akzeptieren, dass du alt bist.« – »Die Missbrauchssache ekelt dich an; das kannst du nicht zugeben.« – »Rita hat dir den Floh ins Ohr gesetzt, dass du mich verlassen sollst. Sie hat mich noch nie leiden können.« – »Du bestrafst mich dafür, dass ich aufs Land wollte.« – »Meine Krankheit hat dich ausgelaugt.«
»Es hat keinen Sinn, krampfhaft Gründe zu suchen«, sagte sie. »Wir sind beide verantwortlich für unsere Ehe.«
»Du klingst wie eine Eheberaterin. Dann ist es also meine Schuld?«, konterte er. Aus Verzweiflung wurde Wut; im Verlauf des Wochenendes eskalierten die Auseinandersetzungen, und George wurde immer aggressiver.
»Ich mache dir keine Vorwürfe. Ich habe nur gesagt, dass es keinen Sinn hat, Sündenböcke zu suchen.«
»Nun, ich fühle mich ›verantwortlich‹ – wenn du es so nennen möchtest – dafür, dass ich dir eine ziemlich gute Ehe ermöglicht habe. Meiner Ansicht nach habe ich eine solche Behandlung nicht verdient. Ich habe dir immer gegeben, was du wolltest. Schließlich warst du es, Jeanie« – er deutete mit dem Finger auf sie –, »die mich betrogen und im Stich gelassen hat. Nicht andersherum. Kein Wunder, dass du nicht über Schuld reden willst.«
Jeanie schwieg, weil sie erkannte, dass es wenig Sinn hatte, wenn sie versuchte, George die Sachlage begreiflich zu machen.
»Darauf fällt dir nichts mehr ein, was?«
Jeanie stand auf, um die Küche zu verlassen, die zum Schlachtfeld geworden war. Als sie die Tür erreichte, spürte sie Georges Hand auf ihrem Arm.
»Ich lasse dich nicht gehen, bevor ich eine befriedigende Erklärung habe. Die schuldest du mir nach all der Zeit.« Sein Griff wurde fester. »Es hat mit diesem Mistkerl zu tun, das weiß ich. Du triffst dich immer noch mit ihm. Diese ganze Scheiße von wegen gemeinsamer Verantwortung ist eine Finte, um mich von ihm abzulenken. Gib’s verdammt noch mal zu!« Er begann, sie zu schütteln.
»Lass mich los!«
»Gib’s zu.« Seine Stimme war kaum mehr als ein verzweifeltes Flüstern, als er sie losließ und auf einen Stuhl sank.
Am Dienstagabend packte sie den größten Teil ihrer Kleidung.
»Ich bleibe eine Weile in der Wohnung«, erklärte sie ihm.
»Eine Weile?«, fragte er.
Sie waren beide emotional ausgelaugt und schlichen lange schweigend umeinander herum. Als George den Mund aufmachte, forderte er wieder, sie solle ihm alles erklären. Doch das ging nicht, weil sie nicht den Mumm besaß, so brutal zu sein.
Vielleicht hätte sie die nackte Wahrheit sagen sollen: »Bei Ray habe ich gefunden, was ich bei dir nie finden konnte. Jetzt kenne ich den Unterschied.« George, der ihre Unehrlichkeit zu spüren schien, verschanzte sich hinter seiner Fassade der Schuldlosigkeit. Er, wiederholte er ein ums andere Mal, habe sie nicht in diese Situation gebracht.
»Wir machen einander kaputt, George.«
»Was soll ich denn ohne dich tun?« Sie sah die Panik in seinem Blick. »Ich kann hier nicht allein leben. Ich bekomme bestimmt wieder Depressionen. Und was ist mit Chanty? Was willst du ihr erzählen? Jeanie, bitte. Du weißt, dass das die Familie zerstört.«
Trotz der starken Verbindung zu George würde Jeanie sich nicht noch einmal von ihm manipulieren lassen.
Sie packte zwei große Koffer in den Wagen und verließ die Old Rectory kurz nach sechs am folgenden Morgen. Normalerweise hätte George um diese Zeit in der Küche Tee gekocht. Heute blieb er in seinem Zimmer; sie verabschiedeten sich
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