Donnerstags im Park - Roman
nicht einmal voneinander.
22
Als Jeanie von der Old Rectory wegfuhr, durchströmte sie ein überwältigendes Gefühl der Erleichterung, auch wenn sie ein schlechtes Gewissen hatte. Doch damit würde sie leben lernen müssen.
Chanty war ihre Hauptsorge, als sie London erreichte. Sie wusste, dass George in seiner derzeitigen Stimmung durchaus in der Lage war, Chanty anzurufen und ihr am Telefon etwas vorzujammern. Jeanie wollte es ihrer Tochter selbst sagen.
»Hallo, Mum, du bist früh dran. Sitzt du im Zug?«
»Nein, im Wagen. Ich bin in Archway. Könnten wir uns treffen, bevor du zur Arbeit gehst? Um neun im Laden?«
Chanty klang erstaunt, aber weil Ellie im Hintergrund krakeelte, stellte sie keine weiteren Fragen.
»Ich habe gestern mit dem Arbeiten aufgehört, also wann immer du willst«, antwortete sie ihrer Mutter.
»Du hast ihn verlassen? Endgültig?«
Jeanie nickte und erzählte ihr alles. Am Ende seufzte Chanty nur, möglicherweise weil sie erschöpft von der Schwangerschaft war.
»Letztlich wundert mich das nicht, Mum. Als Dad sich gefangen hat, dachte ich, vielleicht kommt wieder alles ins Lot, doch die Spannung zwischen euch ist Alex und mir schon vor Langem aufgefallen. Alex hat mir prophezeit, dass es wahrscheinlich so weit kommen würde, aber ich habe ihm nicht geglaubt.«
»Ich erwarte nicht, dass du meine Entscheidung gut findest.«
»Ganz ist das noch nicht angekommen, das muss ich zugeben … du und Dad getrennt. Was wird er machen?«
»Keine Ahnung. Er behauptet, dass er allein nicht zurechtkommt, aber ich glaube, er wird leichter Hilfe finden, als wir denken.«
»Du warst seine Stütze. Er ist ein gebrochener Mann, Mum.«
»Ich kann ihm nicht mehr helfen – keine Ahnung, ob ich das jemals konnte. Tut mir leid, Liebes. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Wirst du mit diesem Mann zusammen sein?« Chanty weigerte sich, Rays Namen auszusprechen.
»Nein.« Chanty musterte sie skeptisch. »Ich habe ihn seit Monaten nicht mehr gesehen. George hat mir diese Frage auch gestellt. Wahrscheinlich trügt ihn sein Gefühl letztlich nicht, aber es ist nicht so, wie er glaubt.«
»Wie meinst du das?«
»Eine Affäre stellt eine Ehe auf die Probe; und die unsere war nicht stark genug, sie zu überstehen.«
»War’s denn so schlimm mit Dad?«
»Nein. Wir erwarten uns nur unterschiedliche Dinge vom Leben.«
»Zum Beispiel Somerset?« Chanty schüttelte den Kopf. »Ich hätte ihn nie unterstützt, wenn mir klar gewesen wäre, dass das so endet.«
»Ich habe damals gesagt, dass ich es nicht will«, erinnerte Jeanie sie.
Chanty schwieg, die Hände um den inzwischen ansehnlichen Bauch gewölbt. Sie wirkte sehr mitgenommen.
»Ich wollte es dir erst nach der Geburt des Babys sagen.«
Ihre Tochter zuckte mit den Achseln. »Mit einem Neugeborenen und einer aufsässigen Zweijährigen wäre ich auch in keiner besseren Verfassung für eine solche Eröffnung als jetzt.« Sie lächelte spöttisch. »Immerhin bist du dann wieder in der Nähe. Vielleicht können wir Dad überreden, das blöde Haus zu verkaufen und zurück in die Stadt zu kommen.«
»Möglich … Obwohl es ihm dort zu gefallen scheint.«
»Man weiß nie, was passiert, Mum.«
George tat so, als wäre nichts Wesentliches zwischen ihm und Jeanie passiert. Allerdings rief er sie nun ziemlich oft an, manchmal zwei- oder dreimal täglich. Auf einen Plausch, um ihr von seinem Tag zu erzählen oder sie zu fragen, wie es im Laden lief – dafür hatte er sich zuvor überhaupt nicht interessiert. Er wandte sich wieder seinen Uhren zu und begann sogar, die der Nachbarn zu richten. Lorna hatte ihn als Erste gefragt, ob er für sie einen Zeitmesser aus dem siebzehnten Jahrhundert reparieren könne. Am Ende eines jeden Anrufs sagte er: »Du fehlst mir« oder »Bis bald dann«, als wäre sie auf Geschäftsreise und käme in Kürze nach Hause.
Jeanie war fast einen Monat nicht in Somerset gewesen, und Weihnachten stand vor der Tür. Der Gedanke lastete wie eine schwere Bürde auf ihr.
»Ich hab mir gedacht, ich komme kurz vor Weihnachten und bleibe bis zum achtundzwanzigsten oder so«, verkündete George beim ersten seiner täglichen Anrufe.
»Wo willst du bleiben?«, fragte Jeanie überrumpelt.
Als George die Panik in ihrer Stimme hörte, veränderte sich sein Tonfall.
»Na ja, bei dir. Chanty wird so kurz vor der Geburt kaum Gäste wollen.«
Jeanie holte tief Luft und versuchte, das erstickende Gefühl, das sie bei der Aussicht, dass
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